Tage der deutschsprachigen Literatur 2001

Tage der deutschsprachigen Literatur 2000

Eine Veranstaltung der Landeshauptstadt Klagenfurt und des ORF Landesstudios Kärnten in Zusammenarbeit mit 3sat und freundlicher Unterstützung der Telekom Austria. Vom 28. Juni bis 2. Juli 2000 im ORF-Theater Klagenfurt .

Aktuelle Berichte von Dolores Hibler


Alle Preise im Jahr 2000 gingen an Autoren aus Deutschland, der Ingeborg-Bachmann-Preis 2000 geht an Georg Klein
(Berichterstattung Petra Haas und APA)

Der deutsche Autor Georg Klein, geboren 1953 in Augsburg, erhielt für seinen titellosen Prosatext den Ingeborg-Bachmann-Preis 2000. Das gab die sieben Mitglieder umfassende Jury des Wettlesens unter dem Vorsitz Robert Schindels am Sonntag im Klagenfurt bekannt.

Im Interview nach der Siegerehrung sagte Klein, er habe früh angefangen zu schreiben. Ernsthaft betreibe er das Schreiben seit 20 Jahren. Klein meinte, er habe sich sehr wohl gefühlt in Klagenfurt - es sei eine schöne Zeit gewesen.

Zu seinem Text meinte er, er sei ein leichter Autor. Schüler haben keine Probleme, seine Texte zu lesen. Er arbeite seit zwei Jahren nur noch literarisch und könne auch davon leben. Zur Krise in den Verlagen bemerkte Klein, manche haben die Krise mehr als verdient. Er verfolge manche Meldungen darüber mit einem Schmunzeln, müsse bei seinem Verlag allerdings nicht zittern.


Susanne Riedel erhielt den Preis der Jury

Den erstmals vergebenen Preis der Jury erhielt die deutsche Autorin Susanne Riedel (geboren 1959 in Unna, Westfalen). Diese mit 120.000 Schilling dotierte Auszeichnung (gesponsert von Telekom Austria) wurde geschaffen, nachdem sich heuer Kärnten aus dem Bachmann-Preis zurückgezogen hatte. Landeshauptmann Jörg Haider hatte den Wettbewerb als "totgelaufene und sterile Veranstaltung" bezeichnet.

Susanne Riedel fand die Lesung furchtbar, denn sie sei am Abend vor dem Beginn vom literarischen Quartett verrissen worden, und sie hatte gezweifelt, ob sie überhaupt lesen könne. Sie habe sich furchtbar gefühlt, als ob die ganze Welt zugesehen hätte, stellte aber fest, die Bachmannjury habe sich nicht wirklich davon beeindrucken lassen. Dass Frau Radisch auf den Verriss Bezug genommen habe, sei auch schon egal gewesen. Die Jury in Klagenfurt habe Sinn für ihre Metaphorik entwickelt, das habe sie schön gefunden. Sie wünsche sich etwas mehr Wohlwollen. Zur Diskussion um den Preis des Landes Kärnten sagte Riedel, Österreich sei Österreich, und Haider sei Haider. Sie finde, es sei wichtig, dass der Preis weiterhin hier stattfinde.


Julia Franck erhielt den 3sat-Preis

Der 3sat-Preis, mit 10.000 Mark (5.113 Euro/70.355 S) dotiert, wurde nach einer Stichwahl mit Julia Frank, Birgit Kempker und Martina Kieninger an die 1970 in Ostberlin geborene Schriftstellerin Julia Frank vergeben.

Julia Franck bemerkte nach der Preisverleihung, Ihre Veröffentlichungen - zwei Romane - seien für sie kein Nervositätspolster gewesen. Sie habe das Gefühl gehabt, auch etwas verlieren zu können. Manche Geschichten aus ihrem neuen Buch seien erotische Erzählungen, aber nicht alle, darauf lege sie wert. Erotik habe für sie mit Sinnlichkeit und Unmittelbarkeit der handelnden Menschen zu tun. Sie unterscheide zwischen Sinnlichkeit, Erotik und Sex. Auch Abschied und Trennung seien ihre Themen. Auf die Frage, was für sie zeitgenössische Literatur sei, sagte sie, sie glaube, dies sei eine ursprünglichere Literatur mit Menschen im Mittelpunkt. Sie verzichte auf modische Accessoires gut und gerne. Zur Stimmung während des Bewerbes sagt sie, die Autoren seien eine Ansammlung von Einzelgängern gewesen, manche seien auch mit ihren Partnern gekommen. Es habe keine Gruppenbildung gegeben.


Ernst-Willner-Preis 2000 an Andreas Maier

 

Den mit 100.000 Schilling dotierten Ernst-Willner-Preis erhielt nach einer Stichwahl mit Birgit Kempker der deutsche Autor Andreas Maier (geboren 1967 in Bad Nauheim).


Die Stipendien 2000 gingen an David Wagner und Malin Schwerdtfeger

Die Stipendien der unabhängigen Plattform kulturinteressierter Kärntner - dotiert mit je 50.000 Schilling - erhielten Malin Schwerdtfeger (geboren 1972 in Bremen) und David Wagner (geb. 1971, Berlin)

Robert Schindel, Sprecher der Jury,
zog eine kurze Bilanz des Wettbewerbes
:

Schindel stellte fest, die drei neuen Juroren seien ein Gewinn gewesen. Seiner Meinung nach waren die Texte auf einem höheren Niveau als zuletzt, deshalb taten sich die Juroren leichter, "man sprach entspannter über die Texte". Schindel hat der Jury Nachhilfeunterricht in Lyrik empfohlen, dies "sei immer noch ein Schwachpunkt". Viele Literaturkritiker "rezensieren Prosatexte der Weltliteratur, sagen aber selbst, sie verstehen nichts von Lyrik". Dies habe sich auch in der Jury gezeigt. Man müsse sich der Lyrik mehr stellen, wenn man germanistisch sei, dann schiebe man die Lyrik gerne weg.

Zur zeitgenössischen Literatur sagte er, es gebe "keinen Konsens über den Begriff als solches". Die Texte würden sich dadurch auszeichnen, nicht ganz verstanden zu werden, so Schindel. Man könne sie noch nicht einordnen, dies sei für ihn ein Zeichen für einen zeitgenössischen Text.

Zum Konflikt mit den Bachmann-Erben sagte Schindel, man habe sich "in der Mitte getroffen, ich hoffe, sie sind zufrieden gewesen". Für nächstes Jahre hofft er, dass der Bewerb wieder nach Ingeborg Bachmann benannt werde. Dies werde bereits verhandelt.


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©  16.11.2000