"DIE LUST AM ERZÄHLEN"
25 Jahre Ingeborg-Bachmann-Preis

Ein Rückblick der ORF ON Redaktion Kärnten in Zusammenarbeit mit 3sat und der Telekom Austria.


1996 Übersicht über die JurorInnen 1996 Übersicht über die AutorInnen 1996 Übersicht über die PreisträgerInnen 1996

Bislang hat der Literaturbetrieb dafür gesorgt, dass der Wettbewerb nicht stirbt. Denn Klagenfurt ist der literarische Billigurlaub der Branche: Mallorca liegt am Wörther See. Aber eine Jury, in der mindestens sechs von elf Mitgliedern überfordert sind, ist eben nur noch vom literarischen Pauschaltouristen zu goutieren. Auch bei den Autoren sieht es kaum besser aus. Nur wer zwei Drittel der vorgetragenen Texte vergisst, kann dem Wettbewerb überhaupt noch eine Zukunft wünschen.
[Andrea Köhler, Neue Zürcher Zeitung]


Dieser 20. Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb wird als müdes, leidenschaftsloses Ereignis in Erinnerung bleiben. Eine Veranstaltung mit diversen Ausrutschern zumal. Am Abend des 25. Juni, an dem man anlässlich ihres 70. Geburtstages Ingeborg Bachmann mit einer "Gala" ehrte, suchte man die Dichterin - Tote können sich bekanntlich nicht wehren - in jene Klagenfurter Provinzialität zurückzuholen, von der sie einst Reißaus nahm.

Tags darauf lud der Bertelsmann Verlag, der immerhin auch einen mit 10000 Mark dotierten Literatur-Preis auslobt, zu einem Empfang. Fast alle Preisträger der letzten Jahre waren für viel Geld eingeflogen worden und standen genauso dumm herum wie alle anderen Gäste. Sie waren nicht gebeten worden zu erzählen, wie es ihnen nach der Prämierung ergangen ist, oder gar aus ihren jüngsten Werken zu lesen. Statt dessen verpuffte die reaktionäre Kulturschelte eines ebenso abgetakelten wie überheblichen Kabarettisten und Box-Reporters im Nichts.

Müde, leidenschaftslos. Häufig regte sich der Verdacht, hier handle es sich um einen Wettbewerb für bemühte Nachwuchsautoren. Mehr noch als in den vergangenen Jahren stöhnte man unter dem Fernsehzwang, auch Texte, die mit einem einzigen Satz hätten erledigt werden können, dreißig Minuten lang von der mit elf Leuten fraglos überbesetzten Jury diskutiert zu hören. Waren die Beiträge schlechter als sonst? Haben die Juroren weitgehend ihre Kandidaten in einem uninteressanten Mittelfeld zu suchen, weil sich Namhaftere, Größere längst nicht mehr dieser Prozedur aussetzen wollen?

Die kaum einmal unterbrochene, alles beherrschende Müdigkeit ist gewiss auch der durchschnittlichen Kunstfertigkeit zuzuschreiben, derer sich die meisten Autoren inzwischen befleißigen.

[Eva-Elisabeth Fischer, Süddeutsche Zeitung, 2.7.1996]


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