Meistdiskutierter Text kam aus Kärnten
Ein letztes Mal melde ich mich aus dem Szenezelt vor dem ORF-Theater, auf das der Regen niederprasselt. Die Journalisten, Verleger, Lektoren, Adabeis haben unmittelbar vor der Preisverleihung ein Literaturpreis-Toto gespielt. Es ging um eine Flasche Champagner, die ich wieder nicht gewonnen habe, denn ich habe auf die bisher völlig unbekannte, aber einhellig hochgelobte Österreicherin Caterina Satanik gesetzt.
Zum einen, weil mich ihre gestriger Beitrag sehr angesprochen hat, zum anderen, weil ich gehofft habe, dass vielleicht nach vielen, vielen Jahren wieder einmal eine Österreicherin das Rennen machen könnte.
Aber beim Bachmannpreis funktioniert es ähnlich wie es Gerry Lineker einmal für den Fußball formuliert hat: 14 talentierte Autorinnen und Autoren stellen ihre Texte vor - und am Ende gewinnt ein Deutscher.
Man könnte freilich sagen, in Zeiten, in denen die Grenzen fallen, sei das nicht so schlimm. Und Champagner mag ich ohnehin nicht. Aber Marktgrenzen und Marktwahrheiten bleiben auch im Kapitalismus bestehen!
Ein prominenter Juror der ersten Bachmannpreis-Generation, Volker Hage aus Hamburg, war heuer als Adabei hier, und er hat alles sehr schlecht und traurig gefunden. Die Autoren und ihre Texte sowieso, aber auch die Jury. Er konnte, sagte er, überhaupt nur drei Leuten zuhören. Ich nehme einmal an, das waren seine Landsleute. Wenigstens die Adabeis hat er nicht schlecht gefunden. Das hat mich persönlich sehr gefreut.
Der Text, der heuer am meisten Diskussionen entfacht hat, war aber nicht der Siegertext von Jens Petersen oder der des Publikumspreisträgers Karsten Krampitz. (Ich bin gerade neben dem Herrn gesessen, der neben Krampitz im Flugzeug aus Berlin gesessen ist. Vor dem Abflug, hat er erzählt, hat sich Krampitz beim Arbeitsamt abgemeldet, weil er jetzt ohnehin in Klagenfurt viel Geld bekommen wird. Und er hat recht behalten).
Die am meisten diskutierten Texte waren aber nicht die, sondern die Eröffnungsrede außer Konkurrenz von Josef Winkler. Der wahre Dichter kommt, sagt, was er zu sagen hat und geht wieder, setzt sich aber dem Pingpong der Kriterien seiner Kritiker nicht mehr persönlich aus. Dass ausgerechnet der Bachmannpreis heuer diese Botschaft vermittelt hat - das war sehr schön, das hat mich sehr gefreut.
Egyd Gstättner