Pressetexte zu den Tagen der deutschsprachigen Literatur in Klagenfurt |
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Hannoversche Allgemeine | |||
21.06.2002 | |||
Es grüßt der Lenz | |||
Die Hebebühne verschneidet Büchner- und Bachmann-Texte Die Idee hat einiges für sich: 1964 bekommt Ingeborg Bachmann den Büchner-Preis überreicht und formuliert statt der üblichen Dankesworte als Preisrede eine Art poetischen Essay über Georg Büchners Lenz. Lenz, Dichter am Rande des Wahnsinns, gleichsam versetzt in die Gegenwart der sechziger Jahre, ins geteilte Berlin. Der Ort ist das Krankenhaus, der Wahnsinn nicht nur der der Patienten, sondern auch der zwischen Ost und West. Was läge näher, als die beiden Texte, Büchners Lenz und Bachmanns Preisrede, zusammenzubringen? Die Künstlergruppe Hebebühne hat das unter dem Titel als jage der wahnsinn getan und im Theater an der Glocksee als Musiktheater inszeniert. Zwei Sprecher (Jochen Fölster und Karin Kettling) lesen im Duett und reiben, begleitet vom vierköpfigen Musikerensemble, Textphrasen aneinander. Das sorgt für Aha-Erlebnisse: Büchners Lenz wird noch vom sorgsamen Pfarrer Oberlin empfangen, bei Bachmanns Helden übernimmt das ganz modern der Chefarzt. Lenz erträgt die Stille der Nacht und die Abgründe der Seele nicht, die Patienten quält das militärische Getöse in der geteilten Stadt. Bei Büchner wird mit herzlichen Worten, bei Bachmann mit Spritzen ruhig gestellt. Das ist zwar interessant, aber mindestens genauso anstrengend: Auch wenn sich gerade das Musikerquartett toc edit um Keyboarderin und Textcollagistin Christine Weghoff mit viel percussivem Tamtam, klappernder Gitarre und gedämpfter Posaune um Abwechslung bemüht spannend ist das nur am Anfang, dann verliert es an Tempo. Bei knapp über einer Stunde Aufführungsdauer ist dies allerdings verkraftbar. Weitere Aufführungen am 22. Juni (20 Uhr) sowie vom 14. bis zum 17. August. |
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Johannes Dorndorf |
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