Rainer Merkel

Die "new economy" ist ein schwer durchdringbarer und gefahrvoller Dschungel, erfuhr man in der Geschichte von Rainer Merkel. Wer in die Gemeinschaft der modernen Agenturwelt aufgenommen werden will, muss die Gesetze genau kennen, darf sich keine Fehler erlauben, denn auf einen Newcomer warten unendliche viele Fallen.

Das Thema hier sei die "new economy", das Internet, begann Thomas Widmer seine Kritik. Er habe einige Freunde, die in diesem Bereich arbeiten würden und auf seine Frage, was sie denn genau machen würden, erhalte er auch nie befriedigende Erklärungen. Der Text versuche das auch, der Autor wolle auch die Unfassbarkeit dieser Welt zeigen, die Frage sei, ob es funktioniere. Er habe Zweifel. Hier in dem Text habe er das Gefühl, der Autor gebe einem zu wenig Grundmaterial, zu wenig Substanz worum es eigentlich gehe, Sparkasse oder Weltraum. Vorgeschlagen wird eine Schelmenhaftigkeit der Figur, was aber nicht nachprüfbar ist. Insgesamt wird mehr behauptet, als erzählt. Das dauernde Schweben, das Sphärische kommt mehrfach, werde aber nur behauptet, nicht erzählt.

Konstanze Fliedl gestand, obwohl der Text so durchsichtig sei, gehe es ihr wie dem Ich-Erzähler. Er weiß nicht, woran er ist. Man solle es nicht auf einen Berufsbereich fixieren, eher auf einen Lebensbereich, würde sie empfehlen. Von der Offenheit des Textes war sie beeindruckt, da nicht versucht werde, den Text mit Substanz zu füllen. Auch die Konsequenz des Durchhalten des Textes habe Eindruck auf sie gemacht.

Robert Schindel sah einen Text über die Haltung eines paranoischen Menschen in einer modernen Welt, der sich in einem unsicheren Raum zurechtfindet muss. Die Figur befindet sich in einem Zwiespalt und wird geprüft. Diese Haltungschoreographie der Angst funktioniere aber nur, wenn wir so wenig wissen wie die Figur selbst, so Schindel. Mit den Bürofloskeln kann die Figur austesten, worum es in dieser Welt geht. Gut gefallen habe ihm die Schlusspointe, wo das Cola, das die Figur angeboten bekomme, zur Medizin werde, obwohl es vorher Angst ausgelöst hatte.

Er habe seine Leseart gefunden, erklärte Denis Scheck, für ihn sei das eine Initiationsgeschichte in der Arbeitwelt, wobei er die Getränke, die im Text vorkommen seien, als Zeichen der Verwandlung sehe. Hier werde die Unsicherheit der Adoleszenz beim Eintritt in die Arbeitswelt gezeigt.

Burkhard Spinnen sah im Text die das Thema des Zustandes der Ungreifbarkeit aufgenommen. Dafür brauche der Autor eine traditionell angstbesetztes Motiv, er freue sich schon darauf. Er habe die Vorstellung, die Figur in die Manie der Vorstellung werde in Watte laufen.

Birgit Vandebeke gefiel die Erzeugung der Unheimlichkeit im Text, wie das Licht durch das Milchglas geschildert werde. Erst habe sie gedacht, es sei chronologisch aufgebaut, dann habe sie aber Brüche gefunden. Das störe sie an dem Text. Ebenfalls störe sie das Durchbrechen und die plötzliche Gewissheiten der Figur, da verliere der Text für sie seine Unheimlichkeit. Außerdem sei diese Labyrinth der Agentur nicht stimmig.

Eliabeth Bronfen war bezüglich des Texte unschlüssig. Sie habe es sofort als Passagegeschichte, als" Ich bin unterwegs zwischen den Zonen-Geschichte" gelesen. Gut gefallen habe ihr aber die Knopfgeschichte. Sie verstehe was der Text wolle und sie verstehe auch die Beklommenheit, die der Text durch seine Beschreibung inszeniert. Aber dann sei da nichts mehr und der Text wird nur mehr unentschlossen.

Die Erzählung im Präsens als ein Element dieser Agenturwelt sei schon stimmig , urteilte danach Burkhard Spinnen. Aber für sich als Leser sei es eine Zumutung des Textes die Erinnerung im Präsenz lesen zu müssen, obwohl es zunehmend Signale gibt, dass es sich um einen Roman handeln wird.

Konstanze Fliedl betonte danach, dass die Vagheit zur Charakteristik des Textes gehöre.

Die Vagheit habe man doch geklärt, da müsste doch bei seinen Kollegen endlich ein Erkenntnisprozess einsetzen antwortete Denis Scheck. Und er beharrte noch einmal auf der Schönheit des Textes. Es sei aber kein Text über die "new economy", sondern spiele nur in diesem Umfeld. Das Milieu sei gut erzählt, es die Psychologie der Dialoge seien gut gelungen.

Abschließend erklärte dann noch Burkhard Spinnen, dass das Ganze für ihn ein Text über ein Individuum sei, dessen Bewusstseinszustand durch das Leben in einer solchen Agentur geprägt sei.

Alle Fotos: ORF Kärnten

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