Hans Magnus Enzensberger nannte die Gruppe 47 einmal das "Zentralcafé einer Literatur ohne Hauptstadt". (Hans Werner Richter, Almanach der Gruppe 47. Rowohlt, Reinbek 1962. S. 271)

Sie war das Forum für literarische Diskussion und Kommunikation sowie gesellschaftliche Reflexion in zwanzig Jahren Nachkriegsdeutschland. Ihre Debatten-, Streit- und Diskussionskultur ist auch nach ihrem Ende in der literarischen Szene noch spürbar: beim Klagenfurter Bachmann-Preis etwa, dem jungen Berliner Literaturpreis oder dem Deutschen Literaturfonds in Darmstadt.

Die Gruppe 47 existierte von 1947 bis 1967. Ihren Anfang machten 1946 Alfred Andersch und Walter Kolbenhoff, als sie die literarische Zeitschrift DER RUF in München begründeten. Ihr Ziel war die Aufklärung und Erziehung zur Demokratie der Menschen in Deutschland nach dem Hitlerregime. Gustav René Hocke, Walter Maria Guggenheimer, Hans Sahl und Karl Krolow sowie Wolfdietrich Schnurre wurden als Autoren verpflichtet.

Das totalitäre Regime, Nachkriegsdeutschland, die Rolle von Politik und Gesellschaft und ganz besonders die Menschen in diesem Umfeld waren ihre Themen. 1947 entzog die Information Control Division der US Militärregierung dem RUF die Lizenz. Richter und Andersch mußten zurücktreten. Hans Werner Richter plante als Folge die Herausgabe einer neuen Zeitschrift unter dem Titel DER SKORPION. Dieses Projekt kam nicht zustande, weil es an der notwendigen Finanzierung mangelte.

Die Planungsphase des SKORPION legte den Grundstein für die Gruppen- und Diskussionsrituale in der Gruppe 47 (Eberhard Falcke in: Funkkolleg Literarische Moderne. Studienbrief 7. Deutsches Institut für Fernstudienforschung (DIFF), Universität Tübingen 1994. S. 21/7): "Man traf sich, die Autoren lasen ihre Texte, und man diskutierte darüber.

Die erste Tagung fiel auf den 10. September 1947. Schauplatz war das Haus der Schriftstellerin Ilse Schneider-Lengyel am Bannwaldsee bei Füssen. Die Anregung für die Wahl des Gruppennamens kam von der spanischen Gruppe 98, die sich nach dem verlorenen Krieg Spaniens gegen die USA im Jahre 1898 eine Erneuerung der Literatur und Gesellschaft in Spanien zum Ziel gesetzt hatte."

(Jérôme Vaillant. Der Ruf. Unabhängige Blätter der jungen Generation (1945-49). Deutscher Taschenbuchverlag 1978.)

Der Gruppe ging es um einen Neuanfang der Gesellschaft, der Politik und damit auch der Sprache. Sie wollte "der Sprachzerstörung entgegentreten, welche die Nationalsozialisten durch Lüge, Propaganda und Pathos bewirkt hatten. Die Mittel dafür sollten Einfachheit und und sachliche Wahrhaftigkeit sein." (Funkkolleg, ebda., S. 21/8). Die Literatur der Weimarer Republik, die Exilliteratur, wollte man nicht wiederholen, ebenso lehnte die Gruppe die Literaten der Inneren Emigration (z. B. Ernst Kreuder und Ernst Jünger) ab. Andere Vertreter der Exilliteratur - so Erich Fried und Wolfgang Hildesheimer - gehörten bald "dazu".

Wolfgang Weyrauch prägte 1949 den Begriff "Kahlschlagliteratur", der die äußere und innere Leere in der Nachkriegsgesellschaft beschreibt und dies auch als die Aufgabe und Mission der Literatur ansieht. Als das Ende der Kahlschlagliteratur sieht Walter Jens die Tagung der Siebenundvierziger 1952 in Niendorf an. (Walter Jens. Deutsche Literatur der Gegenwart. Themen, Stile, Tendenzen. München 1961. S. 129 ff.)

Weitere Informationen und Links zur Gruppe 47:
http://www.uni-ulm.de/LiLL/senior-info-mobil/module/Lit47.htm

 



1977

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