Martina Kieninger
geb. 1966 in Stuttgart, D
lebt in Montevideo, Uruguay

Abitur und Chemiestudium in Stuttgart. Doktorarbeit am Krebsforschungszentrum in Heidelberg. Seit 1996 Arbeit als Chemikerin an der Universidad de la Republica Oriental del Uruguay/Montevideo. Literarische Arbeiten vor allem im Internet.

Auszeichnungen:

Internet-Literatur-Preis 1996.
Arbeitsstipendium des Förderkreises deutscher Schriftsteller in Baden-Württemberg, 1999.
Würth-Preis 2000.

Publikationen (Auswahl):

Foto: Privat


Die in Uruquay lebende Deutsche Marina Kieninger stellte in ihrem Text "Die Leidensblume von Natterheim" die Metzgerstochter Emma vor, die sich seit sechs Jahrzehnten nur von Hostien ernährt, ab und zu Visionen hat und an der sich täglich, mit Ausnahme von Freitagen, die Wundmale Christi zeigen.

Mit dem russischen Schauspieler Tschitschitsch erwächst Emma aber im Laufe der Zeit eine stigmatisierte Konkurrenz.

Ein Wunder, ein Wunder, nichts als ein Wunder
Denis Scheck sprach von einem Wunder und meinte, der Text sei großartig gelungen, ein großes Spiel mit Religion und Wissenschaft, das Lust auf Literatur mache. Wir lesen Literatur, weil uns mit uns selber langweilig ist, hier dürfe man nichts wegnehmen und nichts hinzufügen und wenn man seine Hausaufgaben gemacht habe, könne man das rausholen, was da drin steckt, rügte er jene Juroren, die anderer Meinung waren. Er fürchtete gar, dass er zum falschen Kaffeeklatsch erschiene wäre, als Schindel und Ruoss widersprachen .

Sind wir nur im Computer simuliert?
Elisabeth Bronfen gefiel gut, wie aus der einen Figur die andere wurde, sie war unheimlich angetan vom Humor der beiden, wie sich das Spiel zwischen Wissenschaft und Glauben verknüpft, das habe etwas Witziges, so Bronfen. Der Text setze sich mit der Frage der Metaphysik auseinander und sei deshalb so zeitgenössisch, denn das sei ja eine unserer Hauptfragen: Sind wir wirklich da oder nur im Computer simuliert? Hier werde alles so spielerisch gestaltet und immer wieder neu zusammengesetzt.

Literatur ist kein Wärmeofen!
Iris Radisch gefiel die Freiheit, wie hier Perspektiven gemischt wurden, wie aber jede gleichzeitig ernst genommen wird und dann wieder nicht, das habe etwas Dadaistisches, das sei religiöses Nonsenstheater, sei aber gleichzeitig auch wieder praktizierter Katholizismus. Sehr exakt, gleichzeitig frei und spielerisch gemacht. Auf die Kritik der anderen, erklärte sie dass Literatur kein Wärmeofen sei, sie freue sich über einen Text, der zeige, wie komisch und hintergründig Menschen sind - ein literarische Kasperletheater mit überraschenden, oft irrwitzige Bilder.

Ein Text ohne Herzschlag
Hardy Ruoss spürte keinen Herzschlag, die Sprache sei eine Art Kernspintomograph, aber sie lasse einen kalt. Er vermisse die Innengottursache, die Suche in der Literatur. Ihm wäre es lieber, wenn man ihm die Welt nicht so genau erkläre, dass ihm nichts mehr zu denken überbleibe.

Bayrisch und Russisch wirken als Nullsummenspiel
Robert Schindel ging es ähnlich. Es wäre ein hoch manieristischer Text, der über die Spiel- und Versuchsanordnungen funktioniere, er sah aber auch eine sich steigernde Witzigkeit, die zu einem Nullsummenspiel führe, das habe mit Wundern und Offenbarungen nichts zu tun. Wie sich das Bayrische mit dem Russischen hier vermischen, das fände er überraschend und witzig, aber insgesamt würde der Text an Gestaltungsschwäche leiden.
Dorfgeschichte und Heimatliteratur
Ulrike Länge ordnete sich in der Partei der Skeptiker ein, der Perspektivenwechsel werde nicht durchgehalten, nicht schlecht gemacht, aber eigentlich etwas oberflächlich. Für sie gehöre der Text zum Genre der Dorfgeschichten und Heimatliteratur, dass man sich aber über die skurrilen Typen auf dem Dorf lustig mache, gefalle ihr nicht. (Hibler)


© 17.11.2009