"Tra Tatata Tra Ta Tratatratata": drei Tage lang hatte man beim Zuhören im ORF-Theater den Trauermarsch im Ohr. Pompe funebre auch beim gestrigen Finale. Welches Beerdigungsinstitut hat da heuer gesponsert? Das ist aber gar nicht despektierlich gemeint, ohne Absterbens Amen keine Literatur. "Viel gespenstischer" als die skeptische Jury-Majorität das empfunden haben mag, der Text "Tabula Rasa" der Österreicherin Elfriede Kern: Das nach außen gestülpte und alle so genannte Realität verhexende Innenleben einer Frau, die im Begriffe ist, sich freiwillig den strengen Gesetzen des Wahnsinns zu unterwerfen. Minutiös plant sie jeden Schritt voraus, weicht vor keinem warnenden Symbol zurück, vollzieht die riskantesten magischen Rituale, tauscht zuletzt ihre Kleider mit einer Vogelscheuche, um dieselbe zwecks Selbstbestrafung an ihrer statt zu erhängen.

Sie springt eh nicht
Anschließend die potenzielle Selbstmörderin, die im Text "Verschollen" der Kärntnerin Helga Glantschnig letzten Endes dann doch nicht und nicht herunterspringen will, von den (sämtlich dafür geeigneten) Hausfassaden: Der fatale Ehrgeiz einer Pädagogin, einen Einser in Deutsch zu schreiben, reizte sogar die sonst lammfromme Jury: "Misslungen" befand Robert Schindel, "unglaublich eitel" Birgit Vanderbeke, "unsinnlich bis zur Grauenhaftigkeit" Juror Thomas Widmer. Herzige Miniaturen wie "Er furzt die Gegend leer und vergewaltigt das Kotelett" durchsetzten die schwärzestkomische Familienidylle von Melanie Arns. Raphael Urweiders "Steine" setzten den (höchst beachtenswerten) Grabstein über die Saison 2002: "Ein Reqiem" meinte Robert Schindel. Viva la muerte!