Studium der Philosophie, Geschichte und Judaistik in Freiburg und Jerusalem.

Publikationen:

  • Tel Aviv. Eine Stadterzählung. edition suhrkamp, 1997.

  • Morpheus oder Der Schnabelschuh. edition suhrkamp, 1998.

  • Mit Baudelaire am Airport - Baudelaire und die Gedächtniskunst. Radiofeature. DeutschlandRadio, 1998.

  • Zahlreiche Prosatexte in Literaturzeitschriften, Zeitungen und Anthologien. Mehrere Übersetzungen.  

   
Der erste Tag:
Katharina Hacker eröffnete den Reigen

Als Erste mußte am Donnerstag die in Berlin lebende deutsche Autorin Katharina Hacker in den Lesering steigen. Ihr Text:  Tageseindrücke einer Ich-Erzählerin. Aus vielen an sich unbedeutenden  Details baute Hacker ein Konglomerat von Gefühlen Erinnerungen und Geschehen.

Die Jury - zu Beginn der Lesungen schon ganz diskussionsfreudig, war gespalten: Zustimmung von Ulrike Längle, Silvia Bovenschen Harry Ruoss, Robert Schindel, Thomas Hettche und Hardy Ruoss. Zweifel am Text von Iris Radisch und Dieter Bachmann.  
Ulrike Längle: "großer Abgesang der Themen Abschied , Sterben Tod. Text kultiviert den Gestus des  Nichtigen, erinnert an  das deutsche Requiem von Brahms, Qualität  des Textes liegt in der Sprache." Dann aber eine Einschränkung: "Der Text variiert nicht, er ist auf Dauer ermüdend."  
"Der Tag ist zu lang, das Leben zu kurz" Silvia Bovenschen: "Der Text erinnert mich an einen Ausspruch von Marilyn  Monroe - Tag zu lang, Leben zu  kurz", der Text ist verhaltene Klage, hier wird aus der Situation des Wartens  erzählt,  sprachlich wirklich bewältigt, ergibt eine Melodie von Sanftmut und Verzweiflung, Verbindung von Stillstand und Bewegung gefällt mir gut."  
Dieter Bachmann, neu in der Jury: "Der Text  ist ein Gewebe aus Partikeln, die sorgfältig, in hausfraulicher Manier zusammengefügt sind, habe Schwierigkeiten unter das Textgewebe einzudringen, in diesem Text schneit es Signale, die ich aber nicht mehr lesen kann, ich spüre die Emotion nicht."  
"Nur in einem Moment Bodenhaftung" Iris Radisch: "Ein großer Nachgesang, hat aber nur in einem Moment Bodenhaftung, sonst schwebt der Text, hat den großen  Charme des Wagen, geht um kleine minimierte Dinge, große Themen nicht mehr vorhanden, es sind Bilder im Nähkästchenformat, weibliche Assoziations- prosa, mir Bilder zu sehr erlesen, alles zu vornehm, für einen Text der von Trauer handeln soll nicht hart und genau genug, Pointen immer im kleinen Format."  
"So habe ich das noch nie gelesen"

 

Thomas Hettche meinte, man müsse schon genauer hinschauen - was als Vorurteil im Raum steht wird bei genauer Lektüre widerlegt, Sätze sind wie Spuren. "Hacker findet Vergleiche, löst sie auf, hier ist nichts gestrickt und ordentlich, sehe Mut, Enden lose zu lassen. Es geht um Tod, um die  Frage wie verhalten wir uns zum Tod. Habe das so noch nie gelesen."

Hardy Ruoss wollte  "auf Hettches Waagschale noch was drauftun". Ist Beschreibung unserer Wahrnehmung, dieses ständige Schweben zwischen dem Unheil das die  Dinge ständig  verkünden  und dem Unheil, das wir in die  Dinge hineintun, finde ich hier das Thema.  
Katharina Hacker bei Ihrer ersten Lesung
Dieter Bachmann: "Sehe schon, daß Themen da sind. Amplitude kommt bei mir aber  nicht in Bereich, wo Schwingungen mich berührt, man müsse zu viel hineinlesen, bevor ich was herauslesen kann. "  

Robert Schindel: "Ein Text zwischen Leben und Tod,  die großen Dinge sind vergangen, die kleinen belanglos geworden, mit Andeutungen und Verblassungen, mit Vergeblichkeiten, beschreibend kann Text möglicherweise einen oder anderen Leser nicht zum Andocken bringen ,aber das ändert nichts an Qualität des Textes, sprachlich sehr lyrisch, sehr präzise. Immer wieder werden Fäden neu knüpft, ein Mosaik des prekären Verhältnisse von Lebenden und Toten. "  



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