Pressetexte zu den Tagen der deutschsprachigen Literatur in Klagenfurt

Manager-Magazin
09.07.2002
Der Herr der Bonbons

Von Clemens von Frentz

"Wer den Pfennig nicht ehrt, ist des Talers nicht wert", wurde uns als Kindern eingebläut. Für Klaus Oberwelland ist dieser Merkvers mehr als ein abgegriffener Kalenderspruch. Seine Karriere als Euro-Milliardär begann mit dem Storck-1-Pfennig-Riesen.

Klaus Oberwelland hat es gut. Während der Otto Normalverbraucher bei jedem Einkauf angesichts der Euro-Teuerung ein heimliches Fluchen kaum unterdrücken kann, dürfte das Herz des Süsswaren-Moguls bei jeder Supermarktvisite einen kleinen Freudenhopser machen. Und das liegt nicht nur an den "nimm2 Lachgummis", die heute in jedem gut sortierten Regal zu finden sind. Sondern auch an den "Toffifees", den "Mambas" und den "Knoppers", die direkt daneben liegen. Sie stammen aus dem Hause Storck, dem Unternehmen der Familie Oberwelland.

Begonnen hatte alles in der Kaiserzeit, damals, als Karies noch ein Fremdwort und süßes Naschwerk höchster Luxus war. "Am Anfang", so rapportiert die Firmenchronik, "standen Phantasie und Unternehmergeist. Es begann im Jahre 1903. August Storck, genannt Oberwelland, gründete im kleinen Städtchen Werther in Westfalen eine Dampfzuckerwarenfabrik."

Dass diese Phantasie auch Generationen später noch nichts von ihrer Kraft verloren hatte, zeigte sich Ende der sechziger Jahre. Schlagersänger Udo Jürgens, damals noch ein junger Spund, siegte 1966 beim "Grand Prix d'Eurovision de la Chanson" mit dem Titel mit "Merci Cherie" und prompt kamen zwei neue Süsswarenprodukte auf den Markt, die bis heute Topseller geblieben sind: Storcks Schokolade "Merci" und - aus dem Konkurrenzhaus Ferrero - die Alkoholpraline "Mon Cherie".

Das Bonbon als Markenware

Auch an der Bonbon-Front bewies das Unternehmen Cleverness, und das von Anfang an. Das Bonbon als solches, so erkannte der Oberwelland-Urahn August, hat offenkundig einen Makel: Es ist nicht nur süß und klebrig, sondern vor allem ohne eigenen Charakter, solange man es nicht als Marke etabliert. Ein revolutionärer Denkansatz, der lange vor dem Aufkommen von Brandingagenturen und PR-Konzepten vom visionären Denken des Firmengründers zeugte. Bis dahin nämlich, so die Storck'sche Chronik, "wurden Süßwaren unverpackt und namenlos - rund um den Schornstein des Herstellers - verkauft".

Das war für Storck ein Unding. Er wickelte die süßen Brocken ein, dachte sich einen wohlklingenden Namen aus und weitete die Lieferung auf Nachbarstädte aus. Die Strategie ging auf. Binnen weniger Jahre eroberten die "Schokoladenriesen" den Markt und legten damit den Grundstein für das spätere Imperium des wackeren Westfalen.

Eine Wiederholung dieses Marketingcoups gelang rund vier Jahrzehnte später, als Deutschlands Konsumenten einen neuen Trend für sich entdeckten. Nach der Völlerei der Wirtschaftswunderzeit war plötzlich Fitness angesagt, und alle Welt sprach nur noch über Kaloriensparen, fettfreie Teflonpfannen und gesunde Vollwertkost.

 


Kontakt
ORF Kärnten Ingeborg-Bachmann-Preis
Sponheimer Straße 13,  A- 9020 Klagenfurt
Tel: 0463-5330-29528 (Binia Salbrechter)
e-mail: bachmann.preis@orf.at

Webmaster:
ORF ON Redaktion Kärnten
Sponheimer Straße 13,  A- 9020 Klagenfurt
Tel: 0463-5330-29191, 29192
e-mail: kaernten.online@orf.at


© 11.07.2002
ORF ON Kärnten Aktuell Jet2Web - Telekom