Bachmannpreis ORF.at Texte
FR | 11.02 | 15:50
PeterLicht (Bild: Johannes Puch)
PeterLicht
Der eindeutige Favorit des zweiten Tages
PeterLicht hat am Freitag seine Konkurrenz beim Wettlesen um den Ingeborg-Bachmann-Preis deutlich in den Schatten gestellt. Er zeigte sein Gesicht zwar den Besuchern ORF-Theater, den TV-Zusehern blieb er allerdings verborgen. Die Jury war vom lichtscheuen PeterLicht allerdings zum Teil hellauf begeistert.
PeterLicht (Bild: Johannes Puch)
Klaus Nüchtern Wunderbarer Unsinn, fröhliche Apokalypse
"Ich wollte jetzt nur mal einen Satz fürs Fernsehen sagen. Es freut mich diebisch, dass ich das Gesicht des Autors sehen kann, während es den Zusehern verborgen bleibt. Es sieht unglaublich aus", witzelte Klaus Nüchtern.

Er war dann aber voll des Lobes für den Text: "Wie ich der Miene einiger Kollegen entnehmen kann, wird man mich gleich davon überzeugen wollen, dass das überhaupt nicht komisch war, ich fand es aber unfassbar komisch".

Das sei einer der hysterischsten und dabei gleichzeitig ständig die Fassung bewahrenden "Selbstberuhigungstexte", die er bis jetzt in Klagenfurt gehört habe.

Das Prinzip sei durchschaubar, gleichzeitig werde es auf raffinierte Weise moduliert. "Der Text macht unglaublich Tempo, nimmt dann wieder zurück und wenn man dann glaubt, jetzt habe ich Dich, kommt die Liebe - und da ist es genauso katastrophal"

Haltlos begeistert" sei er auch, weil er wisse, dass er gleich wieder heruntergezogen werde: "Jazz im Helge Schneiderschen Sinne, wunderbarer Unsinn, eine fröhliche Apokalypse", kam da von Klaus Nüchtern, der diesmal gar kein Ende finden konnte - oder wollte.
Klaus Nüchtern (Bild: Johannes Puch)
"Das ist einer der hysterischsten und dabei gleichzeitig ständig die Fassung bewahrenden Selbstberuhigungstexte, die ich bis jetzt in Klagenfurt gehört habe", zeigte Klaus Nüchtern seine Begeisterung.
Ijoma A. Mangold Große Zartheit beim Thema der Apokalypse
"Nichts ist enttäuschender, als mit haltloser Begeisterung hinter jemandem her trotteln zu müssen. Klaus Nüchtern muss seine Wortmeldung im Vorfeld schriftlich eingereicht haben", schloss sich Ijoma Mangold an.

Auch er sei völlig begeistert von diesem Text. Die Pointe stehe gar nicht im Vordergrund: "Daraus entsteht ja eine ganze Welt - eine Unterwelt". Die Sprachbewegung laufe völlig effizient ab, das habe ihn schwer beeindruckt.

"Dieser Autor hat eine große Zartheit und das bei einem Thema, das in der Literatur gerne aufgegriffen wird, meist aber im Status der Behauptung verharrt, nämlich die Apokalypse". Es funktioniere aber auf Grund der "spielerischen Ambivalenz" der Sprache. Dieser ganze Text ist nichts anderes als das Rutschen in eine Schieflage - Komik und Schmerz, Irrsinn und Hysterie - ich bin sehr froh, dass der Autor von der Musik auch in die Welt der Literatur gewechselt ist".
Ijoma A. Mangold (Bild: Johannes Puch)
Mangold zeigte sich sehr froh darüber, dass PeterLicht von der Welt der Musik in die Literatur gewechselt ist.
Martin Ebel In der Komik steckt ein ernster Kern
"Keine Angst, Klaus Nüchtern, ich möchte den Text jetzt nicht als humorlos runterziehen! Auch ich habe herzlich gelacht, obwohl ich vielleicht nicht ganz so begeistert bin wie Sie", entschärfte Martin Ebel die Befürchtungen seines Jurykollegen.

In der Komik von PeterLicht stecke allerdings ein ernster Kern, den man durchaus nennen dürfe: "Die Sprache kann alles, und deshalb kann man ihr nicht trauen, das führt der Autor durch uns vor. Das Verhältnis Autor und Leser ist ja auch immer ein Machtverhältnis. Interessant ist, dass wir dabei ein Lustgefühl empfinden, aber wir nehmen ihm das nicht übel".

Der Autor könne wunderbar mit Sprachebenen umgehen. "Ein ganz böser Nachsatz - das ist dann aber vielleicht schon alles", schloss Ebel.
Ernst Grandits (Bild: Johannes Puch)
Auch für Moderator Ernst A. Grandits war der Text eine willkommene Auflockerung.
Andre V. Heiz Heiz ist vom Text "vollkommen überzeugt"
Andre Heiz brachte ein, dass die "ästhetische Qualität eines Textes" für ihn durch das Urteil seiner Kollegen durchaus noch an Klarheit gewinne. "Ich bin bei diesem Text vollkommen überzeugt von seinem Sowohl-als-auch. Ich kann dem nur als Versuchsanordnung folgen".

Auch die Apokalypse werde hier unglaublich gut und musikalisch eingesetzt. "Ich liebe Texte, die sich affirmativ in die Welt setzen, weil ich solche Texte unglaublich gerne lese".
Publikum (Bild: Johannes Puch)
Das Publikum "zerkugelte" sich beim Text von PeterLicht - die im Saal Anwesenden sahen ihn ja auch von Angesicht zu Angesicht.
Iris Radisch Die Könnerschaft des "doppelten Blicks"
"Es wird jetzt niemanden verwundern, dass ich das für einen großen Text halte. Ich brauche ihn Gottseidank nicht gegen den Vorwurf des großen Alberismus in Schutz nehmen - ich spüre selbst, dass einem das Lachen hier im Halse stecken bleibt und man trotzdem lacht, weil eben alles gleichzeitig ist", war Radisch über das offensichtliche Gefallen ihres Autors erleichtert.

Das "Verharmlosungskomfortgequatsche" und die "Wellnessrede" über die Welt sei gleichzeitig ganz ernst zu nehmen: "Der Text produziert Idyllen, veralbert sie aber nicht nur, das ist wie ein Kippbild, wo man das eine und das andere gleichzeitig sieht". So eine Könnerschaft des "doppelten Blicks" sei ihr sonst nicht bekannt.
Iris Radisch (Bild: Johannes Puch)
Iris Radisch: "Das ist wie ein Kippbild, wo man das eine und das andere gleichzeitig sieht".
Daniela Strigl Wie eine "Kost-ja-nix-Insel"
"Das sind an diesem Tag die dritten Mandelsplitter, die uns serviert werden, aber das macht gar nichts", kam dann von Daniela Strigl. "Ich kann mit denen wunderbar leben, die werden auch immer schmackhafter". Hier werde natürlich ein "Kunststück" vorgeführt.

Bemerkenswert sei die "Schnelligkeit", mit der die Welt hier auf- und wieder abgebaut werde. "Ich würde von einer Kost-ja-nix-Insel sprechen, weil gezeigt wird: Literatur kostet ja nichts, man kann gratis alles behaupten". Ernste Diagnose hinter dem Ganzen sei, dass man sich "nicht beruhigt zurücklehnen" könne. "Das ist immer gut bei Literatur".
Corino / März Zwei Juroren: "Kein Kommentar"
Karl Corino und Ursula März enthielten sich ihres Kommentars, ihre Meinung werden wir dann wohl bei der Preisvergabe erfahren.