"Klaustrophobische
Qualität"
Denis
Scheck: Dieser Text habe den Effekt einer Tunnelfahrt, mit
einer klaustrophobischen Qualität. "Achtung und
Respekt für den Autor". Die Figuren werden lebendig,
das habe ihn beeindruckt. Leichte Zweifel hat Scheck beim
Klischee, in dem der Vater verharre. Die Mutter wirke sehr
lebendig. er Auszug sei geschickt gewählt.
"Schön zum Zuhören"
Konstanze Fliedl meinte, die Geschichte
einer stagnierenden Ehe sei schön zum Zuhören gewesen.
Das Programm heißt, ohne Pathos kein Cavalcanti. Der
Text sage, es gebe ihn nicht ohne Pathos und sie war bereit,
dem lange zu folgen. Das Pathos funktioniere aber nicht in
allen Stellen des Textes. Die Sätze ergeben sich nicht
natürlich, es gebe Stellen, wo zu dick aufgetragen werde.
Da störe sie der Effekt der Künstlichkeit, ansonsten
habe er ihr sehr gut gefallen.
"Musikalität der Sprache"
Reinacher fiel die Musikalität
der Sprache auf. auch ihr habe der Text sehr gut gefallen.
Es sei eine traditionelle Geschichte, eine Entfremdung, ein
Auseinanderleben das aber nicht im Klischee erstarre. Die
Aggregatzustände werden in der Sprache transportiert.
Darin liege auch das Gewalttätige sagte Reinacher und
zitierte die Stelle am Esstisch. Man höre für sie,
dass das Unheimliche umzingelt werde.
Widmer erinnert sich an Franz Xaver
Krötz
Thomas
Widmer fand Szenen einer Ehe. Sein persönliches Erlebnis
sei ein Theaterstück von Franz Xaver Krötz, wo der
Mann vor dem Fernseher sitze und die Frau abwasche und daraus
entwickle sich die ganze Grausamkeit. Er habe auf die Sprache
geschaut, denn wenn das Setting langweilig sei, was passiere
mit der Sprache. Er sei auch auf Gestelztheiten gekommen,
wo der Satzrhythmus verstellt worden sei. Ein verräterischer
Moment sei die Szene, wo der Cavalcanti komme, da gehe dem
Autor der Treibstoff aus.
Schindel verteidigt Bauer
Robert Schindel meinte, das ließe
sich durch gar nichts beweisen. Es herrsche eine poetische
Sprache vor, die hin und wieder gestelzt vorkommen könne,
vor allem bei Lesern, die wenig Poesie lesen. Ein Seitenhieb
auf die Jurykollegen, der vom Publikum mit leisem Lachen quittiert
wurde. Die Frau des Textes flüchte sich in die Literatur,
daher komme auch Cavalcanti. Der Er befreie sich durch Sprache.
Es sei die gewöhnliche Geschichte einer Familie, einer
abgelebten Ehe. Die Poetik stehe in sich selbst. Die Einsamkeit
der Frau sei in der Sprache sehr verdichtet, es gebe poetische
Verdichtungen, für die anderer Autoren ganze Seiten brauchen.
Das gehe hier in drei oder vier Zeilen.
"Prosa kann man nicht ver-lyrisieren"
Birgit
Vanderbeke habe ein handwerkliches Unbehagen mit dem Text.
Man könne Prosa nicht ver-lyrisieren. Die Sprachökonomie
der Prosa sei eine andere, sie sei sparsamer. Auf den Einwand
von Schindel, was sei mit Malte Laurids Brigge konterte Vanderbeke,
"wir sind 100 Jahre danach". Die starre Konstruktion,
Mutter zuhause, Vater erwerbstätig, Mutter kultiviert,
das sei ein Setting, das aus dem 19. Jahrhundert bekannt sei.
Dann noch das Pathos der lyrischen Prosa, "das will ich
eigentlich nicht mehr hören."
Burkhardt Spinnen nannte die Figur
Frau Klöterjahn von Thomas Mann, in der auch poetisiert
werde. Dieser Text sei Manns ganz toll.
Er habe aber nicht ganz erkannt,
dass es der Sohn sei in diesem Text. "Feinstes Besteck,
riesige Mikroskope" sind die Instrumente des Autors.
Er beschreibt Außenszenen, in denen er auch die Köpfe
der Figuren aufmacht. Da sei für ihn die Grenze, da könne
er nicht mehr mitgehen. Es gebe eine psychologische Verwerfung
im Text.
Strukturprobleme im Text
Für Denis Scheck gebe es ein
Strukturproblem im Text. Den Personen müssen Sätze
umgehängt werden, daher schwanke er bei der Beurteilung
der Qualität des Textes.
Robert Schindel sagte, das Schädel-Aufmachen
und Hineingehen sei für ihn stimmig. Denn er sei ja kein
plumper Mensch, sondern er liebe seine Frau ja. Er sei in
der Lage, in der Nacht leise nach Hause zu kommen und dann
beginne er nachzudenken, wie weit es mit ihnen gekommen sei.
Brehms Tierleben als Vergleich
Spinnen
nannte Brehms Tierleben, das gelesen wurde, weil es ein Versuch
war, die Natur zu anthromorphisieren, alles dem Menschen gleich
zu machen. Man müsse vorsichtig sein, und aufmerksam
machen, dass man als "Brehm" schreibe, der eben
wisse, dass ein Fuchs listig und eine Ganz schnatterig sei,
und nicht als das, was Füchse und Gänse wirklich
seien.
Vanderbeke meinte, sie wolle etwas
ähnliches sagen. Diese Frau sei eigentlich gemein, sie
habe die Wörter und die Literatur. Und dann redet sie
nicht mit ihrem Mann. Sie finde es ungerecht vom Text, dass
er die Frau stilisiert. Der Text werde dadurch aus der Balance
gebracht.
Redaktion: Petra Haas, Dolores Hibler
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