Gstättner schlägt "Gert-Jonke-Preis" vor

Der 33. Bachmannpreis hat gestern abend mit einem Paukenschlag begonnen. Ich möchte meine heurigen Betrachtungen aber damit beginnen, kurz an den heuer verstorbenen Gert Jonke zu erinnern, der der erste Gewinner des Preises und - wenn ich mich recht erinnere - Jahrzehnte später auch der erste war, der eingeladen wurde, eine Bachmannpreis-Eröffnungsrede zu halten, die nach wie vor die poetischste war, die man je hier gehört hat. Bei den Tagen der deutschsprachigen Literatur werden insgesamt fünf Preise vergeben: Nur einer aber ist nach einem Dichter, bzw. einer Dichterin benannt, eben der große "Bachmannpreis" selbst. Deswegen schlage ich vor, einen der weiteren Preise nach Gert Jonke zu benennen und ich appelliere an die Größe der Preisstifter, die Umbenennung möglichst schnell zu verwirklichen.

Die heurige Rede hat wieder ein Kärntner gehalten, Josef Winkler nämlich, und es war wohl die mutigste und kritischste, die hier zu hören war. Josef Winkler hat die Strecke zwischen den beiden Klagenfurter Häusern erforscht, die die Bachmann hier bewohnt hat, und er hat beschrieben, was hier seit ihrem Tod auch Unerfreuliches und Erschütterndes passiert ist. Daß die Wahrheit dem Menschen zumutbar ist, ist noch bei keiner anderen Bachmannpreisrede so deutlich geworden wie bei dieser. Daß man sich mit der Wahrheit nicht nur Freunde macht, ist auch eine Wahrheit.

Vier Juroren sind heuer neu am Podium, außerdem die Moderatorin Clarissa Stadler, und mein erster Eindruck ist ein positiver: Denn sie versteht sich nicht als Selbstdarstellerin, sondern als diskrete Vermittlerin zwischen den Beiträgen und Wortspenden.

Zwei Lesungen haben bis jetzt stattgefunden, der junge Österreicher Philipp Weiss hat dabei eine Talentprobe geliefert - aber den Texten möchte ich mich bei meinem zweiten Einstieg am Nachmittag widmen. Jetzt einmal Mahlzeit. Im Zelt vor dem ORF-Theater bruzzelt schon die Bratwurst!

 

Egyd Gstättner