Malin Schwerdtfeger
geb. 1972 in Bremen
lebt in Berlin

Seit 1992 Studium der Judaistik und Islamwissenschaft an der Freien Universität Berlin.

Auszeichnungen:

Literaturwettbewerb der Zeitschrift Allegra (2. Preis) 1998. Der Tagesspiegel Kurzgeschichtenwettbewerb (1. Preis) 1998.
Autorenstipendium der Freien Hansestadt Bremen 1999.

Beiträge in Anthologien und Zeitschriften, u.a.:

  • "Mein erster Achttausender" in: die horen, 1999.

  • "Eisige Zeiten", Hg. Anne Enderlein, Cornelie Kister. Erscheint im Herbst 2000 im Aufbau Verlag.

  • Leichte Mädchen. Erzählungen. Erscheint Frühjahr 2001 bei Kiepenheuer & Witsch.

Foto:Anja Weber


Malin Schwertfeger beschloss die Lesungen des ersten Vormittags mit der Erzählung "Fell und Federn". Darin beschreibt sie das Leben in einem polnischen Dorf aus der Sicht einer kindlichen Erzählerin. Die in Berlin lebend Autorin baut aus Kaninchen, die auf dem Hauptplatz geschlachtet werden, dem Vater, der nach Westen geht und dann Pakete schickt, ein idyllisch-nostalgisches Bild einer Kindheit auf dem Dorfe und des polnischen Alltags.

Einerseits eine Dorfidylle, daneben aber auch der Versuch, europäische Zeitgeschichte zu erzählen, befand Burkhard Spinnen .

Iris Radisch las eine Geschichte aus dem Märchenbuch des polnischen Stettel, gewissermaßen eine Märchenidylle aus Federn und Fell, aber unendlich klischeehaft, in den Regel der simplen Gleichung Ost-West gebaut - eine Art Milchmädchenrechnung. Da wird die Schilderung einer unbekannten Welt versprochen, aber leider kennt man die hier beschriebene Welt schon.

Ulrike Längle fand, dass sich die Eindrücke zu sehr vermischen, schön geschrieben und auch im Ton sei die Geschichte schön durchgehalten, aber alles was man erfahren habe, habe man schon gewusst, am Schluss sei der Eindruck eines Deja-vu geblieben. Man finde alle Ingredienzien, die zu einer polnischen Geschichte gehörten, von den rauhbeinigen Männern bis zur künstlerisch angehauchten Mutter. Die Geschichte sei rund und fast märchenhaft abgeschlossen, doch hier werde ein Bild 1:1 geschildert und man müsse sich fragen, warum erzählt eine junge Frau in Berlin heute so etwas.

Die aus der Kinderperspektive erzählte Geschichte mit ihren Verniedlichungen zeichne ein Polenbild, das wohl nicht nur ihn störe, urteilte Denis Scheck. Man wisse über polnische Dörfer ziemlich viel, aber das Polenbild, das hier gezeigt werde, habe etwas von einer nicht vorhandene Zurückgebliebenheit. Handwerklich gut gemacht sei es dennoch Ethnokitsch.

Robert Schindel meinte, man erweise der Geschichte einen Bärendienst, wenn man diesen polnischen Habitus hineinmische, er sei bei den Schlachtungen und Häutungen gedanklich abgeschweift, vermutlich hätte es der Geschichte gut getan, wenn zu dieser Kanincheninflation eine zweite Ebene gekommen wäre, wo diese Dorfidylle aufgebrochen wird. Sprachlich sei aller alles genau durchgeführt und damit alles gelungen, was sich die Autorin vorgenommen habe.

Auch Elisabeth Bronfen fand den Ton gut durchgehalten, sie habe in den Schlachtungen und im abwesenden Vater Sinnbilder gesehen, aber auch Brüche, da hätte sie sich noch mehr erwartet. Sie habe eher ihre eigenen Klischeevorstellungen von Osteuropa bestätigt gesehen, als Neues erfahren.

Hardy Ruoss sah in den Brüchen ein handwerkliches Problem. Ihn habe der Text beim ersten Lesen überzeugt, da sei jemand, der habe den Blick und das Gespür für Vorgänge. Der Text mache aus seiner Märchenhaftigkeit auch kein Hehl, es sei die Konstruktion eines modernen Märchens, das von der untergegangenen Kindheit berichtet.


© 17.11.2009