Der
Text mit dem Titel "Schnitt" erzählt die Geschichte
eines Mannes, der am Beginn einer Beziehung, aber vielleicht
auch schon wieder an deren Ende steht. Ein Mann, dessen Persönlichkeit
auch konträr zu den Anforderungen seines Jobs in einem
Architekturbüro ist. Während er sich in Erinnerungen
und Gedanken verliert, erwächst in ihm die Vision eines
furiosen Finales. Gleich Kaiser Nero, wird er die Stadt in
Brand zu stecken.
Gelungener
Auftakt
Dennis Scheck fand den Text einen
gelungenen Auftakt mit einer amour fou. Die Schilderung des
Basketballsports gefalle ihm gut, die Welt des Sports sei
gut gelungen. Die Art der Erzählung in Snapshots findet
er sehr stark. Sein Einwand gehe aber gegen die Architektur
im Text. In dieser Schilderung fällt der Text arg zurück,
das "macht mir etwas Unbehagen". Die Souveränität
des Autors habe ihm aber imponiert.
Die neusten Leiden des jungen Werther
Fliedl:
"Die allerneuesten Leiden des jungen Werther haben wir
da vor uns". Der junge Mann tut sich sehr leid, ist überempfindsam
und überdeutlich. Der Text heiße "Schnitt",
weil er montiert sei, weil Fotos aus der Bewegung geschnitten
werden. "Am Ende kommt dann der Schnitter und der heißt
Tod." Fiedl findet aber auch Gewalt gegen das Liebesobjekt.
Die Idee des Schnitts sei zu überstrapaziert, weil der
Text wie am Reißbrett gemacht sei. Gut gefalle ihr aber
die Psychologie der Figur Holzmann, die stellenweise wohltuend
ironisch gezeigt werde.
Frau friert ein
Pia
Reinacher sieht die Frau im Text einfrieren, statt einer Annäherung
gebe es eine Entfernung. Der Grundeinfall, die Frau als Manipulationsmasse
zu bauen gefiel ihr, auch weil das Annäherungsritual
eigentlich sehr unterkühlt gezeigt werde. Die Frau werde
zerschnitten und neu montiert. Gegensatz zwischen Einfrieren
und Erwärmen finde sie sehr erstaunlich. Der Schluss
gefalle ihr aber nicht so gut, das sei aufgesetzt.
Gefängnis besser zeigen
Thomas
Widmer sagte, wenn jemand gezeigt werde, der im Alltag gefangen
sei, müsse das Gefängnis besser gezeigt werden.
Er sehe nur den Chef und der sei eigentlich nicht so schlimm,
sondern eine Witzfigur. "Wenn der Mann die Kugel im Flipper
ist, die zurückgeschnellt wird, fehlen mir die Wände
des Flipperkastens. Es ist unglaubwürdig, dass die Kugel
im Spiel bleibt." Nicht gefallen habe auch ihm der Schluss.
Was an Obsession zur Frau vorhanden sei, werde am Schluss
mit der apokalyptischen Endung demontiert.
Für Robert Schindel "eine
couragierte Unternehmung", eine vordergründig bemerkbare
Konstruktion. An den Details verschlucke sie sich aber. Auch
er sehe Parallelen mit dem jungen Werther und eine amour fou.
Aber vor einem Zerstörungswerk könne sie nicht richtig
lieben, durch die Zerstörung komme erst eine Sinnlichkeit.
Er wünsche sich eine größere Distanz des Autors
zur Hauptfigur.
Birgit Vanderbeke wollte keine Rätsel
gestellt bekommen, das möge sie als Leserin nicht. Der
Text entfalte keine Dynamik.
Figuren
der Weltliteratur müssen defizitär sein
Burkhard
Spinnen sagte erst, dass wir doch immer gern die Figuren der
Weltliteratur anders angelegt hätten, dass sie einfach
defizitär sein müssten sonst würden sie doch
lieber in der Wirtschaft Karriere machen. Dann erklärte
er weiter, dass die Erzählung ein großes Zeichenangebot
mache und da sei ein Ausschlussverfahren immer schwierig.
Das größte Rätsel liege darin, nicht zu wissen,
wo der Text zum Schluss hingehe.
Redaktion: Petra Haas, Dolores Hibler
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