Pressetexte zu den Tagen der deutschsprachigen Literatur in Klagenfurt

www.woertherseewetter.com
02.07.2002
Mit "Nichts": Österreicher Peter Glaser erhielt Bachmann-Preis.

Klagenfurt, 1. Juli 2002 - Die Eintrittskarte ins literarische Establishment ist immer noch der Wörthersee - auch nach 25 Jahren Bachmann-Preis, der ja eigentlich nicht so heißen darf. Bei den "26. Tagen der deutschsprachigen Literatur" in Klagenfurt überzeugte der Österreicher Peter Glaser die Jury und erhielt den diesjährigen begehrten Preis. Erstmals wurde der Kelag-Publikumspreis via Internet vergeben.


Gert Jonke, Ulrich Plenzdorf, Friederike Roth und Franzobel - um nur einige zu nennen - machten sich schon einen Namen in Klagenfurt. Entgegen mancher Kritiker gestaltete sich der Lesemarathon am Wörthersee heuer für viele nicht weniger spannend als eh und je: Geschichtenerzähler setzten sich gegenüber Sprachartisten durch. Ende Juni gewann der aus Graz stammende und in Berlin lebende Autor und Journalist Peter Glaser - just an seinem 45. Geburtstag - mit seiner "Geschichte von Nichts" den diesjährigen - mit 21.800 Euro dotierten - Ingeborg Bachmann-Preis. Sein Text sei "voller Ratlosigkeit und Melancholie", und eine "angemessene Begegnung mit dem 11. September", so die Mitglieder der Jury bei den 26. "Tagen der deutschsprachigen Literatur".

"Die Literatur bietet die Möglichkeit, die fragmentierte Welt versuchsweise wieder zusammenzusetzen und eine geschlossene Form oder so etwas wie eine Gestalt anzubieten", meinte Glaser im Anschluss an die Preisverteilung. Sprache ist für ihn das mächtigste Instrument um den Informationsoverflow einer Mediengesellschaft zu fassen. "Literatur muss das pure Leben spiegeln", meint der Preisträger. Sein eigenes Leben ist geprägt von Ortswechseln, von persönlichen Verlusten - und von seiner großen Leidenschaft zur Literatur.
Den "welthaltigsten aller Texte" nannte Juror Thomas Widmer den Beitrag. Glaser sei es dank der Sprach- und Bildkraft seines Textes gelungen, das schiere Nichts zwischen zwei Menschen fassbar zu machen.

Pionier der Netzkultur
Glaser gilt auch als Pionier der Netzkultur. Als junger Schriftsteller begeisterte er sich für alles, was mit Computern zu tun hatte und gehörte im Hamburg der 80er Jahre zu jenen Autoren, die mit Computer-Experimenten den Literaturbetrieb aufmischten. Einmal, in Kassel, setzte er bei einer Lesung dem Publikum einen Computer vor und glänzte selbst durch Abwesenheit. Die Bedienungsanleitung kam vom Tonband. Die Zuhörer waren begeistert.

Publikumspreis im Internet
Entgegen den Befürchtungen, dass die erstmalige Internetwahl eines Preises in Klagenfurt populistisch enden würde, hat der Kärntner Christoph W. Bauer den Kelag-Publikumspreis für einen sprachlich extrem anspruchsvollen Text erhalten. Das sei ein "großes Kompliment für die Teilnehmer am Publikumspreis", freute sich
Jurysprecher Robert Schindel.

 


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