26. Tage der deutschsprachigen Literatur

Eine Veranstaltung der Landeshauptstadt Klagenfurt und des ORF Landesstudios Kärnten in Zusammenarbeit mit 3sat und freundlicher Unterstützung der Telekom Austria.

Tage der deutschsprachigen Literatur 2002 - die aktuellen Informationen

Pressespiegel

Diskussion nach Lesung von Roger Monnerat

Kindheits- und Jugenderinnerungen der Nachkriegsgeneration waren das Thema von Roger Monnerats Text. Ein Ausschnitt aus einem Roman, der die Geschichte zweier Brüder schildert, ihre Fußballspiele, ihre Proteste in den 68er Jahren, ihre Sehnsucht nach der Freiheit und für die während all derZeit der Gedanke, den Kopf auf die Geleise der nahen Bahn zu legen, einen steten Nervenkitzel bedeutete.

Der Ausschnitt funktioniert

Konstanze Fliedl tat es leid, dass sie Malek nicht mehr kennen lernen könne. Das sei ein Problem des Ausschnittes. Aber diesmal sei der Ausschnitt gelungen, weil er mit einem Bild von den Schienen verbunden sei, das wirke sehr stark. Sie würde gerne wissen, wie es weitergeht.

Wunderschöne Bilder

Denis Scheck ist Vanderbeke dankbar, dass sie den Autor eingeladen habe. Er sehe auch wunderschöne Bilder, die im Roman auch als Leitmotiv funktionieren. Das Problem sei, dass der Text Auslassungszeichen habe. Der Minimalismus mache ihn sympathisch. Die Tschechowsche Flinte an der Wand werde nie abgefeuert. Der Erzähler teile sich in drei Personen auf, dann werde man aber im dritten Teil in die Ich-Form gerissen. Das gehe dann so weiter. Der Teil, der von Billy Joes Enkel erzähle, spricht von einem neuen Fenster, das sich öffne. Diese Versuche, die unterschiedlichen Elementen zusammenzukitten, gehe überhaupt nicht.

Das Ende vorenthalten

Pia Reinacher: "Ich bin in einem Dilemma." Sie habe ihn spannend gefunden, er habe an der falschen Stelle aufgehört, das Ende werde vorenthalten. Sie erkenne drei Bewegungen, gut gefalle ihr die Himmelsleiter und die Schiene in den Tod. Das sei ein klassischer Text, der weder gut noch schlecht sei. Weder reiße er sie hin, noch sei er völlig daneben. Sie frage sich, ob es an bestimmten Stellen nicht einen Unterschied zwischen der Alltags- und der Literatursprache gebe.

Programm ergibt keinen Sinn

Thomas Widmer mochte den Text am Ende lieber, als er ins Erzählen kam. Vorab sei es eher ein Bauplan gewesen. Ihm sei das Programm nicht ganz klar. Dieser Stairway to heaven leuchte ihm ein, das Ende des Kommunismus, Seelenwanderung in den Himmel, das sei interessant, aber nicht eingelöst. Das Schelmische falle am Ende des ersten Teils aus dem Text, das gefalle ihm nicht. Sie könne nicht sagen, dass das Programm in dieser Form Sinn ergebe. Er fragte, was macht der Josef auf der Butterblume mit der Leiter?

Der Autor antwortete darauf direkt, es sei der Versuch, den Sprung von der Geburt (am Fallschirm) und dem Kinderlied zu verbinden. In dem kurzen Abschnitt werden neun Jahre übersprungen.

Ein Lied auf die "deutsche Linke"

Birkgit Vanderbeke erklärte, warum sie den Autor eingeladen habe. Als sie den Text sah, hatte sie das Gefühl, jemand versuche, etwas zu machen, was die 68iger nicht geschafft hatten: Das Lied ihrer Existenz zu singen. Die Himmelsleiter ist die Suche nach der Seele, das habe "die Linke" nicht mit sich herumgetragen. Aber das sei ein katholisches Vorhaben, das sich an das zu spät "Linke" Projekt anbindet. Dadurch entsteht etwas wie Musik. Niemals hatte die deutsche Linke es geschafft, ihre Existenz zu singen. Alle anderen Musikformen hat sie importiert. Die Sinnlichkeit von linker Literatur in deutscher Sprache habe sie beeindruckt.

Wie ein Buch, das man nicht am Stück liest

Robert Schindel wies darauf hin, dass ihm die Linke der 68iger nicht fremd sei, er sei im Kommunismus aufgewachsen. Wenn ich diesen Text lese komme es ihm vor, als ob er in ein Buch hineinlese, dann unterbreche ihn jemand, er vergesse wo er war und lese an einer anderen Stelle weiter. "Es ist ihre Schuld, dass sie nicht mit ihm sprechen, ob er sich aus der ganzen Kladde etwas aussucht, was abgeschlossen ist", rügte er Vanderbeke. Er könne mit den voneinander abgeschnittenen Teilen nichts anfangen. Verglichen mit den anderen Ausschnitten, die man höre, bleibe er ratlos. "Das ist Schade".

Vanderbeke konterte, sie habe die Bezüge sehr wohl gesehen. Es bestehe eine montierte Verbindung der Passagen durch die Geleise. Alles sei aufeinander bezogen und kompakt montiert.

Konstanze Fliedl fand die Bezüge sehr dicht. Es gebe Probleme mit Auslassungen, man sei auf Spekulationen angewiesen. Es gebe ein Kreuz über die verlorenen Jahre, das sei ästhetisch gelungen. Sie habe daher kein Problem mit den Fragmenten.

Ausschnittproblem bleibt bestehen

Das wird ja interessant, "wir haben ja noch Zeit, unsere politischen Biografien zu erzählen", freute sich Burkhardt Spinnen, das wird doch bitter für uns. Ihn würde interessieren, wo Denis Scheck gewesen sei.

Das Ausschnittproblem bleibe für ihn stehen. Die Szene der beiden Jungs, die in Personalunion eine Fußball- und Medienpantomime in den Betten aufführen, habe ihm ans Herz gegriffen. Das habe er auch gemacht, aber 20 Jahre später. Er sei neben Bahngleisen groß geworden und habe sich gefragt, kann man sich darunter legen. Die Frage sei, wie sehe es mit der Symptomatik aus, wie laufen die beiden Geleise einer politischen und inkompatiblen Lebensgeschichte zusammen?

Denis Scheck wandte sich an Frau Vanderbeke. Er habe nicht das Gefühl, einem Gesang zu lauschen, als dem Gefühl, dass ihm hier die Flötentöne beigebracht werden. Man werde hier am Jackett gezogen und zu einem Stand gezogen, wo erklärt werde, wie das denn ist mit dem Konsum.

Redaktion: Petra Haas, Dolores Hibler


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