"DIE LUST AM ERZÄHLEN"
25 Jahre Ingeborg-Bachmann-Preis

Ein Rückblick der ORF ON Redaktion Kärnten in Zusammenarbeit mit 3sat und der Telekom Austria.


1984 Übersicht über die JurorInnen 1984 Übersicht über die AutorInnen 1984 Übersicht über die PreisträgerInnen 1984

Foto: Eggenberger

Am zweiten Tag wollte ich abreisen, am dritten Tag las ich ein paar Gedichte vor, vor Aufregung am Ersticken, ein unfreundlicher Schriftsteller las sie nochmals laut und deutlich vor, einige Herren sagten [etwas] dazu und nachher kam ein Herr, der sagte, ich solle am nächsten Tag in Hamburg dasselbe nochmals im Rundfunk lesen, ich bekam 300 Mark an der Kasse, ich dachte, man habe sich geirrt in der Summe, und ging zurück zu dem Schalter, aber der Mann sagte, es stimme, es waren 300 Mark gemeint, und [ich] verdiente soviel nicht in einem Monat.

Ingeborg Bachmann, [Gruppe 47], 1956 oder später


Selbstkritische Töne prägten das Resummée, das Marcel Reich-Ranicki in den "Klagenfurter Texten" über den Verlauf der ersten Veranstaltungen zog. Als "fragwürdig" müsse man nicht nur die Jury bezeichnen, sondern auch die Auswahl der eingeladenen Autoren, sowie die "Prozedur" des Wettbewerbs. Aber keine Jury sei "gegen den Vorwurf oder den Verdacht einer mehr oder weniger willkürlichen Zusammenstellung gefeit". Vielleicht stimme es auch, daß in Klagenfurt "nicht alle Juroren ihrer Aufgabe ganz gewachsen" gewesen seien.

Fotos: ORF Kärnten

Die "Prozedur" des Wettbewerbs war von Anfang an einer der Hauptkritikpunkte an den Tagen der deutschsprachigen Literatur. 1991 beispielsweise wurde von der Grazer Literaturvereinigung "Forum Stadtpark" eine Zusammenstellung kritischer Äußerungen namhafter AutorInnen - unter anderem von Elfrede Jelinek, Peter Rosei und Antonio Fian - über den Wettbewerb herausgebracht.

In Klagenfurt wurde von Anfang an auch die Frage nach den literarischen Bewertungskriterien thematisiert. Reich-Ranicki zitierte in diesem Zusammenhang ein Wort des deutschen Philosophen August Wilhelm Schlegel, der 1801 festgestellt hatte: Da es "durchaus keine Wissenschaft gibt, welche rein objektiv, allgemein gültig urteilen lehrte", müsse die Kritik ihrem Wesen nach "notwendig individuell" sein. So sei es damals gewesen, so sei es aber auch noch in der Gegenwart, meinte Reich-Ranicki, weil die Juroren kein Gesetzbuch hätten, auf das sie sich berufen könnten: "Und dies ist die Crux auch des Klagenfurter Wettbewerbs".


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