Sabrina Janesch (D) eröffnete Lesungen

Der Text von Sabrina Janesch ist ein Auszug aus ihrem Debütroman "Katzenberge", der 2010 erscheint. Bei der Jury kam der Text gar nicht gut an.

Empfohlen von Alain Claude Sulzer

"Katzenberge" erzählt von der Umsiedelung ukrainischer Bauern von Gallizien nach Schlesien , die gegen ihren Willen von den Russen per Zug in die Fremde verfrachtet, um dort die verlassenen Bauernhöfe der Deutschen zu besiedeln. Der Text war ein Vorschlag von Juror Alain Claude Sulzer.

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Diskussion

 

Winkels: "Blindstelle der jüngeren Geschichte"

Der Text widme sich einer der "Blindstellen" der jüngeren Zeit-Geschichte, bemerkte Neo-Juror Hubert Winkels eingangs zuerst anerkennend: Der Vertreibung der Deutschen nach dem 2. Weltkrieg.  Das Problem - der Text, dessen Erzähldramaturgie und Gestaltung er bemängelte - müsste diesem heiklen Thema aber eben auch gewachsen sein. Am Ende habe man es mit einer doch "harmlosen Geschichte" zu tun, dessen Mittel aus dem "Setzkasten" stammen würden.

Winkels: "Wenn ich ganz böse wäre, würde ich sagen, Augsburger Puppenkiste - an seinen Einzelheiten zeigt sich, dass der Text nicht gelungen ist".

Erinnerung an Thomas Bernhard

"Ergänzend dazu" erinnerte Paul Jandl an Thomas Bernhards Nachkriegs-Farce "A Doda" Hier sei im Gegensatz zu Bernhard bedenklich, dass die  Gespenster der Vergangenheit" so "ökologisch hochgezüchtet" daherkämen. Mit diesem "Touch von Magie" fühle er sich im Setting nicht wohl, so Jandl.

Sabrina Janesch (Bild: Johannes Puch)Sabrina Janesch (Bild: Johannes Puch)

Sulzer versuchte zu beschwichtigen

Hier versuchte Juror Alain Claude Sulzer dann beschwichtigend einzugreifen und "die Geschichte eines einfachen Mannes, der aus einfachen Dingen Großes macht", zu verteidigen. Das am Anfang des Textes gegebene "Versprechen auf Unheimliches" werde in der Geschichte auch eingelöst. "Zentral ist", so Sulzer, "der Mann kommt in eine fremde Gegend, und was ihn umgibt, ist feindlich". Das sei "alles gut vorstellbar".

"Vorzüge verkehren sich ins Gegenteil"

Meike Feßmann meinte dann, dass sich gerade die Vorzüge des Textes in sein Gegenteil verkehren würden: Die ländliche Stimmung sei nämlich in Bezug auf das Thema "überinstrumentiert". "Die Enkelin ist die Aufbereiterin des Stoffes, den der Großvater erzählt hat - und setzt noch eines drauf".

"Zu brav"

"Mich berührt diese Geschichte überhaupt nicht", begann dann auch Karin Fleischanderl, ihre negative Kritik darzulegen. Ihr würden der Schrecken und das Grauen dieser Zeit durch den Text nicht vermittelt. Sie verlangte eine "wildere, brutalere Sprache", die dem Thema eher angemessen sei. "Zu brav!"

Zeitdehnung gefiel

Hildegard Elisabeth Keller brach dann doch eine Lanze für dem Text, dem sie eine gelungene Erzähldramaturgie attestierte: "Mit gefällt die Zeitdehnung dieser ersten Nacht sehr". Das Individuum, der Großvater, werde durch die Enkelin leider etwas farblos wiedergegeben. "Das ist eigentlich eine banal-krude Geschichte, der Protagonist macht sich einen Kadaver bewohnbar".

Spinnen wollte zuerst gar nichts sagen

Juryvorsitzender Spinnen, der sich angesichts redundanter Wortmeldungen zuerst seines Rede-Beitrags entschlagen wollte, fügte schließlich noch hinzu: "Die Geschichte steht und fällt damit, wie gut es ihr gelingt, eine historische Entfernung herzustellen. Diese Spanne zwischen Großvater und Enkelin wäre das eigentlich Interessante - aber hier haben wir es eher mit einem Wesen mit zwei Mündern oder einem Mund mit zwei Köpfen zu tun".

Jury (Bild: Johannes Puch)Jury (Bild: Johannes Puch)

"Thematisch reizvoll"

Alain Claude Sulzer versuchte dann noch einmal zu retten, was zu retten war und warf ein, dass diese "thematisch reizvolle Geschichte" in einem sehr schönen Fluss erzählt sei. "Das ist keine billige Horrorgeschichte, wir wissen doch alle dass die Welt schlecht ist, wozu sollten wir also noch aufgerüttelt werden?

"Lassen wir es so" kommentierte Autorin Sabrina Janesch schließlich die Diskussion.

Barbara Johanna Frank

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