Georg Klein
geb. 1953 in Augsburg
lebt in Heinitzpolder

Seit 1984 Veröffentlichung erzählender Prosa. Lebt mit seiner Familie in Ostfriesland und in Berlin. Zahlreiche Erzählungen in Zeitungen (Berliner Zeitung, Der Freitag, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Die Welt), in Zeitschriften (Am Erker, manuskripte, Merkur, ndl, Neue Rundschau, Sprache im Technischen Zeitalter, u.a.) und im Rundfunk (DeutschlandRadio).

Veröffentlichungen:

  • Libidissi. Roman. Alexander Fest, 1998.

  • Anrufung des blinden Fisches. Erzählungen. Alexander Fest, 1999.

Foto: Jürgen Bauer


Der Deutsche Georg Klein las einen Auszug aus einem langen Prosatext. Die Suche nach einer Firma führt einen Mann in ein heruntergekommenes Hallenbad. Auf dem Weg durch das düstere Bad wird er vom Bademeister sexuell attackiert, aber dann von zwei unbekannten Helfern gerettet. Mit ihrer Hilfe findet er dann auch das lang gesuchte Firmenbüro.

Text verweigert sich

Denis Scheck gestand, dass man sich als Kritiker wunderbar blamieren könne. Ihm sei es nicht gelungen die Folie, um die es hier gehe, zu finden. Man habe das Gefühl, hier sei ein Geheimnis, das man knacken möchte, er sehe eine seltsame Handlung, aber auch eine zu häufige Betonung des Männlichen. Das könne man ironisch verstehen, das könne aber auch unfreiwillig sein. Scheck glaube, der Text verweigert sich einer schlüssigen Interpretation

So ein Aufwand um ein paar Spielzeugautos
Ulrike Längle sah eine Geschichte, die chronologisch erzählt sei, aber alles rundherum sei vielleicht ein Agentenfilm, sie habe beim Lesen an den 3. Mann gedacht. Der Stil sei das Gegenteil von klar und präzise, eher altväterisch, oft schlüpfrig, da werde sehr viel Aufwand um eine paar Spielzeugautos gemacht. Der Text trete auf der Stelle, der Autor baue verschiedene Welten in einem bewährten Erzählmuster auf. Längle habe da auch an einen vereinfachten Kafka denken müssen, sie frage, soviel Aufwand - aber wozu?

Der Held ist ein Scherz
Man müsse den Text vielleicht unter der Klammer von Pathos und Pathetik lesen, vermutete Elisabeth Bronfen, sie habe den Text sehr ironisch komisch gefunden. Es gehe um eine Bewährungsprobe, aber die Ironie sei schwer festzumachen. Sie dachte an das englische Genre, wo der Held nur noch im Scherz zum Helden wird .

Donald-Duck
Robet Schindel fand eine Donald-Duck-Figur, einen Helden, dem immer alles misslinge. Über weite Strecken, fast in Alexandrinern vorgetragen, werde ein Missgeschick nach dem anderen aufgezählt, in den irgendwie eine Kafkafigur hinein verwoben wird. Er sei an die Arbeiten des Herkules erinnert worden und ihn habe, auch wegen der Genauigkeit in der Sprache und Beobachtung, der Text sehr interessiert und Lust gemacht, weiterzulesen.

Eine Initiationsgeschichte in Kafkas Schloss
Hardy Ruoss war als Mann erschüttert, habe im Text nicht den Mann gelesen, eher eine Initiationsgeschichte für den Leser gefunden. Ruoss war unglaublich fasziniert, dass die Geschichte durch viele Räume erzählt werde, das sei Kafkas Schloss, Walsers Konto, aber der Text müsse aufpassen, dass nicht jedes Detail dreifach geladen sei.

Neue deutsche Rechtschreibung?
Burkhard Spinnen las den Ausschnitt als Text aus und auf Literatur. Es gäbe romantische, fast schauerlich romantische Elemente, in die sich dann eine ganz späte Heroenfigur hineinziehe, die nicht rambomäßig ist, sondern im Grunde körpermäßig verkommen. Es werde in jedem Satz versucht, aus dem literarischen Erbe etwas Neues zu machen, mit einer hochsouveränen Sprache, die nicht ironisch sein müsse. Dann noch auf die vielen Kommas zu gucken, was da wohl der Autor über die neue Rechtschreibung denke?

Vibrierendes Rätsel
Iris Radisch freute sich mit Hardy Ruoss endlich mal einer Meinung zu sein, sie sah ein romantische Rätsel, eine genau gebaute Baustelle. Aus Versatzstücken, sprachlich, aber auch in den Schauplätzen genau, werde ein "no mens land", gebaut. Der Text sei eine Pantomime eines hilflosen Aufstiegs aus einer eher finsteren Wasserwelt hinauf in das Licht, man könne das als Ober- und Unterwelt deuten. Ein sehr kompliziertes Rätsel, das dort ende, wo der Mond scheint, wo aus den Endspielen des Humanismus einer rausschaut in eine andere Welt. Ihr abschließende Urteil: Der Text ist ein in sich vibrierendes Rätsel.

Denis Scheck hatte den Kollegen mit spitzen Ohren zugehört, glaubte aber, dass auch die anderen das Rätsel nicht gelöst hätten. Der Text ist zwar aus einem Guss, aber wie ein mit Öl eingeriebener Körper, nicht zu fassen. (Hibler)


© 17.11.2009