Julia Franck
geb. 1970 in Berlin (Ost)
lebt in Berlin

1978 Übersiedlung nach West-Berlin. Studium der Neueren deutschen Literatur und der Altamerikanistik. Verschiedene Arbeiten u.a. als Kellnerin und Hilfsschwester sowie in Medienbereichen. 1991/92 freie Mitarbeiterin beim Tagesspiegel und 1994-96 Regieassistentin beim SFB (Hörfunk/Feature). Kleinere Übersetzungen aus dem Amerikanischen. Mehrere Veröffentlichungen in Anthologien und Zeitschriften.

Auszeichnungen:

Preisträgerin des Open Mike der LiteraturWERKstatt Berlin, 1995. Alfred-Döblin-Stipendium 1998. Stipendium der Stiftung Niedersachsen für das zweite Buch, 1999.

Publikationen (Auswahl):

  • Der neue Koch. Roman. Ammann, 1997.

  • Liebediener. Roman. DuMont, 1999.

  • Bauchlandung - Geschichten zum Anfassen. Erzählungen. Erscheint 2000 bei DuMont.

Foto: Bernward Reul


In "mir nichts dir nichts" beschreibt die Berlinerin Julia Franck die Beziehung zweier Frauen. Die Erzählerin beginnt eine Affäre mit dem Freund ihrer Freundin, sie versucht, die Beziehung vor der Freundin zu verheimlichen .

Elisabeth Bronfen beurteilte sowohl Sprache als auch Geschichte selbst als gut gelungen. Sie fand die Kühle, mit der die weibliche Erzählstimme über die sexuelle Beziehung spricht, sehr schön, hier werde deutlich, was es bedeute, in Klischees eingesperrt zu sein, dabei werde auch die ungeheuerliche Selbstbezogenheit der Erzählerin plastisch.

Oh Gott, oh Gott, Verrat und Liebe, eine typische Frauenblattstory, habe Iris Radisch erst gedacht, doch dann gemerkt, dass hier etwas sehr viel Kühleres erzählt werde, eine Art "liaison dangereuse", ein cooler Liebesreigen, bei dem es in Wirklichkeit nicht um die Beziehung der beiden Frauen zum Mann gehe, vielmehr sei es eine mit liebevollem Hass erzählte Liebesgeschichte zwischen den beiden Frauen. Diesen Rollentausch fand Radisch sehr spannend, ein Liebesballett, das ohne Liebe auskommt und das große Gefühl dabei ein wenig denunziert, meinte sie.

Hardy Ruoss fand den Text so kalt, das er schon wieder heiß war. Das Wechselspiel von Kälte und Zuneigung sei das Kabinettstück einer großen Hassliebe. Die Stärke der Geschichte sei auch, dass nicht alles ausgesprochen werde, dass man sich durch die Indizien und Mängel durcharbeiten müsse. Er befürchtet auch, dass Frauen in der Realität sein könnten, wie die Figur der Erzählerin.

Der Text ist gut gemacht, aber nicht wirklich gut, befand Ulrike Längle. Der Text falle zusammen, wo er Etiketten bekomme. Die Erklärung der psychologischen Momente störe, dass die Moral von der Geschichte direkt drin stehe, nehme den Zauber weg . Die Böse war ihr noch zu wenig böse, sie fragte sich, wer hier wirklich das Weichtier sei.

Robert Schindel lobte die Petite des Textes, er sah hier bestätigt , wie viel die Verhältnismäßigkeit von Mitteln ausmache. Die Sprache nehme sich ganz hinter das Geschehen und die Beobachtung zurück, dadurch hätten die Figuren Raum, um sehr plastisch agieren zu können.

Denis Scheck nannte es ein Duell, so kalt seien die Beziehungen inszeniert, eine karge, aber existentiell aufgeladene Geschichte. Er freute sich, endlich Dialoge zu hören und vergab eine Rose für Emily, die Hauptfigur.

Burkhard Spinnen mochte den Text, er sah hier intensive Wahrnehmungsmaschinen, die Emily sei gewissermaßen eine Oper der schlechtesten Sache. Er fragte sich aber, ob nicht die Ich-Erzählerin der ärmere Mensch sei, weil ihre kühlen Ausführungen nur zu überdecken versuchen, dass sie die Verlierein sei.


© 17.11.2009