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CHRISTIAN BERNHARDT |
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Die Jury war sich völlig uneinig
Mit "Was sie hier haben" des deutschen Autors Christian Bernhardt ging der Lesereigen an diesem ersten Lesetag weiter. Bernhardt war auf Vorschlag Klaus Nüchterns nach Klagenfurt gekommen. Die Meinungen der Jury gingen diametral auseinander.
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Ijoma A. Mangold |
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Erzählung aus der Paare- und Passanten-Welt
Juror Mangold konnte sich mit dem Text so gar nicht anfreunden: Es sei eine Erzählung aus der Paare- und Passanten-Welt, wo man sich immer nach den "wahren Gefühlen" sehne, aber wisse, in der "Unverbindlichkeit haften zu bleiben". Sehr gut habe ihm die Idee mit den Terroristen im Porsche gefallen.
Dieses Motiv der Geschichte werde jedoch nicht konsequent genug ausgeführt, der Text versuche seine Diagnose zu stellen und erläutere sich dann selbst anhand poetischer Bilder. Die Themen? Globalisierung, Kapitalismuskritik, Terrorismus, Anything goes Gegenwart. Auch die beiden Hauptfiguren hätten die "fatale Tendenz", seine Gegenwartsdiagnostik ständig auszusprechen.
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Karl Corino |
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Gefühlsimpotenz und stilistische Impotenz
"Man könnte diesen Text auch die Gleichgültigen oder die Nichtigen nennen", begann Karl Corino. Das Lebensgefühl der Entfremdung werde jedoch nicht "Bild". Es falle einem sofort Kafka ein: Gregor Samsa erwache als Käfer, hier habe das Mädchen ein paar Insekten auf die Haut tätowiert.
Er habe den Verdacht, die Gefühlsimpotenz der Figuren gehe mit einer stilistischen Impotenz des Autors einher. Es sei vieles "gleichgültig", wenn etwa das Mädchen vor ein Autor renne und sterbe, um dann wieder aufzustehen, als sei nichts passiert, schloss Corino kopfschüttelnd.
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Karl Corino worde bei dem Text von Bernhardt an Kafka erinnert.
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Ursula März |
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Sehr gut und sehr intelligent durchgespielt
Ursula März meinte: "Ich habe den Text ganz anders verstanden, nicht als realistische Erzählung, sondern als literarische Anatomie-Stunde". Ein Hinweis sei das Medizinstudium der beiden Protagonisten. der Text mache dasselbe wie die beiden: Er schneide Schicht um Schicht eine symbolische Referenz nach der anderen ab.
"Bonny und Clyde, verschiedene Sprecharten, die Terroristen. Der Wunsch nach Berührbarkeit der Protagonisten treffe sich auf symbolischer Ebene mit dem Text selbst. "seht gut, sehr intelligent durchgespielt", schloss März.
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Andre V. Heiz |
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Ein Panoptikum des Minimalen
"Das muss man zunächst mal hinkriegen, in dieser vollkommenen Beliebigkeit und Tonlage diese Welt herbeizuzaubern", begann Juror Heiz. Er habe "nichts zu mäkeln", aber: am Text klappe etwas nicht, das herbeigeschriebene Bild stehe nämlich zur Mise en scène in Widerspruch.
Wenn der Text kein Text, sondern ein Film wäre, hätte er diese Schwierigkeiten nicht. Das Medium Literatur bedinge gewisse "Angestrengtheiten", für die der Autor aber nichts könne. Man falle deshalb als Leser aus der "souveränen Schwingung des Kleinbildlichen" heraus. "Ein Briefmarkentext, das Panoptikum des Minimalen", so Heiz.
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Iris Radisch |
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Radisch fühlte sich "unendlich gelangweilt"
Anders Iris Radisch: Sie fühle sich durch den Text "unendlich gelangweilt". Zunächst müsse man als Leser mit dem Text mitgehen, dieser habe kein "Tempo". "Der hat überhaupt kein PS und ist unendlich entspannt, man hat über Strecken das Gefühl, der will gar nichts".
Auch sprachlich sei der Text vollkommen "ambitionslos". Diese "Aberzählung der Welt" bedinge ein "Latte Macchiato-Feeling" beim Lesen. Dadurch, dass es sich hier um "ausgestellte Belanglosigkeit" handle, sei die Sache nicht spannender oder substantieller. Zwischen "Bildschirm" und "Realität" sei nicht zu unterscheiden, die Figuren stünden - gleich Comicfiguren - einfach wieder auf.
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Ilma Rakusa |
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"Da geht etwas auf wie eine Wundertüte"
Ilma Rakusa widersprach: Der Text habe einen "eigenen Ton" vorzuweisen. Sie lese den Text eher auf eine "absurde, nicht eine realistische" Art und Weise. Der Autor bewege sich auf den Schauplätzen der Baumärkte und Parkplätze, um sie immer wieder in die Absurdität zu verlassen.
Rakusa betonte, sie schätze diese "absurde Note" sehr, dass müsse noch lange nicht "Comic" sein. Ein Problem des Textes sei seine "Explikativität - dass er zu viel erkläre", allerdings stimme auf der Eben der Symbolik, der Schichten, der Anatomie alles. "da geht etwas auf wie eine Wundertüte", so Rakusa begeistert.
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