Die TDDL 2011 sind eröffnet

Die zwischen Gypsy-Swing, lateinamerikanischen Rhythmen, Balkan und Orient-Jazz beheimatete Musik von "Dobrek Bistro" läutete am Mittwoch den Beginn der Tage der deutschsprachigen Literatur im ORF Theater in Klagenfurt ein.

 

Eröffnung TDDL 2011 (Bild: Johannes Puch)Eröffnung TDDL 2011 (Bild: Johannes Puch)

 

Von "guter" und "schlechter" Literatur

Höhepunkt der Eröffnung war die kritische Beleuchtung von Literatur-Wettbewerben durch den Schweizer Autor und Klagenfurter Redner Urs Widmer. Denn: "Literatur funktioniert nicht nach dem "K.o.-System, in dem am Schluss einer der Sieger ist". Widmer versuchte in "Von der Norm, der Abweichung und den Fertigteilen" die Unterschiede zwischen "guter" und "schlechter" Literatur darzulegen.

 

Eröffnung TDDL 2011 (Bild: Johannes Puch)Eröffnung TDDL 2011 (Bild: Johannes Puch)

 

"Mainstream" bringt Literatur nicht vom Fleck

Die Sprache sei ein "großer Fertigteilbaukasten", aus dem sich jeder Autor "mit mehr oder weniger großer Geschicklichkeit" bediene. Hüten müsse sich jeder vor dem "allzu gern Gelesenen", dem allzu "Vertrauten".

Widmer: "Man nennt das Mainstream, und der Mainstream ist nichts Verwerfliches, er bringt nur die Literatur nicht vom Fleck".

Er gab den Autoren damit auch die indirekte  Warnung mit auf den Weg, nur ja nicht damit anzufangen "gut" oder "schön" schreiben zu wollen. Im Idealfall schreibe "es", schreibe sich der Text selbst, der Autor sei "sein Medium" - der übrigbleibende Rest: "Arbeit"

"Gute Bücher gehen dem Vertrauten nicht aus dem Weg, aber sie reiben sich an ihm durch Abweichungen".

 

Video des Eröffnungsabends


URS WIDMERS Klagenfurter Rede:

"Von der Norm, der Abweichung und den Fertigteilen"

 

Lorenz: Preisgeld "demokratisch" aufteilen

Fast meinte man bei dieser Eröffnung angesichts auslaufender Arbeitsverträge und der damit drohenden, letzten Teilnahme am Bewerb auch ein wenig Wehmut zu verspüren - so der Fall bei Clarissa Stadler, Willy Haslitzer und Wolfgang Lorenz. Letzterer sollte später noch mit dem Vorschlag aufhorchen lassen, man möge in diesem Jahr das Preisgeld doch "demokratisch" auf alle teilnehmenden Autoren aufteilen.

 

Eröffnung TDDL 2011 (Bild: Johannes Puch)Eröffnung TDDL 2011 (Bild: Johannes Puch)

 

Ingeborg Bachmann wäre heute 85 Jahre alt

Moderatorin Clarissa Stadler erinnerte an den 85 Geburtstag Ingeborg Bachmanns, den die in Kärnten geborene Autorin dieser Tage gefeiert hätte. Es sei, so Stadler - angesichts der erst vor kurzem als Buch aufgelegten Radiosoap "Die Florianis" - beruhigend zu wissen, dass auch Bachmann  "Gebrauchsliteratur" geschrieben habe: Trotzdem sei das ungefähr so als würde bekannt werden, dass Peter Handke ein paar Folgen der Lindenstraße geschrieben habe.

 

Eröffnung TDDL 2011 (Bild: Johannes Puch)Eröffnung TDDL 2011 (Bild: Johannes Puch)

 

"Bachmann-Preis goes worldwide"

"Ja, das Ding ist ganz schön gewachsen", konstatierte Hausherr und Landesdirektor Willy Haslitzer in Hinblick auf die Anfangstage des Ingeborg Bachmann-Preises und die beiden Initiatoren Humbert Fink und Ernst Willner.

Er begrüßte die versammelte "Bachmann-Preis-Familie" und die Vertreter von Politik und Medien auf herzlichste und erzählte von seinem Traum, gemeinsam mit Michaela Monschein das Projekt "Bachmann-Preis goes worldwide" in New York vorzustellen.

 

"Handverlesene Übersetzungen"

Das Internet-Projekt "Bachmannpreis goes Europe" habe indessen bereits 35 Übersetzungen nach sich gezogen, darunter auch welche ins Ägyptische, Chinesische und Koreanische. Jeder der teilnehmenden Autoren könne deshalb ein Gewinner genannt werden, weil er auf einer "internationalen Plattform" in "handverlesenen Übersetzungen" erscheine.

 

"Dracula, Dracula" für Michaela Monschein

Auch der schon lieb gewordenen Tradition, der Organisatorin des Bewerbes ein besonderes Buchgeschenk zu überreichen, kam Haslitzer nach: Michaela Monschein wurde eine Ausgabe des vor 40 Jahren erschienenen H.C. Artmann-Buches "Dracula, Dracula", überreicht, von dem es nur etwa 500 Exemplare gibt.

