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HANNO MILLESI |
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Kontroverse über Sprache des Jugendlichen
Hanno Millesi trat mit dem Text "Werktagsüber" in Klagenfurt an. Daniela Strigl hatte den in Wien lebenden Autor zu den Tagen der deutschsprachigen Literatur eingeladen.
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Vormittage im Park statt in der Schule
Der Text erzählt von einem Jugendlichen, der von der Schule verwiesen wird und seine Vormittage stattdessen in einem Park verbringt.
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Hanno Milesi
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Heinrich Detering |
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"Langweilig mit klappernden Wechseln"
Heinrich Detering kritisierte: "Der Text verliert sich zu lange im Versuch realistischer Beschreibungen." Falls es sich um "Rollenprosa" handle, sei der eingehaltene "Dauerton" für einen Schüler "unglaubhaft".
Der Text sei in seiner dreiteiligen Konstruktion "langweilig" und "schematisch" und weise "klappernde Wechsel" auf: "Der Text hat erst am Schluss an Fahrt aufgenommen, aber da hatte er mich schon verloren", so Detering.
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Ilma Rakusa |
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"Rollenprosa geht nicht auf"
Ilma Rakusa schloss sich dem an, die Sprache sei für einen Schüler "unglaubwürdig" und fast "beamtenhaft" zu nennen.
"Hier geht die Rollenprosa nicht auf", so die Jurorin. Der Ton sei "zu souverän" und verrate eine zu "große Überlegenheit" des Erzählers.
Wenn schon Rollenprosa, dann müsse diese mehr "Radikalität" und "Konturiertheit" aufweisen. Das Groteske des Textes am Schluss zeige sich letzlich "zu spät".
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Martin Ebel |
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Kritik an "schematischer Konstruktion"
Martin Ebel meinte: "Das ist ein lustiger Text mit einem gar nicht lustigen Thema: Absturtz, Ausgrenzung, Versagertum".
Interessant sei, dass die "Ideologie der Ausgrenzung" von den Ausgegrenzten selber am "stärksten vertreten" werde. Diese sei ein "Selbstmordprogramm", aus dem sich der Schüler nur in eine Scheinwelt flüchten könne. Diese bedinge jedoch auch eine Scheinsprache im "Büroton", in der alles in Ordnung sei.
Hier werde keine "realistische Szenerie" ausgebreitet, allerdings sei die Länge des Textes und dessen schematische Konstruktion zu bemängeln: "Das klappert mir dann doch zu sehr, da wird was zu Tode geritten."
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Martin Ebel
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Burkhard Spinnen |
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Neue Aspekte fehlen
Spinnen meinte, das Motiv des "Als-ob-Lebens" und des "Weitermachens", wenn es nicht weiter geht, sei ein sehr bekannter Topos. Er habe schon Dutzende solcher "Suhrkamp-Geschichten" eines "Lebens, das nur aus Fassade besteht", gelesen. Dieser Topos reize zwar immer noch, allerdings sei es dann notwendig, der "Geschichte dieses Topos etwas Neues hinzuzufügen".
"Nicht wirklich gelungen" sei der Umstand, dass der Autor es verabsäumt habe, dem Schüler "eine eigene Sprache für dessen Überkompensation" zu geben.
"Der Ton der Geschichte ist schon allzu oft da gewesen, obwohl die großartige Chance bestanden hätte, sich mal anzuhören, wie das mit 17 klingt", bedauerte Spinnen.
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Iris Radisch |
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"Uneigentlichkeit" durch "Ironiesignale"
"Also ich traue dem Text mehr Verspieltheit zu", entgegnete Iris Radisch. Dieser sei nicht als "Erfüllung eines Genres oder Topos" gedacht. Dafür sprächen die "vielen Ironiesignale" die auf eine "gewisse Uneigentlichkeit" deuten würden.
Radisch ortete im Text "eine herzergreifende Naivität und Einfachheit", die nur im "Rahmen eines Spiels" erklärbar sei. Der Text würde an "absurde Clownerien" erinnern.
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Iris Radisch
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Klaus Nüchtern |
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"Ganz charmant und nicht unwitzig"
Nüchtern zeigte sich erleichtert, die "realistische Rollenprosa" vom Tisch zu wissen. Der Witz der Geschichte würde auf der "Inadäquatheit der Phraseologie oder des Idioms und der Figur" beruhen.
"Ich finde wir haben heute einen ganz wunderbaren Nachmittag, jetzt lachen Martin Ebel und ich schon über die gleichen Sachen - das wird noch in eine Orgie der Harmoniesucht ausarten", meinte Nüchtern.
Die Phantasie des Schülers schwanke zwischen "Monstren an Fürsorglichkeit und Sadismus" hin und her. Der Text sei "ganz charmant und nicht unwitzig" erzählt. Nüchtern zog die Parallele zu "Holden Caulfield", dem Protagonisten des "Fängers im Roggen". Der Protagonist habe hier keine "eigene authentische Jugendsprache" bekommen, weil er damit als "putzig-dämonischer Früherwachsener" charakterisiert werde.
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klaus Nüchtern
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Daniela Strigl |
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"Altkluges, monströses Kind"
"Ich bin froh, dass damit die Sprache soweit erklärt wurde", meinte Daniela Strigl und fügte hinzu: "Hier spricht ein durch und durch monströses Kind, das offenbar altklug ist und noch nie vom Jahr 68 gehört hat."
Der Protagonist sei ein "gewaltsamer Harmoniekonstrukteur", der die "Simulation der bürgerlichen Familie" gewaltsam aufrechterhalten wolle. "Hier versucht einer, die Welt mit Gewalt zusammen zu halten", meinte Strigl. Der Protagonist bewege sich in der Erwachsenensprache wie in der Erwachsenenwelt - "nämlich ohne irgendwo anzustoßen".
"Hätte dieser die Sprache eines 17-jährigen, würde man der Geschichte den Lebensnerv ziehen", meinte Strigl, das sei "Pseudorealismus von Anfang an".
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Daniela Strigl
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Karl Corino |
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"Der ganze Text funktioniert nicht"
"Im maximalen Fall handle es sich bei dem Text um den Versuch, ein Ufo-Stückerl über drei betrogene Betrüger zu schreiben", sagte Corino.
Allerdings sei die "transzendentale Frage nach den Bedingungen der Möglichkeit" zu stellen denn: Der Text sei "ohne Kenntnis der Verwaltungspraxis" nicht zu verstehen.
"In welchen Fällen wird denn ein Schüler in Österreich der Schule verwiesen? Ich habe mich erkundigt", meinte Corino, dessen Jurykollegen ob seiner "Recherchierwut" in Heiterkeit gerieten.
Ein Schulverweis sei ein "Instanzenverfahren", bei dem die "Eltern miteinbezogen werden" müssten, weshalb es "nicht so zugehen" könne, wie in der erzählten Geschichte.
"Der ganze Text funktioniert nicht", so Corino. Daniela Strigl konterte, den Text verteidigend: "Haben sie schon jemals Kafkas Prozess nach juristischen Gesichtspunkten analysiert?"
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Bei "heißen" Texten musste im Publikum gekühlt werden.
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