Von
Indien, alten Männern, Dörfern und Dessous
Die Leipziger Volkszeitung vom 29. Juni 2003 berichtet: "Ach,
Klagenfurt, du Schöne! Doch man gönnte uns keinen Blick
auf Kärntens malerische Hauptstadt. Stattdessen ein nüchterner
Raum, im Hintergrund die verwischte Großgrafik einer opulenten
Barock-Dachlandschaft und ein Ingeborg-Bachmann-Zitat: Rom hymnisch
preisend. Dazu, wie verloren, ein eleganter Strohhut auf blankem
Boden, zu Füßen des kahlköpfigen Burkhard Spinnen.
Gibt's denn hier keine Garderobe? Nicht einmal für die Stars
der Jury? Die saßen im Halbrund, mehr Damen als Herren, in
der Mitte der Autor als Delinquent, zum Schweigen verurteilt, sobald
er seinen Text gelesen hatte. Ach, Klagenfurt, du Traurige! Da mussten
die Bewegungen der Kameras auf der Suche nach Details den Ausgleich
fürs irritierende Ambiente schaffen. Aber ist Literatur, zumal
gestreut über endlose vier Tage, per Fernsehen vermittelbar?"
Ein großer Reiz der jährlichen Veranstaltung in der österreichischen
Kantonshauptstadt besteht nämlich darin, am Bildschirm live
verfolgen zu können, wie sich Urteile über einen Text
bilden. Noch dazu über Inhalte und Stile, die repräsentativ
sein wollen für zeitgenössisches Schreiben in Mitteleuropa.
Denn wieder waren zu den (immerhin 27.) Tagen der deutschsprachigen
Literatur Autor(inn)en aus Deutschland, Österreich und der
Schweiz geladen, um vor der Jury zu bestehen, die gestern, zum Finale,
den begehrten Ingeborg-Bachmann-Preis zu vergeben hatte. Geduld
war angesagt, beim Publikum im Studio und am Bildschirm. Man harrte
aus, Tag um Tag, Stunde um Stunde, immer in der Hoffnung, der magere
Beginn mache den Entdeckungen Platz, unter den 18 Wettbewerbsteilnehmern.
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