25. Tage der deutschsprachigen Literatur 2001 Eine Veranstaltung der Landeshauptstadt Klagenfurt und des ORF Landesstudios Kärnten in Zusammenarbeit mit 3sat und freundlicher Unterstützung der Telekom Austria.
In Klagenfurt wurde am Mittwochabend der 25.Bewerb um den Ingeborg Bachmannpreis eröffnet, und die Lesereihenfolge festgelegt. 16 Autoren - 13 aus Deutschland , zwei aus der Schweiz, und einer aus Österreich werden in den nächsten Tagen ihre Texte lesen. Die sieben Juroren werden diese diskutieren, und schlussendlich am kommenden Sonntag den Gewinner oder die Gewinnerin küren.
Die Frage ob den der Bewerb noch zeitgemäß sei, und ob die Literatur solcher Medienspektakel bedürfe, hatten schon am Mittwochnachmittag die ehemaligen Juroren Thomas Hettche und Klaus Amann, der Literaturkritiker Uwe Wittstock, die Literaturagentin Karin Graf und der Bachmannpreisträger 1994 Reto Hänny diskutiert. Man war unterschiedlicher Meinung - etwa dass Klagenfurt früher noch ein Platz gewesen sei, wo man Autoren entdeckt hätte, und wo sich, im Gegensatz zu den letzten Jahren auch bereits etablierte Autoren der Kritik gestellt hätten. Vom Schlachthaus zum Oberlehrerseminar Während Wittstock bedauerte, dass sich der Bewerb vom "Schlachthaus zum Oberlehrerseminar" gewandelt habe, war diese Wandlung gerade für Amann und Hänny eine glückliche Entwicklung, die zu mehr Sachlichkeit in den Diskussionen geführt habe. Uneins war man sich auch ob in der Jury die Kritiker die Mehrzahl stellen sollten oder die Autoren und die Literaturwissenschafter. Einig war man sich dass das Klagenfurter Literaturbewerbsmodell erfolgreich sei, denn es bringe Literaturkritik von höchstem Niveau. Hier stehe der Text im Mittelpunkt, zu dem sich das Publikum ein eigenes Urteil bilden könne. Der Bewerb sei nach wie vor notwendig, denn immer noch verschaffe er der Literatur mehr Öffentlichkeit und mache damit auch jene, die nicht schon zu den Lesern gehören, auf das spannende Abenteuer Literatur aufmerksam. Literarisches Zentrum der Welt Für die literaturinteressierte Gemeinschaft sei in den nächsten Tagen Klagenfurt das Zentrum der Welt, in der es nichts Wichtigeres gäbe, als das die Literatur und das literarische Gespräch, betonte Landesintendant Gerhard Draxler in seiner Rede. In einer Welt, in der Kostenrechnungen und Technik das Wort haben, sei die Kunst ein nicht zu verzichtender Bestandteil auf dem Weg in die Zukunft. Er freue sich besonders, den Neffen der Schriftstellerin Ingeborg Bachmann, Christian Bachmann bei der Eröffnung des 25. Bewerbes begrüßen zu können. Ohne Literatur sei keine Gesellschaft denkbar, so Draxler weiter in seiner Rede. Der ORF als Kulturveranstalter Auf den Stellenwert und die Wichtigkeit der Veranstaltung wies auch Generalintendant Gerhard Weis in seiner Rede hin. Im Zuge der Rundfunkreform stelle man Anforderungen an den ORF, die dieser seit Jahren erfülle, denn "der ORF ist nicht nur ausführlicher Kulturberichterstatter, er ist auch seit vielen Jahren Kulturveranstalter - beim Bewerb um den Ingeborg Bachmann Preis nun schon seit 25 Jahren". Im Mittelpunkt stehe hier das Wort, das freie Wort, und gerade in dieser Zeit sollte man sich auf den Wert des Wortes besinnen und mit dem Wort sorgsam umgehen. Die Schriftsteller sind die Mahner, Analysten und Propheten der Gesellschaft. Drei Tage gehe es nun in Klagenfurt ums Zuhören, und das sei