Volker H. Altwasser (D)
Harry Altwasser, zweiter Vortragender des 1. Lesevormittags, erzählte in "Letzte Fischer" vom langsamen Absterben der Hochseefischerei, und den Entscheidungsnöten eines "jungen, ehrgeizigen Mannes", der sich zwischen Meer und Frau entscheiden muss - und fiel durch.
Autorenporträt
Lesung
Diskussion
"Kann Anspruch nicht einlösen"
"Auch dieser Text ist nicht im Stande, seinen Anspruch nicht einlösen", eröffnete Karin Fleischanderl die Diskussion, die schließlich in der altbekannten "Klagenfurter Frage" münden sollte, ob ein Text auch hinsichtlich seines Kontextes - Altwassers "Letzte Fischer" ist Teil einer Romantrilogie - besprochen und bewertet werden darf.
Verbindung zu Moby Dick
Fleischanderl konnte mit dem Text, der "einerseits realistisch erzählt", andererseits mythologische und literarische Anspielungen aufweise, nichts anfangen. "Es sind zwei Worte: Ismael und Ahab. Hier wird die Verbindung zu einem der berühmtesten Romane der Weltliteratur hergestellt: Moby Dick. Dem Erzähler stellt sich die Welt also als literarisch vermittelte dar - das wird aber durch die realistisch-banale Erzählung nicht eingelöst".
Außerdem ortete die Jurorin eine "Diskrepanz zwischen dem durch den Text hergestellten Männlichkeitsmythos, dem Leben auf dem Meer, und dem banalen Leben zu Hause.
Meer oder Frau?
Auf dem Meer leben oder doch ein beschauliches Dasein auf einer Fischfarm mit der eigenen Frau führen - das wären, so Juror Paul Jandl, die "ewigen Schicksalsfragen" des Mannes. "Es stecken zwei Texte drin, aus dem einen hätte man sehr viel machen können, aus dem anderen weniger". Manche Passagen wären sehr dicht und gut gestaltet, auch das Fachwissen habe ihm gefallen.
Aber, so Jandl, wo der Text ins Psychologische abgleite, werde es zur "Peter-Pan-Geschichte", einer "Geschichte fürs Jugendbuch".
Mehrere Geschichten in einer
Auch Alain Claude Sulzer sah mehrere Geschichten in eine verpackt. Die Perspektivenwechsel in der Geschichte wären allerdings unglaubwürdig für einen Er-Erzähler, während der auktoriale Erzähler nur in drei Sätzen vorhanden sei. "Außerdem: Was soll das? Ich lese sechs Mal auf einer Seite das Wort 'Verdammt' - wenn das Absicht ist, dann weiß ich nicht was das soll - oder es ist unsorgfältig".
Respekt für "skurrilen Alltagsvorgang"
Burkhard Spinnen zollte dem Text angesichts seines langen, sich über weite Strecken erstreckenden "skurrilen Alltagsvorgangs" Respekt: "Ich war beim Lesen zu Hause versucht, das alles sofort via Wikipedia zu kontrollieren", um dann in der letzten Sekunde zu bemerken: Halt, das ist ja Literatur.
Die Frage sei, so Spinnen: "Hat die deutsche Literatur die See je besessen? Wahrscheinlich nicht. Kämpft sie noch darum? Mir scheint die Sache literarisch erledigt. Aber ist sie das wirklich?" Ihn, Spinnen, habe der Kunstgriff, die Schiffskonservenfabrik auf See in etwas anderes zu verwandeln, eine Zeitlang sehr "mitgenommen". Allerdings werde die Lage der Figur zunehmend - und das unfreiwillig -satirisch.
"Aber ich finde wunderbar, dass so getan wird, als gäbe es heutzutage noch so etwas exorbitant Kostbares wie es der Pfeffer einmal war".
"Handwerkliches Geschick"
Hubert Winkels stimmte dem allem zu und meinte "handwerkliches Geschick" zu bemerken - "dann beginnt die Literatur aber erst". Die fantastische Idee - die Suche nach der Haut eines kostbaren Fisches - gehe aber leider schief.
Dann entspann sich in der Jury eine Diskussion über die Möglichkeit zeitgenössischer Allegorien.
Hildegard Elisabeth Keller meinte dann noch: "Dieser Text ist reich, auch an Ausrufezeichen, was auf eine gewisse "Sprachnot" schließen lasse.
Barbara Johanna Frank