26. Tage der deutschsprachigen Literatur

Eine Veranstaltung der Landeshauptstadt Klagenfurt und des ORF Landesstudios Kärnten in Zusammenarbeit mit 3sat und freundlicher Unterstützung der Telekom Austria.

Tage der deutschsprachigen Literatur 2002 - die aktuellen Informationen

Pressespiegel

Diskussion nach Lesung von Mirko Bonné

Beeindruckt durch Schlichtheit

Konstanze Fliedl gratulierte Bonné zu seiner Geschichte, die sie sehr beeindruckt habe. Es sei eine Geschichte, die durch ihre Schlichtheit beeindrucke. Es werde gesagt, wie es ist. Kein Wort zu viel, eine enorme Sparsamkeit der Sprache. Es werde von einer Auszeit erzählt, einem Anfall einer Schwester, auf den sich die Familie einrichtet, als ob es die Normalität wäre. Dies sei die eine Seite. Es habe etwas dermaßen Unheimliches und Abgründiges, dass der Erzähler wartet, dass es beginne, dass sich die Tochter den Zustand der Tochter ansieht. Die Krankheit werde romantisiert und es ästhetischer zu finden, als es ist. "Beklemmend, hoch beunruhigend".

Widmer: Schlichtheit ist harmlos

Thomas Widmer zeigte sich überhaupt nicht einverstanden. Normal könne der Anfall nur sein, weil er nicht erzählt werde. "Ich finde die Schlichtheit entsetzlich harmlos". Ihm falle der Film "Der Exorzist" ein, in dem auch eine junge Frau durch ihre Besessenheit Anfälle habe. Er frage sich, was die idyllischen Wanderszenen sollen.

Dennis Scheck gab Widmer Recht. Das Unprätentiöse des Textes sei eine Bachmann-Krisen-Vermeidungsstrategie.

Keine Jenny-Geschichte

Burkhard Spinnen erklärte: "Sie machen einen grundsätzlichen Fehler, wenn Sie das für eine Jenny-Geschichte halten. Das ist eine Rainer-Geschichte". Interessanter als die verrückte Schwester sei Rainer, der Erzähler. Sie seien Zwillinge, die innerhalb von einem Jahr eingeschult werden. Es sei eine Doppelgängergeschichte. Diese Motive haben bei der Wanderszene dann eine Bedeutung. Bei der Bergszene erliege man der Raffinesse des Textes, weil sich eine zweite Geschichte entwickle. Diese zwei radikal verschiedenen Geschichten erinnere ihn an das Funktionieren von Atombomben. Da gebe es harmlose Stoffe, die erst in der Verbindung explosiv werden.

Birgit Vanderbeke wollte Spinnen weiterhelfen. Jeder, der sich mit solchen Krankheiten auskennen, bestätige, dass sie die ganze Familie betreffen. Jedes Mitglied habe bei einem Krankheitsschub seine Aufgabe. Das sei nicht doppelbödig.

Krankengeschichte überdehnt und langweilig

Pia Reinacher schloss sich Widmer an. Die Jenny-Geschichte müsste in sich plausibel wirken, und das tue sie nicht. Sie finde die Krankengeschichte überdehnt und fast langweilig. "Der Text bewegt sich auf einer hauchdünnen Schicht, darunter ist gar nichts."

Schindel: "Raffiniert und von tiefer Traurigkeit"

Für Robert Schindel ist der Text ein Billardspiel über eine Bande. Es scheine ein Text über die Schwester zu sein, es sei aber eine Geschichte über die Einsamkeit. Der Bruder ist kommunikationsunfähig außerhalb der Familie. Er fühlt sich erleichtert, als der Zustand der Schwester wieder eintritt, fühlt sich gebraucht. Nachdem das Nötigste getan ist, fährt er in die Berge und erlebt lauter Menschen, die miteinander kommunizieren. Die Auszeit von Rainer ist die Geschichte eines lebens- und kommunikationsuntüchtigen Menschen: "fabelhaft und raffiniert mit einer tiefen Traurigkeit hinter dieser Erzählung."

Redaktion: Petra Haas, Dolores Hibler


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