 

Eröffnung TDDL 2011 (Bild: Johannes Puch)Eröffnung TDDL 2011 (Bild: Johannes Puch)

 

Neuer Sponsor: VILLIglas

Der Hausherr stellte neben kelag-Vorstand Harald Kogler, dessen Firma dem Bachmann-Preis schon seit neun Jahren die Treue hält, auch den neuen Sponsor des Publikumspreises in diesem Jahr vor: Phillip Daniel Merckle von VILLIglas. 

 

Eröffnung TDDL 2011 (Bild: Johannes Puch)Eröffnung TDDL 2011 (Bild: Johannes Puch)

 

"Faszinierend, dass nie Routine aufkommt"

Klagenfurts Vizebürgermeister Albert Gunzer betonte, dass die Stadt viel in die Kultur und Literatur investiert habe, angefangen bei der öffentlichen Sichtbarkeit des Bewerbes in der Innenstadt, aber auch beim Ausbau des Musilmuseums. Faszinierend am Bachmann-Preis sei, dass nie Routine aufkomme. Er bescheinigte dem Bewerb einen besonderen "Kick und Esprit" und wünschte der Jury dann noch ein "stressfreies Urteilen".

 

Wieder in der Jury: Daniela Strigl

Bei der Jury ist (fast) alles beim alten geblieben, wieder mit im Team ist allerdings Daniela Strigl.

 

Jury

 

Eröffnung TDDL 2011 (Bild: Johannes Puch)Eröffnung TDDL 2011 (Bild: Johannes Puch)

 

3sat-Chef: "Es gilt das geschriebene Wort"

"Es gilt das geschriebene Wort" betonte Hubert Novak von 3sat Österreich in seiner Rede den ideelen "Leitsatz" des Ingeborg Bachmann-Preises.

"Das Wort hat, das Wort ist die wahre Macht der Gattung Mensch". In Zeiten der "Hyperinflation des Wortes" durch Email und SMS sei der Bachmannpreis  ein "Festspiel des Wortes" zu nennen.

 

Eröffnung TDDL 2011 (Bild: Johannes Puch)Eröffnung TDDL 2011 (Bild: Johannes Puch)

 

Lorenz: "Alle Pointen schon weggefressen"

ORF Programmdirektor Wolfgang Lorenz gab sich in seiner schon traditionell kulturpessimistischen Rede zwar "ein bisschen verwirrt", glänzte aber auch heuer mit bissig-hurmorigen Kommentaren. Nach einer Spitze in Richtung Clarissa Stadler (Ist ihr Kleid aus dem ORF Fundus oder haben sie es neu gekauft?) trauerte Lorenz ( als Redner Nummer 5) den bereits "abgestochenen Pointen" nach: Alle Pointen wären "schon weggefressen".

Als er, Lorenz, von Ingeborg Bachmanns Ausflug in die Gebrauchsliteratur (Anm. gemeint sind "Die Florianis") erfahren habe, hätte es ihn "fast von der Klosschüssel gehaut": "Das ist, als wenn die Diva von nebenan mit der WC-Ente durchbrennt". 

 

Eröffnung TDDL 2011 (Bild: Johannes Puch)Eröffnung TDDL 2011 (Bild: Johannes Puch)

 

"Spinnen wird Bohlen in die Schranken weisen"

Lorenz erklärte den Wettbewerb zur "resistentesten und möglicherweise renitentesten Casting-Show" und meinte dann vorausschauend: "Wir werden vier Tage lang gebannt zuschauen, wie Herr von Spinnen Dieter Bohlen in die Schranken weisen wird".

 

"Piefkische" Eröffnungsrede durch Spinnen

Vor der Auslosung der Lesereihenfolge und weiteren musikalischen Ausflügen mit Dobrek Bistro ging Juryvorsitzender Burkhard Spinnen daran, eine launige, "piefkische" Eröffnungsrede zu halten - die sich allerdings meist im Konjunktiv bewegte. Seine Fiktion: Der Bachmann-Preis habe bereits vor 14 Tagen stattgefunden, der Irrtum läge ganz beim Publikum, das sich nun mit der Wiederholung alles bereits Gesagten zufrieden geben müsse. Den Autoren gab er den guten Rat mit auf den Weg, die Reihenfolge, in der sie zu lesen hätten, nicht allzu ernst zu nehmen - auch wenn sicher etwas daran sei, wenn behauptet werde, dass die ersten Lesenden auf eine noch unausgeschlafene, die letzen auf eine nicht mehr ganz so konzentrierte Jury träfen. Die richtigen Texte würden sich aber, so oder so, gegen alle Zufälligkeiten durchsetzen.

 

Eröffnung TDDL 2011 (Bild: Johannes Puch)Eröffnung TDDL 2011 (Bild: Johannes Puch)

Dann ging man im ORF-Theater daran, die Auslosung der Lesereihenfolge zu ermitteln um den Abend schließlich beim Gartenfest ausklingen zu lassen.

Die Lesereihenfolge 2011

Seitenblicke: Gartenfest im ORF-Park

 

Banner_TDDL2011 (Bild: ORF)Banner_TDDL2011 (Bild: ORF)