26. Tage der deutschsprachigen Literatur

Eine Veranstaltung der Landeshauptstadt Klagenfurt und des ORF Landesstudios Kärnten in Zusammenarbeit mit 3sat und freundlicher Unterstützung der Telekom Austria.

Tage der deutschsprachigen Literatur 2002 - die aktuellen Informationen

Pressespiegel

Diskussion nach Lesung von Christoph W. Bauer

"Klaustrophobische Qualität"

Denis Scheck: Dieser Text habe den Effekt einer Tunnelfahrt, mit einer klaustrophobischen Qualität. "Achtung und Respekt für den Autor". Die Figuren werden lebendig, das habe ihn beeindruckt. Leichte Zweifel hat Scheck beim Klischee, in dem der Vater verharre. Die Mutter wirke sehr lebendig. er Auszug sei geschickt gewählt.

"Schön zum Zuhören"

Konstanze Fliedl meinte, die Geschichte einer stagnierenden Ehe sei schön zum Zuhören gewesen. Das Programm heißt, ohne Pathos kein Cavalcanti. Der Text sage, es gebe ihn nicht ohne Pathos und sie war bereit, dem lange zu folgen. Das Pathos funktioniere aber nicht in allen Stellen des Textes. Die Sätze ergeben sich nicht natürlich, es gebe Stellen, wo zu dick aufgetragen werde. Da störe sie der Effekt der Künstlichkeit, ansonsten habe er ihr sehr gut gefallen.

"Musikalität der Sprache"

Reinacher fiel die Musikalität der Sprache auf. auch ihr habe der Text sehr gut gefallen. Es sei eine traditionelle Geschichte, eine Entfremdung, ein Auseinanderleben das aber nicht im Klischee erstarre. Die Aggregatzustände werden in der Sprache transportiert. Darin liege auch das Gewalttätige sagte Reinacher und zitierte die Stelle am Esstisch. Man höre für sie, dass das Unheimliche umzingelt werde.

Widmer erinnert sich an Franz Xaver Krötz

Thomas Widmer fand Szenen einer Ehe. Sein persönliches Erlebnis sei ein Theaterstück von Franz Xaver Krötz, wo der Mann vor dem Fernseher sitze und die Frau abwasche und daraus entwickle sich die ganze Grausamkeit. Er habe auf die Sprache geschaut, denn wenn das Setting langweilig sei, was passiere mit der Sprache. Er sei auch auf Gestelztheiten gekommen, wo der Satzrhythmus verstellt worden sei. Ein verräterischer Moment sei die Szene, wo der Cavalcanti komme, da gehe dem Autor der Treibstoff aus.

Schindel verteidigt Bauer

Robert Schindel meinte, das ließe sich durch gar nichts beweisen. Es herrsche eine poetische Sprache vor, die hin und wieder gestelzt vorkommen könne, vor allem bei Lesern, die wenig Poesie lesen. Ein Seitenhieb auf die Jurykollegen, der vom Publikum mit leisem Lachen quittiert wurde. Die Frau des Textes flüchte sich in die Literatur, daher komme auch Cavalcanti. Der Er befreie sich durch Sprache. Es sei die gewöhnliche Geschichte einer Familie, einer abgelebten Ehe. Die Poetik stehe in sich selbst. Die Einsamkeit der Frau sei in der Sprache sehr verdichtet, es gebe poetische Verdichtungen, für die anderer Autoren ganze Seiten brauchen. Das gehe hier in drei oder vier Zeilen.

"Prosa kann man nicht ver-lyrisieren"

Birgit Vanderbeke habe ein handwerkliches Unbehagen mit dem Text. Man könne Prosa nicht ver-lyrisieren. Die Sprachökonomie der Prosa sei eine andere, sie sei sparsamer. Auf den Einwand von Schindel, was sei mit Malte Laurids Brigge konterte Vanderbeke, "wir sind 100 Jahre danach". Die starre Konstruktion, Mutter zuhause, Vater erwerbstätig, Mutter kultiviert, das sei ein Setting, das aus dem 19. Jahrhundert bekannt sei. Dann noch das Pathos der lyrischen Prosa, "das will ich eigentlich nicht mehr hören."

Burkhardt Spinnen nannte die Figur Frau Klöterjahn von Thomas Mann, in der auch poetisiert werde. Dieser Text sei Manns ganz toll.

Er habe aber nicht ganz erkannt, dass es der Sohn sei in diesem Text. "Feinstes Besteck, riesige Mikroskope" sind die Instrumente des Autors. Er beschreibt Außenszenen, in denen er auch die Köpfe der Figuren aufmacht. Da sei für ihn die Grenze, da könne er nicht mehr mitgehen. Es gebe eine psychologische Verwerfung im Text.

Strukturprobleme im Text

Für Denis Scheck gebe es ein Strukturproblem im Text. Den Personen müssen Sätze umgehängt werden, daher schwanke er bei der Beurteilung der Qualität des Textes.

Robert Schindel sagte, das Schädel-Aufmachen und Hineingehen sei für ihn stimmig. Denn er sei ja kein plumper Mensch, sondern er liebe seine Frau ja. Er sei in der Lage, in der Nacht leise nach Hause zu kommen und dann beginne er nachzudenken, wie weit es mit ihnen gekommen sei.

Brehms Tierleben als Vergleich

Spinnen nannte Brehms Tierleben, das gelesen wurde, weil es ein Versuch war, die Natur zu anthromorphisieren, alles dem Menschen gleich zu machen. Man müsse vorsichtig sein, und aufmerksam machen, dass man als "Brehm" schreibe, der eben wisse, dass ein Fuchs listig und eine Ganz schnatterig sei, und nicht als das, was Füchse und Gänse wirklich seien.

Vanderbeke meinte, sie wolle etwas ähnliches sagen. Diese Frau sei eigentlich gemein, sie habe die Wörter und die Literatur. Und dann redet sie nicht mit ihrem Mann. Sie finde es ungerecht vom Text, dass er die Frau stilisiert. Der Text werde dadurch aus der Balance gebracht.

Redaktion: Petra Haas, Dolores Hibler


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