26. Tage der deutschsprachigen Literatur

Eine Veranstaltung der Landeshauptstadt Klagenfurt und des ORF Landesstudios Kärnten in Zusammenarbeit mit 3sat und freundlicher Unterstützung der Telekom Austria.

Tage der deutschsprachigen Literatur 2002 - die aktuellen Informationen

Pressespiegel

6. Klagenfurter Literaturkurs

Viele der Autoren, die sich beim Bewerb um den Ingeborg Bachmann Preis mit einem Text dem Urteil der Juroren stellen, sind schon etabliert. Aber auch für sie, die ihre "Schreibmitte" bereits gefunden haben, eröffnet die Diskussion oft neue Blickwinkel auf ihren Text. Die Idee, dass eine solche Diskussion am Beginn eines Schriftstellerdaseins eigentlich wichtig wäre, hat 1997 zur Einrichtung des Klagenfurter Literaturkurses geführt. Zehn junge Autoren und Autorinnen können dabei mit drei erfahrenen Kollegen ihre Texte durchleuchten, werden von diesen aber auch über den Literaturbetrieb im allgemeinen - seine Chancen und seine Tücken - informiert. In diesem Jahr wurden von einer eigenen Jury neun junge Literaten aus Deutschland und der Schweiz eingeladen. Sie berichten von ihren Erfahrungen nach zwei Tagen

[Infos zum Literaturkurs.....]

Texte werden hier als Kunstwerke betrachtet

Marascha D. Heisig studiert seit zwei Jahren am Deutschen Literaturinstitut Leipzig. Vom Literaturkurs in Klagenfurt zeigt sie sich begeistert: "Meine Erwartungen von diesem Workshop wurden bei weitem übertroffen. Das Schönste für mich ist, dass Texte hier als Kunstwerke betrachtet werden, nicht als Handwerkszeug. Gestern habe ich mit Ferdinand Schmatz und Ilma Rakusa über meinen Text gesprochen. Beide sind sehr genau auf jeweils verschiedene Aspekte eingegangen und haben mich ermutigt, an Schwachstellen zu arbeiten und beim Schreiben ein wenig konsequenter zu sein."

Die "blinden Flecken" im Text

Der in Berlin lebende Autor Stephan Porombka arbeitet schon seit vier Jahren als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für neuere deutsche Literatur der Humboldt- Universität Berlin.

Zum einen findet er es sehr interessant, beim Literaturkurs in Klagenfurt neue Leute kennen zu lernen, zum anderen freut er sich, dass erfahrene Autoren auf die "blinden Flecken" seines Textes hinweisen: "Unsere Gruppe (der teilnehmenden Autoren) ist unglaublich freundlich", erzählt Stephan Porombka, "es gibt absolut kein Konkurrenzdenken, sondern nur Kollegialität."

Was man an der Veranstaltung verbessern könnte? "Ich würde mir wünschen, dass der Workshopcharakter des Kurses ein wenig verstärkt wird. Außerdem wäre es schön, wenn die Tutoren gemeinsam mit den Autoren an neuen Projekten arbeiten würden. Im Moment werden leider nur fertige Produkte bearbeitet."

Über den eigenen Text und dessen Fehler lachen können

Friederike Von Koenigswald hat sich "auf gut Glück" beworben. Sie hätte sich nie träumen lassen, dass sie wirklich als Literaturkurs-Teilnehmerin nach Klagenfurt eingeladen wird. "Das Schöne an der ganzen Sache", lacht die junge Autorin, "ist, dass wir alle ja nicht gewinnen müssen, wir haben schon gewonnen.

Wir können herkommen, an unseren Texten arbeiten, die Situation nützen und damit spielen. Wichtig ist nur, dass man kritikfähig ist und über seinen eigenen Text und dessen Fehler lachen kann. Man darf nicht empfindlich sein."

Keine Einbahnstraße

Seit mehreren Jahren betreuen Thomas Hettche, Ilma Rakusa und Ferdinand Schmatz die Literaturkursteilnehmer. Die Gespräche führen manchmal zwar von den Texten weg, meint Ferdinand Schmatz, das gehöre aber einfach dazu und ergebe eine weitere Facette für den Blick auf den jeweiligen Text.

