"DIE LUST AM ERZÄHLEN"
25 Jahre Ingeborg-Bachmann-Preis

Ein Rückblick der ORF ON Redaktion Kärnten in Zusammenarbeit mit 3sat und der Telekom Austria.


1990 Übersicht über die JurorInnen 1990 Übersicht über die AutorInnen 1990 Übersicht über die PreisträgerInnen 1990

Aus den Erfahrungen vergangener Jahre ist ein Lernprozess entstanden - die Statuten wurden gegenüber 1989 geringfügig modifiziert, beim Tagesablauf wurde ein kleiner Rückschritt als großer Fortschritt angesehen.

3sat, das Kulturprogramm des deutschen Sprachraumes, war wieder direkt dabei; die 3sat-Auszeichnung gab es neuerlich zu vergeben, diesmal von der Jury.

Der runde Tisch war durch einen Riss geteilt - schon ein Hinweis darauf, dass die Jury erstmals zwei Autoren aus dem Bewerb werfen würde?

Foto: ORF/Peter Matha


Was ist "veröffentlicht?" 13 Jahre lang standen diesbezüglich die Statuten des Ingeborg-Bachmann-Wettbewerbs in Klagenfurt außer Streit.

1990 rückte die Frage, wann man von einem "veröffentlichten" Text sprechen könne, in den Mittelpunkt des Interesses (und der Berichterstattung). Der Anlass: Die Veranstalter und die Jury nahmen zwei Autoren aus der Konkurrenz. Zwei Autoren, deren Texte in der Öffentlichkeit bereits als preisverdächtig gehandelt worden waren: Margit Schreiner und Hubert Konrad Frank.

Als 1977 die Tage der deutschsprachigen Literatur in der Kärntner Landeshauptstadt erstmals ausgeschrieben waren, hatten deren Initiatoren, Ernst Willner und Humbert Fink, eine Veranstaltung vor Augen, die sich wesentlich von den herkömmlichen unterscheiden sollte. Zwei der wichtigsten Säulen: volle Transparenz von der Vorstellung eines Werkes bis zur Preisvergabe, mit dem Publikum als Zeugen, und absolute Chancengleichheit für alle Autoren. Dem diente, damit Vorabsprachen und andere Beeinflussungen vermieden werden, die Klausel in den Statuten, dass der Autor aus "eigenen unveröffentlichten, auch nicht teilveröffentlichten Manuskripten" lesen müsse.

Die Ausgeschlossenen: Margit Schreiner und Hubert Konrad Frank. Foto: ORF/Matha

 

Für Aufregung sorgte bei diesem Wettbewerb, bei dem es weder bekannte Namen gab noch literarische Entdeckungen besonderer Art, weder spannende Diskussion noch überdurchschnittlich interessante oder spannende Texte, der kleine Skandal am Rande. Durch Indiskretion oder Intrige, wie sie auch im Literaturbetrieb offenbar keine Seltenheit ist, wurden zwei Autoren vom Wettbewerb ausgeschlossen, weil ihre Texte entgegen den Wettbewerbsbestimmungen bereits veröffentlicht waren.

Dies bedeutete nicht nur im Fall der Österreicherin Margit Schreiner und ihrer preisverdächtigen Urlaubsgeschichte vom "ersten Neger" eine Enttäuschung. Auch der in Freiburg lebende Hubert Konrad Frank, der in Klagenfurt mit seiner Geschichte vom Baden-Dubel und seiner originellen Ausdrucksweise erstmals für überregionales Aufsehen sorgte, fand sich am Schluß selbst in der Rolle des badischen "Dubels". Aus seinem "Lebenswerk" hatte er nicht nur im Badischen gelesen, sondern Auszüge auch schon dem Südwestfunk zum Senden überlassen, während die Geschichte der österreichischen Autorin bereits in einer Wiener Literaturzeitschrift erschienen war.

Verständlich scheint, dass beide Autoren, denen man nun in einem Jahr wieder eine Chance in Klagenfurt geben will, sich gegen diese Entscheidung zu wehren versuchten. Zeigt doch die Erfahrung, dass die meisten der in Klagenfurt gelesenen Texte bereits im Druck und von den Verlagen als Herbstnovitäten für die Buchmesse eingeplant sind.
[Renate Braunschweig-Ullmann, Stuttgarter Zeitung, 7.7.1990]


Literatur und Fernsehen, Lesen als Medienereignis - geht das? Als 3sat im vorigen Jahr beschloss, den Literatur-Wettbewerb um den Ingeborg Bachmann-Preis komplett und live zu übertragen, gab es durchaus Besorgnisse: bei Fernsehleuten, ob das interessiere; bei einigen Juroren und Feuilletonisten, ob das literarische Ereignis -und der eigene Glanz - vielleicht Schaden nähme.
Die 26 Programmstunden mit Lesungen, Diskussionen und Autorenporträts aus Klagenfurt haben solche Befürchtungen zerstreut.

Ein Programm, das nicht auf Massenattraktion schielt, muss die Objekte seiner Aufmerksamkeit nicht in Spektakel verwandeln. 3sat hatte sich in aller Bescheidenheit zur Bühne des Klagenfurter Literatur-Wettbewerbs gemacht: für jene vergleichsweise wenigen Zuschauer, denen deutsche Gegenwartsliteratur so lebensnotwendig und interessant ist, wie den vielen anderen zum Beispiel eine Fußballübertragung.
Für 3sat ist nicht die Quantität der Zuschauer, sondern die Qualität ihres Interesses entscheidend.

Im Programm für den deutschen Sprach- und Kulturraum ist der Ingeborg Bachmann-Preis gut und verlässlich aufgehoben. Dafür setzt auch der 3sat-Sonderpreis ein deutliches Zeichen. Der Ingeborg Bachmann-Preis hat schon immer die Länder deutscher Sprache vereint. Das kann 3sat künftig, nachdem zu ZDF, ORF und SRG jetzt auch noch DFF, das Fernsehen aus der DDR, als vierter Partner hinzugekommen ist, noch besser gelingen.

[Dr. Walter Konrad, Koordinator 3sat]


 
   

Zur Tradition wurde das jährlich stattfindende Fußballspiel am Samstag vor der Preisverleihung: Die Literaten kämpften (meist erfolglos) gegen die Mannschaft des ORF Kärnten. Im Bild Intendant Heinz Felsbach (rechts) und Bildmeister Rudolf Gösseringer.

Foto: ORF Kärnten

 

Verantwortlicher Redakteur Fred Dickermann - hier bei einem Interview mit Preisträger Fleischer - sorgte für die Zusammenfassung der Veranstaltung, die damals während der Veranstaltung täglich im Fernsehprogramm des ORF ausgestrahlt worden war.

Foto: ORF Kärnten


Die drei Kameramänner des ORF Kärnten: Josef Steiner, Gerhard Florian und Anton wieser (v.l.n.r.)

Foto: ORF Kärnten


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