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Salzburger Nachrichten
26.07.2002
Zugewinn für die Stadt

Anselm Kiefer schuf im Auftrag der "Salzburg Foundation" ein vielschichtiges, hochrangiges Kunstwerk für den Furtwänglerpark.

Im Vorjahr wurde von einer frisch gegründeten "Salzburg Foundation" angekündigt, man werde bedeutende Kunstwerke für die Stadt Salzburg in Auftrag geben. Damals war es nicht einfach, sich vorzustellen, was daraus werden würde. Jetzt stellt sich heraus, dass dies eine sehr ernsthafte Initiative ist. Für das erste Projekt ist Anselm Kiefer gewonnen worden, ein Künstler, der weltweit zu den angesehensten gehört. Am Donnerstag wurde das erste Kunstwerk der Öffentlichkeit vorgestellt: Im Furtwänglerpark gegenüber den Festspielhäusern, steht ein einfaches Bauwerk, zehn Meter lang, sechseinhalb Meter breit und sieben Meter hoch.

Gemälde und Plastik
in einem Haus

Im Inneren - Licht fällt von oben herein und auch durch die hohe Glastüre - befindet sich an der einen Wand ein monumentales Gemälde Kiefers, eines, das zur Serie seiner Urlandschaften gehört - zugleich suggeriert es mit seinen bedrohlichen Stacheldrahtauswüchsen auch eine Endzeit.

Gegenüber steht eine monumentale Plastik, ein Büchergestell mit sechzig Folianten aus Blei. Ein Gewirr aus Dornenzweigen - korrespondierend mit dem Stacheldraht gegenüber - wächst aus dieser Bibliothek. Abends wird der Zugang durch metallene Türen geschlossen.

Kiefer hat jedes Detail genau bedacht und das Ganze, bevor es in Salzburg verwirklicht wurde, auf seinem 35 Hektar großen Ateliergelände in Barjac in Frankreich im Originalmaßstab aufgebaut.

Der Titel dieser "Gedenkstätte" ist A.E.I.O.U. Kiefer spielt damit nicht auf die von Kaiser Friedrich erstmals verwendete Buchstabenfolge an, die übrigens mehrfach gedeutet wird (Austriae est imperare orbi universo" oder "Austria erit in orbe ultima"), sondern darauf, dass sie schon vorher in der Kabbala vorkommt. Eine Empfehlung für österreichischen Imperialismus wird damit also keineswegs ausgesprochen, eher eine Empfehlung gegen jegliche Art von Imperialismus. In das Bild hat Kiefer ein Zitat aus dem Gedicht "Das Spiel ist aus" von Ingeborg Bachmann eingeschrieben.

Darin ist von einem Zigeunerlager die Rede. Die Aura des Raums legt es nahe, an das Zigeunerlager in Salzburg während des Zweiten Weltkriegs zu denken, aus dem Leni Riefenstahl Statisten für ihren Film "Das blaue Licht" rekrutierte, bevor die Hälftlinge in einem KZ umgebracht wurden.

Kiefers Konzept ist offen, aber doch nicht so offen, dass es beliebige Assoziationen zuließe. Mit Ingeborg Bachmann, deren Werk er, wie er in einem Gespräch sagte, sehr gut kennt, macht er eine Vorgabe und öffnet poetische Räume. Der Besucher, zwischen Wandbild und Plastik stehend, sieht sich unmittelbar dem Dialog zwischen beiden ausgesetzt und mit einbezogen. Das ist kein Kunstwerk, mit dem einer im Nu fertig wird, es wird gut sein, sich immer wieder mit ihm einzulassen.

Alternativvorschlag
für den Mönchsberg

Kiefer hatte auch einen anderen Vorschlag gemacht: Für den Abhang des Mönchsbergs sah er eine zusammenstürzende Treppe vor, eine Treppe, die an den Gang durch verschiedene Himmelspaläste erinnern sollte. Auch dieses Projekt bereitete er auf seinem Gelände - einer einstigen Seidenspinnerei - vor. Wegen der zu erwartenden Schwierigkeiten bei der Verwirklichung entschied man sich anders.

Vizebürgermeister Gollegger sagte als Vorsitzender der Salzburg Foundation, dass die Kunstaktion an ihrem Anfang stehe. In den nächsten Jahren sollen weitere, von dieser Stiftung finanzierte Kunstwerke hinzu kommen. Die Auswahl trifft ein internationales Kuratorium (Danilo Eccher, Direktor des Museums MACRO in Rom, Lo`ra`nd Hegyi, ehemaliger Direktor des Museums für moderne Kunst in Wien, und Michael Aupring, Chefkurator des Museums Fort Worth, USA). Gollegger sieht darin einen entscheidenden Zugewinn für Salzburg. Salzburgs Bedeutung als Stadt der Kunst soll damit betont werden. Die Kunstwerke möchte er als Meilensteine auf dem Weg zur Verwirklichung des "Kunstzentrums Möchsberg" sehen.

WERNER THUSWALDNER


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