heute fast schon eine "unter kulturpolitischen Artenschutz zu stellenden Eigenschaft", führte Weis weiter aus Der Bewerb sei eine Institution, die literarische Auseinandersetzung hier "ist eine Frage von Qualität und nicht von Quantität". Danach verwies der Generalintendant auf das neue Rundfunkgesetz. In Zukunft könne der ORF mit einem eigenen Kulturkanal das kulturinteressierte Publikum nicht nur in Österreich sondern europaweit ansprechen. Ob allerdings das neue Rundfunkgesetz dies ermöglichen werde, wagte er zu bezweifeln, betonte der Generalintendant. Nach diesem Gesetzesentwurf dürfe sich ein Spartenkanal nur durch Werbeeinnahmen finanzieren, und das sei bei einem Kulturkanal wohl nicht möglich. Er hoffe, dass sich doch noch eine Lösung finden werde und appellierte eindringlich an die Entscheidungsträger den Gesetzesentwurf noch einmal zu überarbeiten, um dem ORF damit auch in Zukunft zu ermöglichen, seinen Kulturauftrag erfüllen zu können. Klagenfurter Rede zur Literatur Es gibt nicht Krieg und Frieden - mit diesem Bachmannzitat aus deren Frankfurter Vorlesungen begann Katja Lange Müller ihre Rede zu Klagenfurter Literatur. Sie hätte aus Bachmanns Roman "Malina", aus dem das Zitat stammt noch eine Unzahl von Sätzen entnehmen können, seien doch alle Bachmannssätze Myzel-Fäden eines riesengroßen Sprachengeflechtes. Nicht "entweder oder" heißt es in dem Satz sondern "und", weil Bachmann meint, "wir alle" sollen mitdenken bei allem was uns betrifft. Im Weiteren erzählte Katja Lange Müller - die Bachmann Preisträgerin von 1986 - von ihren eigenen Erfahrungen bei der Lektüre von Ingeborg Bachmann, ging dabei auf die Anagramme in Bachmanns Wörtern, aber auch auf die unterschiedliche Möglichkeit der Leseart ein. In dem Moment in dem wir Leser Namen erkennen würden, verwandeln sie sich in Zustandsbeschreibungen des Seins, werden in den Sätzen unterschiedliche Aussagen sicht- und spürbar , betonte die Festrednerin. Sie zeigte dies an Beispielen aus dem Roman "Malina". So lasse sich das Wort Malina selbst im Anagramm zu animal und anima verwandeln. Durch diese Doppel- und Vielbödigkeit erhalten die ursprünglichen Wörter eine ganz neue Bedeutung und Ingeborg Bachmann führe so den Leser zu neuen Sichtweisen. Jury - zwei "Neue" Moderator Ernst A Grandits (Foto rechts) stellte die Jury vor. Zwei neue Juroren walten heuer ihres Amtes - die Autorin Birgit Vanderbeke, die selbst 1990 den Bewerb gewonnen hat, und der Schweizer Literaturredakteur Thomas Widmer. Den Vorsitz in der Jury führt wie in den letzten beiden Jahren der Wiener Autor Robert Schindel. Schindel nannte die Literatur in Zeiten von Umbrüchen aller Art eine Brücke zwischen Vergangenem und Gegenwärtigem. Die Literatur sei mitten drinnen im Geschehen und vielstimmig. Die Autoren ermutigte er mit den Worten "schlagt die Trommel und fürchtet euch nicht." Den Zuschauern, seinen Jurykollegen und sich wünschte er danach noch, dass man in den nächsten Tagen gute Texte und Diskussionen hören werde. Mit Telekom und Jet2Web Viel Erfolg und interessante Lesungen wünschte der Veranstaltung auch Elisabeth Benda vom Generalsponsor Telekom Mit einem inoffiziellen Teil, einem Fest im Park des ORF Studios Kärnten ging in einer lauen Sommernacht die Eröffnung der 25. Tage der Literatur zu Ende. Alle Fotos: ORF Kärnten Kontakt: Webmaster:
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