Tex Rubinowitz (A/D) Jurydiskussion
Ein Mann und eine Frau, die sich „wie zwei Magnete“ abstoßen, die lapidare Nachricht: „Ich bin weggegangen. Wenn ich in 50 Minuten nicht zurück bin, komme ich gar nicht mehr. Brauchst nicht zu warten“ – darum entspinnt sich Tex Rubinowitz' Text.
Text ein "Glücksfall"
Hubert Winkels nannte den Text einen „Glücksfall“: Hier gehe es um das „Sich-Entziehen“, die Liebe, die an eine Abwesenheit gekoppelt sei. „Das geht bis in alle Details“. Der Protagonist habe das Sich- Entziehen der Frau akzeptiert, und mache daraus eine „verzweifelte Slapsticknummer“, wie bei Chaplin. Es gehe um die „Idee von Liebe“, Winkels lobte außerdem die „schöne metonymische Bewegung“ des Textes, der in einer Art forcierten Umgangssprache geschrieben sei. „Klug und schön gesetzt“.
Tex Rubinowitz hat auf ein Videoporträt verzichtet.
"Liebe ohne literarische Bedeutungsschwere"
Auch Arno Dusini lobte den „erfrischenden Effekt“ der Erzählung, in der die „Liebe ohne literarische Bedeutungsschwere“ verhandelt werde. Das hole nicht weit aus, sei aber sehr souverän gemacht. Es gehe wie im Titel bereits anklinge um die Frage: Ist man da, ist man nicht da? Kommt jemand, bleibt jemand? Bemerkenswert fand der Juror auch die Choreographie der Szene, ein „souveränes Stück Understatement“. Die Leistung des Textes bestehe vielleicht auch darin, dass dieser sich selbst nicht „aushalte“.
„Der Mann macht sich zum Affen“, stellte Meike Feßmann fest, meinte aber weder Arno Dusini noch den Autor, sondern den Ich-Erzähler. Er sei ständig in die Position des um die Frau „Herumtänzelns“ gedrängt, „pralle“ aber von ihr ab. Dieses Verhältnis sei – abgesehen von den Pointen - der eigentlich Ursprung der Komik des Textes. Als „Irma“ dann in die schwächere Position komme, verliere sich auch die Komik des Textes. „Sehr gelungen“.
"Wolf Haas lässt grüßen"
Hildegard Elisabeth Keller sah einen „lakonischen Ich-Erzähler mit Sex-Appeal“ am Werk: „Das muss man erst einmal zustande bringen.“ Eine „kleine poetische Studie über die Negation“ sei das, „Wolf Haas lässt grüßen“. Es gehe um Verdoppelungen und Selbstbefragungen. Sie sah im Text den „Kommentar über die Erzählbarkeit einer Erzählung“ und eine „Beziehung, die keine sein will“. Trotzdem „hänge“ der Text an manchen Stellen etwas „durch“, ihr Tipp: „Weiterarbeiten“.
Juri Steiner meinte, die hohe Selbstreflexion des Textes erlaube diesem den „Pointenregen“. Der Erzähler „segmentiere“ sein Leben, eine „Anti-heldenhafte Existenz“ – immerhin habe sich das alles vor 30 Jahren zugetragen: „Was ist dazwischen passiert?“. „Ein Readymade, eine Junggesellen-Maschine, bis sich Irma erschöpft“. An Marcel Duchamps Grabstein „befreie er sich“.
"Redseliger Lakoniker mit Sexappeal"
„Ein Autor kann sich glücklich schätzen, wenn er so intelligente Leser hat, die auf alles draufkommen“, hieß es dann von Daniela Strigl. Selten habe sie im Sinne Keller einen so „redseligen Lakoniker mit Sexappeal“ gesehen. Dieser sei nie um Worte verlegen, wobei aber natürlich schon mit einer großen Beiläufigkeit gesprochen werde. Und: „Nicht alles was nach Sprechen klingt, ist gleich Wolf Haas“ – auch wenn es sein könne, dass Tex Rubinowitz Literatur mittlerweile eine österreichische Färbung angenommen habe. „Bitte hier nichts mehr ändern, das ist gut so wie es ist“. Der Erzähler, ein „Charisma-Radiergummi“, mache sich angreifbar mit seiner „Verzweiflung“, seiner „Melancholie“ aber auch dem „Witz“ – eine „merkwürdige Liebesgeschichte“.
"Leicht desorientiertes Erstsemester"
Auch Burkhard Spinnen wollte eine „kleine Anmerkung“ loswerden. Denn: „Das ist ja nicht irgendeine Liebesgeschichte, sondern die erste Freundin – zumindest ist das für Männer so, für Frauen kann ich nicht sprechen.“ „Leicht desorientiert“ sei er, dieser „Erstsemester“ und als Jungfrau „spät dran noch dazu. „Erstes Semester, Jungfrau – Hoppla“. Für Spinnen eine Geschichte darüber, wie ein „Apparat aus Wünschen und Vorstellungen auf etwas trifft, das nicht antwortet – und wenn, dann nur Koreanisch.“ „Aber, mein Lieber“, und hier wandte sich Spinnen direkt an den Autor: „Scheußlich gelesen, so scheußlich, dass es schon fast wieder gut war“.
Strigl widersprach: „Kongenial gelesen – so als hätte der Autor den Text zum ersten Mal gelesen“.
Spinnen beruhigte: „Das geht nie in die Beurteilung ein“.