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JAGODA MARINIC |
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Wenig Begeisterung für Jagoda Marinic
Jagoda Marinic eröffnete als erste von sechs deutschen Autoren den Lesereigen dieses ersten Lesetages im Rahmen der Tage der deutschen Literatur 2007. Die Autorin las auf Vorschlag Martin Ebels den Text "Netzhaut". Die Jury zeigte sich wenig begeistert.
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Ursula März |
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Der Weltekel wird kleingekocht
Ursula März meinte, hier werde das berühmte "Berliner Lebensgefühl" thematisiert, aber: "So durchgehend beklemmend finde ich Berlin gar nicht". Etwas am Text sei einfach nicht "stimmig". Hier werde das große klassische Thema des "Weltekels" "kleingekocht" auf "schlechte Laune und Ressentiments".
Beim Lesen des Textes komme immer wieder das Gefühl auf: "Was ist denn jetzt schon wieder los?" Es werde versucht, "schlechte Laune zu inszenieren", das Ganze gerate aber in "Schieflage", weil die Protagonistin "zu jung" für die Arbeit in einer Bibliothek sei: "So denkt und fühlt ein Pubertierender", schloss März.
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Ijoma A. Mangold |
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Kulturkritik auf "Waldorf-Niveau"
Juror Ijoma A. Mangold kritisierte, ihm sei der Erzähler "nicht genervt genug". Die Wut als Kraft und Motivationsquelle sei zu schwach, zu halbherzig ausgeführt. Außerdem werde die Protagonistin "moralisch ins rechte Licht gesetzt", in eine "moralisch überlegene Position" gebracht. Alles in allem: Zu mutlos. Das sei Kulturkritik auf "Waldorf-Niveau".
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Mangold meinte, alles in allem sei der Text zu mutlos.
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Iris Radisch |
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"Versuch einer Medienkritik aber zu kitschig"
Iris Radisch verteidigte den Text ob seines Versuches, "etwas zur Welt zu sagen": Auch sie halte die Berliner Friedrichstraße schlecht aus. Den Versuch einer Medienkritik halte sie für ungeheuer befreiend. Aber: Die Gegenwelt sei zu Schwach ausgeprägt, die Kritik hätte schärfer ausfallen können. Das sei zu "luftig" geraten und gleite allzu oft ins "Kitschige" ab.
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Ilma Rakusa |
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Das "Wütende" gehört deutlicher artikuliert
Auch Ilma Rakusa "fehlte einiges". Die melancholische Grundstimmung des Textes halte sie für gerechtfertigt, allerdings würde sie gerne mehr darüber erfahren, woher diese komme. Es gebe Andeutungen über die Herkunft, das Milieu der Protagonistin, warum es aber zu diesen "Stimmungen" käme, bleibe unausgeführt.
Das "Wütende" des Textes hätte sprachlich deutlicher artikuliert werden müssen. Der Suada, dem Wahnsinn würden andauernd "Zügel" aufgelegt. "Sie müsste keine Axt schwingen", aber dennoch, so Rakusas Urteil: "Alles in allem: Zu flau".
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ilma Rakusa hielt die melancholische Grundstimmung des Textes für gerechtfertigt, möchte aber wissen, wocher sie komme.
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Daniela Strigl |
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Die Protagonistin ist "mieselsüchtig"
Daniela Strigl meinte, es gäbe ein schönes Wort für die Haltung der Protagonistin: "Mieselsüchtig - das ist ein bisschen weniger als melancholisch, da grantelt jemand auf halber Höhe vor sich hin, nur die Frühlingsrolle stimmt froh".
Sie habe nichts gegen den Text einzuwenden, dieser könnte auch "Nur Ruhe" heißen. Man merke, die Person sei "schwer genervt", außerdem gebe es zwischen der Erzählerin und der Protagonistin eine "deutliche" und bemerkenswerte "Distanz". Die Figur sei nämlich nicht nur sympathisch gezeichnet. Aber: Der Text suche zu oft zu einfache Lösungen, verwende kitschige Formulierungen und sei deshalb "wenig originell".
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Klaus Nüchtern |
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"Wo bleibt die Musik im Text"
Klaus Nüchtern zeigte sich mit seinen Kollegen einig. Den Sarkasmus, die Sentimentalität des Textes kenne man ja: Allerdings hätte er sich nicht wie März "pubertär", sondern "gymnasial" notiert. Der Text komme aus seiner "Perspektive nicht hinaus". "Das kennen wir ja alle. Ich frage mich, wo liegt der Mehrwert, wo wird etwas produziert, das darüber hinausgeht? Wo bleibt die Musik im Text?"
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Während Nüchtern (links im Bild) fragte, wo der Mehrwert des Textes liege, verteidigte Ebel den Text.
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Martin Ebel |
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Autorin hat "enorm konsequent" gearbeitet
Martin Ebel verteidigte: Lösungen für den Weltekel, eine Gegenwelt anzubieten, sei kein Kriterium, nach dem man einen Text beurteilen könne. Die Person leide an "Reizüberflutung", dies werde sehr konsequent umgesetzt. Das Gefühl des Verfolgtseins werde mit "Verve" umgesetzt, hier werde "enorm konsequent" gearbeitet.
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Karl Corino |
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Der Text bleibt "seine Wut schuldig"
Auch Corino stimmte in die Kritik mit ein: Das meiste sei gesagt. Er hätte sich mehr "Furor" gewünscht, der Text attackiere "nicht radikal genug" und "bleibe seine Wut schuldig".
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Andre V. Heiz |
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"Ich habe nichts zu mäkeln"
Juror Heiz meinte, er hätte "nichts zu mäkeln". Es gebe keine "Ästhetik des Ärgers", deshalb gehe die Diskussion auf eine "moralische Ebene". Aber: Genau diesen Umstand müsste er durch seine Machart, seine "Leidenschaft fürs Ärgerliche" zu vermeiden wissen.
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