Birgit Müller-Wieland
geb. 1962 in Schwanenstadt, A
lebt in Berlin

Studium der Germanistik und Psychologie in Salzburg. Literaturwissenschaftliche, journalistische und kulturpolitische Arbeiten. Dissertation über ‚Die Ästhetik des Widerstands' von Peter Weiss. Vorstandsmitglied der Internationalen Peter-Weiss-Gesellschaft. Seit 1996 als freie Schriftstellerin in Berlin.

Mehrere Auszeichnungen, u.a.:

Rauriser Förderungspreis 1996.
Jahresstipendium der Salzburger Landesregierung 1997.
Arbeitsstipendien des Bundes 1997, 1998 und 1999.

Publikationen (Auswahl):

  • Die Farbensucherin. Prosa. Haymon, 1997.

  • Claras Ausflüge ins Wunderbare. Lorena und der Baumgeist. Prosa für Kinder. SFB 1998, 1999.

  • Das Märchen der 672. Nacht. Libretto nach Hugo von Hofmannsthal. Vertonung Jan Müller-Wieland. UA Jänner 2000, Wiener Kammeroper.

  • Zahlreiche Beiträge für Anthologien, Zeitungen, Zeitschriften und im Rundfunk. Vertonung von Gedichtzyklen durch Jan Müller-Wieland.
    Ruhig Blut. Gedichte. Erscheint 2001 bei Haymon.

Foto: Zhomas Zartl


Die Österreicherin Birgit Müller Wiegand lebt in Berlin. Neben Prosa und Lyrik schreibt sie auch Libretti, die von ihrem Mann vertont werden. Nach Klagenfurt ist sie von Robert Schindel eingeladen worden.

Sie las die Erzählung "Der Glückliche", die Geschichte einer jungen Frau, deren Sohn verschwunden ist, die sich in eine Traumwelt geflüchtet hat und deren einziger Kontakt zur realen Welt ihre Putzfrau ist, eine KZ-Überlebende .

Eine schlimme Welt ohne Zweifel, so Hardy Ruoss, aber eigenartigerweise lasse ihn das alles kalt. Ihm mache es Mühe, die Mischung von lyrischen Passagen mit prosaischen, er finde hier viele Begriffe aus dem Psychojargon, da werde er unglücklich, ihn konnte diese Mischung der Schrecken nicht überzeugen. Der Text habe Soziologismen, die für ihn unerträglich seien, er könne auch sprachlich mit dieser Art der Frau, die Welt zu erklären, absolut nichts anfangen

Denis Scheck stimmte Ruoss zu, er habe zwar eine kleine Hoffnung gehabt, es könnte ein Satire sein, sei aber enttäuscht worden. Die Satire wäre aber die einzige Möglichkeit, den Text vor dem allzu großen Kitsch zu retten. Der Text stürze zu oft ab, ende geradezu im Kalauer. Am spannendsten sei die Kernhandlung - die Eifersucht zwischen Mutter und Großmutter.

Auch Ulrike Längle hätte es schön gefunden, wenn es grotesk oder komisch zu lesen sei, das Thema sei aber auch sprachlich nicht bewältigt. Sie habe den Eindruck, das hier sei ein Text direkt aus dem Frauenleben - vom Mann sitzen gelassen, der Sohn verschwunden. Außerdem strotze der Text vor Stilblüten, alles sei so geheimnistuerisch. Es wäre ein guter Stoff, dass alles aber immer komplizierter, kostbarer als nötig ausgedrückt werde, schade der Geschichte sehr. Alles werde mit ungeheuren Vagheit erzählt, das ist mir zu wenig. Ein Text ist nicht nur einfach gut, weil eine Putzfrau im KZ war.

Robert Schindel fragte warum man in deutschsprachigen Landen Schwierigkeiten mit Texten, die etwas lyrisch sind, habe. Das hier ist natürlich die Geschichte einer Frau, deren Welt aus den Fugen geraten und die in eine Traumwelt geflüchtet ist. Das Lyrische und das Prosaische miteinander in diesem Verhältnis gemischt, gefalle ihm gut.

Iris Radisch war zwiegespalten, der Text sei streckenweise lyrisch, fast gedichtartig, habe dann aber Passagen, die ungeheuer ausformuliert seien. Für Radisch passten diese beiden Ebenen nicht zusammen. Manche der Bilder habe sie gedacht, wären wohl nur männliche Klischees. Klar sei aber, dass hier jemand nach einer großen Katastrophe spreche. Das Übereinander schneiden von Liebes- und Menschheitskatastrophen funktioniere nicht, schädige aber beide.

Burkhard Spinnen war ebenfalls gespalten, vielleicht ein Text, der noch auf seine Vertonung wartet, vermutet er, man tut nicht einfach Lyrik in Prosa hinein, belehrte er dann Schindel, aber hier ist keine Musik und so scheint ihm etwas zu fehlen.

Elisabeth Bronfen bemerkt ein Trägheit des Textes, die damit auch die Trägheit der Figuren weiter entwickle. Sie verstehe schon worum es gehen soll, dass jemand nach einer Katastrophe keine Sprache habe, sie kriege das aber mit den lyrischen Passagen nicht zusammen.


© 17.11.2009