Aleks Scholz (D)

Aleks Scholz las "Goggle Earth". Der Text regte die Jury zu ausufernden Diskussionen an, besprochen wurde der Text mehrheitlich gut - nur einer der Juroren wollte auf diesem eingeschlagenen Weg partout nicht mit.

Geschichte zweier Nachbarn, von "oben erzählt"

Zwei Nachbarn namens Liebke und Trampe, eine Hecke - beschnitten auf der einen, ausufernd auf der anderen Seite, und ein Springbrunnen, der sich schließlich in ein selbstgeschaufeltes Grab verwandelt  - das alles erzählt Aleks Scholz aus der Perspektive von "Google Earth".

Der Text von Scholz wurde von Juror Jubert Winkels vorgeschlagen.

Autorenporträt
Lesung
Diskussion

 

Sulzer: "Stiller Text, der Spannung erzeugt"

"Ein sehr stiller Text, der unheimlich viel Spannung erzeugen kann", lobte Alain Claude Sulzer. Sein "Changieren" sei  ein Grundprinzip, der Text arbeite mit Nah und Fern-Sichten, Bedrohlichkeiten und Gegensätzen. 

Aleks Scholz (Bild: Johannes Puch)Aleks Scholz (Bild: Johannes Puch)

Juror hätte gerne einen Roman gesehen

Für Sulzer, der "viele schöne Sachen" in und an dem Text fand, und deshalb "recht begeistert" war: "ein makelloser Text". Gerne hätte der Juror den Roman dazu gelesen, wurde vom Autor jedoch enttäuscht: Google Earth ist ein abgeschlossener Text.

Keller: "Hohe sprachliche Präzision"

Mehrere "starke Vorzüge" des Textes erkannte auch Hildegard Elisabeth Keller: "Die außerordentliche Präzision der Sprache, die Sorgfalt mit der er geschriebn ist". Vor allem die Beschreibung akustischer Phänomene hätte sie sehr eingenommen. In dieser "unheimlich stillen Welt" höre der Leser kein einziges der gesprochenen Worte. Die beiden Bauern würden sie ein klein wenig an die beiden Bauern in "Romeo und Julia auf dem Dorfe" erinnern.

Fleischanderl: "Reizvolle Erzählhaltung"

"Sehr reizvoll" sei die Haltung des Autors, die Kamera auf zwei Leben, zwei Gehöfte zu richten und "draufzuhalten", schloss Karin Fleischanderl sich der wohlwollenden Kritik ihrer Kollegen im Großen und Ganzen an, "auch wenn diese Haltung manchmal nicht ganz durchgehalten" sei, weil der Autor "zu viel weiß" - was sich ihr durch den "ironischen Tonfall" des Autors verrate.

 

Burkhard Spinnen (Bild: Johannes Puch)Burkhard Spinnen (Bild: Johannes Puch)

Spinnen: "Versuch der Selbstkompostierung?"

"Vielleicht besteht das Verbrechen darin, sich bei Google-Earth einzuschreiben, vielleicht habe man es aber auch mit einem besonders ausgeklügelten  Versuch der Selbstkompostierung zu tun, mutmaßte Juror Paul Jandl, der meinte man hätte es bei dem Text  mit einer "mathematischen Versuchsanordung" zu tun: "Kegel, Kreis, Linie - fast wie eine mathematische Gleichung".  Das gehe auf, sei gut gemacht, so Jandl, ihn hätte darüber hinaus aber interessiert, ob es denn zu einem Verbrechen gekommen sei.  "Man kann den Text mehrmals lesen und sich verschiedene Lesarten zurechtlegen".

Doch diese Makellosigkeit missfiel

"Das ist makellos, ja" begann Burkhard Spinnen, dem gleich anzumerken war, dass gerade dieser Umstand ihm mehr als missfiel. "Ich habe das mehrmals fasziniert gelesen, auch weil ich Google Earth-Junkie bin". Die "Draufsicht" lasse "unendlich viele Spiele" zu, da der Text ja tatsächlich versuche, Google Earth als Erzählperspektive in die Literaturgeschichte einzuführen.

"Mein Problem am Text ist die Herzlosigkeit"

Sein großes Problem sei jedoch die "Herzlosigkeit" des Textes, von der er nicht wisse, wie damit umzugehen sei. Die Figuren wären "von vorneherein verloren und verdammt".  Absolut perfekt und makellos sei der Text gemacht, er aber frage sich: "Wozu dient es - ich weiß es nicht!"

Meike Feßmann und Alain Claude Sulzer (Bild: Johannes Puch)Meike Feßmann und Alain Claude Sulzer (Bild: Johannes Puch)

Feßmann: Dem Text fehlt das Imaginäre

Meike Feßmann missfiel auch einiges, etwa, dass der Text "das Reale" abbilde, während ihm das Imaginäre gänzlich fehle:  "Der Text greift nur auf äußere Bilder zu - das ist zunächst ganz interessant, aber der Text ist zu selbstbezüglich und schließt sich gegen jede Teilhabe ab.

 "Nein, ein "klarer Blick auf die Wirklichkeit"

Karin Fleischanderl wiederum gefiel der "kalte Blick auf die Wirklichkeit", sie hätte jedoch einige Sätze "weggelassen". Trotzdem: "Ein sehr reizvoller Text".

Barbara Johanna Frank

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