Kindheits-
und Jugenderinnerungen der Nachkriegsgeneration waren das
Thema von Roger Monnerats Text. Ein Ausschnitt aus einem Roman,
der die Geschichte zweier Brüder schildert, ihre Fußballspiele,
ihre Proteste in den 68er Jahren, ihre Sehnsucht nach der
Freiheit und für die während all derZeit der Gedanke,
den Kopf auf die Geleise der nahen Bahn zu legen, einen steten
Nervenkitzel bedeutete.
Der Ausschnitt funktioniert
Konstanze
Fliedl tat es leid, dass sie Malek nicht mehr kennen lernen
könne. Das sei ein Problem des Ausschnittes. Aber diesmal
sei der Ausschnitt gelungen, weil er mit einem Bild von den
Schienen verbunden sei, das wirke sehr stark. Sie würde
gerne wissen, wie es weitergeht.
Wunderschöne Bilder
Denis
Scheck ist Vanderbeke dankbar, dass sie den Autor eingeladen
habe. Er sehe auch wunderschöne Bilder, die im Roman
auch als Leitmotiv funktionieren. Das Problem sei, dass der
Text Auslassungszeichen habe. Der Minimalismus mache ihn sympathisch.
Die Tschechowsche Flinte an der Wand werde nie abgefeuert.
Der Erzähler teile sich in drei Personen auf, dann werde
man aber im dritten Teil in die Ich-Form gerissen. Das gehe
dann so weiter. Der Teil, der von Billy Joes Enkel erzähle,
spricht von einem neuen Fenster, das sich öffne. Diese
Versuche, die unterschiedlichen Elementen zusammenzukitten,
gehe überhaupt nicht.
Das Ende vorenthalten
Pia
Reinacher: "Ich bin in einem Dilemma." Sie habe
ihn spannend gefunden, er habe an der falschen Stelle aufgehört,
das Ende werde vorenthalten. Sie erkenne drei Bewegungen,
gut gefalle ihr die Himmelsleiter und die Schiene in den Tod.
Das sei ein klassischer Text, der weder gut noch schlecht
sei. Weder reiße er sie hin, noch sei er völlig
daneben. Sie frage sich, ob es an bestimmten Stellen nicht
einen Unterschied zwischen der Alltags- und der Literatursprache
gebe.
Programm ergibt keinen Sinn
Thomas
Widmer mochte den Text am Ende lieber, als er ins Erzählen
kam. Vorab sei es eher ein Bauplan gewesen. Ihm sei das Programm
nicht ganz klar. Dieser Stairway to heaven leuchte ihm ein,
das Ende des Kommunismus, Seelenwanderung in den Himmel, das
sei interessant, aber nicht eingelöst. Das Schelmische
falle am Ende des ersten Teils
aus dem Text, das gefalle ihm nicht. Sie könne nicht
sagen, dass das Programm in dieser Form Sinn ergebe. Er fragte,
was macht der Josef auf der Butterblume mit der Leiter?
Der
Autor antwortete darauf direkt, es sei der Versuch, den Sprung
von der Geburt (am Fallschirm) und dem Kinderlied zu verbinden.
In dem kurzen Abschnitt werden neun Jahre übersprungen.
Ein Lied auf die "deutsche Linke"
Birkgit
Vanderbeke erklärte, warum sie den Autor eingeladen habe.
Als sie den Text sah, hatte sie das Gefühl, jemand versuche,
etwas zu machen, was die 68iger nicht geschafft hatten: Das
Lied ihrer Existenz zu singen. Die Himmelsleiter ist die Suche
nach der Seele, das habe "die Linke" nicht mit sich
herumgetragen. Aber das sei ein katholisches Vorhaben, das
sich an das zu spät "Linke" Projekt anbindet.
Dadurch entsteht etwas wie Musik. Niemals hatte die deutsche
Linke es geschafft, ihre Existenz zu singen. Alle anderen
Musikformen hat sie importiert. Die Sinnlichkeit von linker
Literatur in deutscher Sprache habe sie beeindruckt.
Wie ein Buch, das man nicht am Stück
liest
Robert
Schindel wies darauf hin, dass ihm die Linke der 68iger nicht
fremd sei, er sei im Kommunismus aufgewachsen. Wenn ich diesen
Text lese komme es ihm vor, als ob er in ein Buch hineinlese,
dann unterbreche ihn jemand, er vergesse wo er war und lese
an einer anderen Stelle weiter. "Es ist ihre Schuld,
dass sie nicht mit ihm sprechen, ob er sich aus der ganzen
Kladde etwas aussucht, was abgeschlossen ist", rügte
er Vanderbeke. Er könne mit den voneinander abgeschnittenen
Teilen nichts anfangen. Verglichen mit den anderen Ausschnitten,
die man höre, bleibe er ratlos. "Das ist Schade".
Vanderbeke
konterte, sie habe die Bezüge sehr wohl gesehen. Es bestehe
eine montierte Verbindung der Passagen durch die Geleise.
Alles sei aufeinander bezogen und kompakt montiert.
Konstanze
Fliedl fand die Bezüge sehr dicht. Es gebe Probleme mit
Auslassungen, man sei auf Spekulationen angewiesen. Es gebe
ein Kreuz über die verlorenen Jahre, das sei ästhetisch
gelungen. Sie habe daher kein Problem mit den Fragmenten.
Ausschnittproblem bleibt bestehen
Das
wird ja interessant, "wir haben ja noch Zeit, unsere
politischen Biografien zu erzählen", freute sich
Burkhardt Spinnen, das wird doch bitter für uns. Ihn
würde interessieren, wo Denis Scheck gewesen sei.
Das
Ausschnittproblem bleibe für ihn stehen. Die Szene der
beiden Jungs, die in Personalunion eine Fußball- und
Medienpantomime in den Betten aufführen, habe ihm ans
Herz gegriffen. Das habe er auch gemacht, aber 20 Jahre später.
Er sei neben Bahngleisen groß geworden und habe sich
gefragt, kann man sich darunter legen. Die Frage sei, wie
sehe es mit der Symptomatik aus, wie laufen die beiden Geleise
einer politischen und inkompatiblen Lebensgeschichte zusammen?
Denis Scheck wandte sich an
Frau Vanderbeke. Er habe nicht das Gefühl, einem Gesang
zu lauschen, als dem Gefühl, dass ihm hier die Flötentöne
beigebracht werden. Man werde hier am Jackett gezogen und
zu einem Stand gezogen, wo erklärt werde, wie das denn
ist mit dem Konsum.
Redaktion: Petra Haas, Dolores Hibler
|