In diesem Jahr finde er ein sehr gutes Textniveau vor. "Sie sind Gott sei Dank nicht verdorben", meint er lächelnd auf die Frage, ob denn jene Autoren ,die vom Leipziger Literaturinstitut kommen, viel weiter in ihrer Schreibentwicklung seien. "Vielleicht gibt es eine handwerkliche Sicherheit, bei denen die von Leipzig kommen", fügt er hinzu. Die jungen Autoren seien heutzutage insgesamt viel nüchterner und selbstsicherer, was ihre Einschätzung des Literaturbetriebs und ihr Auftreten bei Lesungen betreffe. Davon wären er und seine Kollegen in den 70er Jahren weit entfernt gewesen.

Das Konzept des Literaturkurses, das neben dem intimen Gespräch von Autor und Tutor auch die Öffentlichkeit durch Lesungen Teilnehmer einbindet, findet er "ziemlich ideal". Wichtig ist für ihn auch, dass diese Gespräche keine Einbahnstraße sind , da sich aus den Gesprächen auch für die Tutoren Anregungen für ihre Arbeit ergeben.

"Kein Häschenkurs, sondern eine Hasenschule"

So lautet Thomas Hettches Urteil zum Niveau der vorgelegten Texte. Auffallend sei, dass viele der Teilnehmer schon älter und literarische Quereinsteiger seien, die schon in andere Berufen gearbeitet haben. Die Textpalette sei heuer seiner Meinung nach vielfältiger und reiche von hermetisch und kunstvoll poetischen Texten bis zu klug und ökonomisch gebauten Kurzgeschichten.

Viele Autoren hätten zwar schon wissenschaftlich publiziert, stünden jedoch beim literarischen Schreiben am Anfang und hätten die gleichen Problem wie alle anderen, weil man sich ja immer erst die Sprache und den Raum für die Texte erschreiben müsse, so Hettche. Die Entwicklung der Förderungsmöglichkeiten durch Literaturinstitute oder Werkstätten bemerkt der Tutor an der Professionalität, mit der junge Autoren ans Schreiben und an ihrer Kritikfähigkeit. Schade sei nur, dass durch diese Entwicklungen kaum mehr Chancen bestünden, das unbekannte Talent zu entdecken. Und auch das hehre Ideal des Autors habe sich in eine nüchterne Betrachtung des Schreibens verwandelt.

Die Schieflage der Texte erkennen

Auch Ilma Rakusa lobt die beachtliche Textqualität und die große Variationsbreite der Themen im heurigen Jahr. "Es gab Jahre", fügt sie hinzu, "da hatte man den Eindruck, dass die Autoren nur drastische Stoffe aussuchen. Heuer gibt es neben skurrilen, bizarren und unheimlichen Texten auch stille, introvertierte und Prosaminiaturen." Hätte sie nicht gewusst, welche Teilnehmer am Literaturinstitut in Leipzig studieren, sie hätte keine auffallenden Unterschiede feststellen können.

In diesem Jahrgang seien viele Akademiker. Wer ein Romanistik-, Anglistik-, oder Germanistikstudium absolviert habe, besitze einfach die Fertigkeit, sich über das eigene Schreiben zu äußern und die Texte zu reflektieren. Das wirke sich auf die Texte aus. Für Ilma Rakusa ist im intensiven Gespräch das handwerkliche Arbeiten an den Texten wichtig. Dabei geht es um den Aufbau der Geschichte, um den Stoff, um die Authentizität. Im Vordergrund steht für die Tutorin aber das Arbeiten an den einzelnen Sätzen, am Wort und der Syntax - also die reine Spracharbeit. Kaum ein Text sei so souverän und makellos, dass man darüber nicht reden müsse.

Ilma Rakusa lässt die Autoren auch ihre Texte vorlesen, denn so werden am besten Schieflagen, falsche Rhythmik und Melodik der Sätze erkennbar. Schwerpunkte haben die drei Tutoren nicht abgesprochen, die Konstellation - zwei Männer, eine Frau - bringe den Kursteilnehmer aber wohl zusätzliche Blickwinkel auf ihre Texte, sagt Ilma Rakusa. Manchmal wünscht sie sich mehr Zeit für die einzelnen Gespräche, aber insgesamt würde sie am Literaturkurs kaum etwas ändern. Die allgemeine Schlussdiskussion, die fehlte, haben die Tutoren im vergangenen Jahr eingeführt. Eine Idee steckt ihr allerdings noch im Kopf : Man könnte ein Experiment wagen und drei Texte zugleich besprechen. Das würde dem Ganzen eine andere Dynamik geben.

Redaktion: Dolores Hibler


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