Christian Fries (D)

Mit dem Autor Christian Fries, vorgeschlagen von Paul Jandl, ging es am Nachmittag weiter. Sein Text "Hutmacher, privat" brachte das Publikum zum Lachen - die Jury fand es teilweise aber gar nicht komisch.

Nöte einer psychosomatischen Existenz

Fries' Text erzählt von einem Schauspielschüler, einer "psychosomatischen Existenz" (Paul Jandl) der durch die späte Scheidung seiner Eltern emotional aus der Bahn geworfen wird, während es mit seiner Karriere durch eine TV-Serie blitzartig steil bergauf geht. Wilhelm Reich, Sigmund Freud und Friedrich Nietzsche spielen ebenfalls "ihre" Rolle in dem trotz aller Komik philosophischen Text.

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Lesung
Diskussion

 

Winkels fungierte als Spaßbremse

Als erster fungierte Hubert Winkels als selbsternannte "Spaßbremse", wohlwissend, sich damit den Missmut des Publikums zuzuziehen: Dennoch verstand er, wie er erklärte, den Text, in dem sich Kalauer an Kalauer reihe, als den "misslungenen Versuch", ihm Humor "einzubläuen". Zwar bediene sich der Text der Philosophie und verschiedener Milieus, das jedoch ohne jeden "Bezugspunkt", wohin das ganze hinaus wolle.

"Nach zwei Seiten ist meine Bereitschaft zu lachen erschöpft", am Ende bleibe er, Winkels, nur "verdrossen" zurück.

 

Christian Fries (Bild: Johannes Puch)Christian Fries (Bild: Johannes Puch)

Feßmann: "Lachen herausgekitzelt"

"Man merkt, dass der Autor Schauspieler ist", sprach Meike Feßmann den Vortrag des von einem Notenständer ablesenden Autors an. Dieser habe dem Text aus ihrer Sicht jedoch "geschadet"  und das Lachen regelrecht aus dem Publikum "herausgekitzelt". Bei der stillen Lektüre hätte sie der Text nämlich, angesichts des gewählten "Tones" in ein "leichtes Staunen" versetzt: "Nämlich wie seltsam die Dinge doch laufen können" - der ernsthafte Unterton sei durch den Vortrag verschwunden.

Jury (Bild: Johannes Puch)Jury (Bild: Johannes Puch)

Fleischanderl: "Witze über Sex"

Vordergründig witzig" nannte Karin Fleischanderl den Text die sich dessen "Witzigkeit" versperrte -  überhaupt sei es leicht, in einer "verklemmten Welt" Witze über Sex zu machen. "Zu flapsig" sei ihr diese "Wuchteldruckerei" - wobei der österreichischen Jurorin natürlich nicht erspart blieb, diesen Ausdruck für die deutschen Kollegen übersetzen zu müssen: "Eine Pointenschleuder".

Sulzer: "Nicht-Gefühl für Figuren"

"Ein Problem" hatte auch Alain Claude Sulzer mit dem Text:  "Und zwar was mein Nichtgefühl für die Figuren betrifft". Der Autor "interessiere" sich offenbar nicht für seine Figuren, jedenfalls fühle er sie sich nicht nähergebracht. Ihn lasse das Gefühl nicht los, der Autor habe für Klagenfurt aus einem umfangreichen Roman verschiedenste Szenen zusammengesucht.  

Keller: "Vortrag machte Text plastischer"

"Erheblich plastischer" wurde der Text durch Fries' Darbietung für Jurorin Keller: Man bekomme es hier mit einem "wilden Ich-Erzähler" zu tun, der seinen Brennpunkt auf die verschiedensten Phänomene der Gesellschaft lenke - auf aktuelle, wie auch auf nicht aktuelle.

Burkhard Spinnen (Bild: Johannes Puch)Burkhard Spinnen (Bild: Johannes Puch)

Jandl: "Erinnerung an groteske russische Literatur"

Paul Jandl sah in den vorgebrachten Vorbehalten seiner Kollegen auch die alte "Furcht des Kritikers", sich "unter seinem Niveau zu unterhalten". Er fühlte sich mit dem Text an die groteske russische Literatur des vorigen Jahrhunderts erinnert.

Im Ich-Erzähler, einer "sehr naiven und schillernden Figur"  würden sich Einfalt und Intellektualität paaren. "Ein leichter Text, der sehr viel unterbringt", so Jandl, und dem nicht vorgeworfen werden könne, "dass man ab und zu lachen muss".

Spinnen: "Für Klagenfurt Highlights komponiert"

Burkhard Spinnen machte dem Autor den nicht geringen Vorwurf, er habe für Klagenfurt "Highlights" komponiert. "Das erinnert mich an bisschen an eine kalte Platte mit den besten Kanapees darauf", so Spinnen, der sich trotz einer gewissen "Eingenommenheit" für den Text durch diesen Umstand auch ein bisschen um einen "wirklichen Auszug betrogen" fühlte.

Außerdem habe der Autor als professioneller Vortragender die "doppelte Textmenge" präsentieren können.

Woraufhin sich auch Autor Christian Fries zu Wort meldete: Er habe mit der Auswahl der Kapitel lediglich versucht, das "Klima" des gesamten Textes wiederzugeben.

Barbara Johanna Frank

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