Virtuelle Stadtbibliothek mit Projekt INGEBORG

Klagenfurt ist die einzige größere mitteleuropäische Stadt ohne Stadtbibliothek. Umso erfreutlicher, dass fast zeitgleich mit dem Bachmann-Preis am 3. Juli das Netzkulturprojekt INGEBORG startet, das gleich die ganze Stadt via NFC-Tag, bzw. QR-Code zur Bibliothek macht.

70 auffallende Sticker laden ab Dienstag in ganz Klagenfurt zum Download von E-Books ein. 50 davon befinden sich an Bushaltestellen der Klagenfurter Stadtwerke. Um sich ein Buch herunterzuladen, hält der Nutzer lediglich sein NFC-fähiges Smartphone auf den gelben Sticker oder fotografiert den darauf befindlichen QR-Code. Geboten werden in der Startphase 70 Klassiker der Literatur, deren Urheberrecht bereits abgelaufen ist.

Projekt Ingeborg (Bild: Pingeb.org)Projekt Ingeborg (Bild: Pingeb.org)

E-Literatur passend zum Standort finden

Die Werke haben vielfach einen Bezug zum jeweiligen Ort. So findet sich Arthur Schnitzlers „Der Mörder“ in der Nähe der Bundespolizeidirektion, Hugo von Hofmannsthals „Jedermann“ am Dom oder Shakespears „Sommernachtstraum“ beim Strandbad. Wie in jeder Bibliothek gibt es auch beim Projekt Ingeborg nicht nur Belletristik. Am Kreuzbergl kann man sich Michael Edmunds „Führer für Pilzfreunde“ aus dem Jahr 1917 herunterladen. In der Nähe des Planetariums erlebt man Abschätzungen über die Auswirkungen eines Kometenabsturzes des 1842 verstorbenen August Gelpkes. In der Nähe des Kinomuseums findet sich ein Sticker zu Hermann Häfkers "Kini und Erdkunde" - der Autor starb am 27.Dezember 1939 als politischer Häftling im KZ Mauthausen.

Ab August als Plattform für Autoren, Musiker, Kreative offen

Wenn man E-Books auf diese Art und Weise verteilen kann, dann lässt sich jede Art von digitalen Inhalten so verbreiten. In diesem Sinne stellt pingeb.org ab August stellt seine Infrastruktur jungen Autorinnen und Autoren sowie Nachwuchsbands sowie anderen Kreativen zur Verfügung. Sie können so Texte oder MP3-„Demotapes“ zu Promotionzwecken in ganz Klagenfurt verteilen. Die Laufzeit von pingeb.org ist vorerst auf ein Jahr begrenzt. Tests zeigten, dass man sich um die Haltbarkeit der verwendeten NFC-Tags und Sticker auch im Winter keine Sorgen machen muss.

Die Technik dahinter

Unter den Stickern befindet sich ein so genannter NFC-Tag. Dabei handelt es sich um einen winzigen Chip, der seine Informationen über eine große Antenne an das Smartphone übergibt, sobald dieses aufgelegt wird. Weil nicht jeder ein NFC-fähiges Endgerät hat, bieten die Sticker auch einen aufgedruckten QR-Code. Beide führen zu einer mobilen Website, welche die Inhalte zum Download bereitstellt.

Als Basis für die Inhalte dient das OpenSource-CMS WordPress. Die Adressen der mobilen Webseiten wurden absichtlich kryptisch (z.B. pingeb.org/2s3mhi) gefasst und Google von inhaltsspezifischen Seiten ausgesperrt. So müssen die Klagenfurterinnen und Klagenfurt die Aufkleber bewusst nutzen, was aber auf viele kleine Überraschungen hoffen lässt.

Pingeb.org: "Beitrag zur Novellierung des Urheberrechts"

Die E-Books von pingeb.org stammen größtenteils aus dem Projekt Gutenberg (www.gutenberg.org). Die Non-Profit-Organisation hat es sich zur Aufgabe gesetzt, gemeinfreie Werke wieder einer größtmöglichen Leserschaft zugänglich zu machen.

Neben der virtuellen Stadtbibliothek (in einer Stadt, die keine Bibliothek hat) will Projekt Ingeborg auch einen Beitrag zur laufenden Diskussion rund um eine längst fällige Novellierung des Urheberrechts liefern.

Wo sich die Sticker befinden (nicht jedoch deren Inhalt), verrät eine Karte auf der Projektwebsite: PINGEB.ORG