Translatio im Musil-Institut vergeben

In Klagenfurt ist Sonntagabend der Translatio, der Staatspreis für literarische Übersetzung, vergeben worden. Preisträger sind die Österreicherin Uta Szyszkowitz und der türkische Übersetzer Ahmet Cemal. Der Preis ist mit jeweils 8.000 Euro dotiert.

Der mit jeweils 8.000 Euro dotierte Staatspreis für literarische Übersetzung wird seit 1998 im Vorfeld der Tage der deutschsprachigen Literatur („Bachmannpreis“ - Anm.) in Klagenfurt verliehen. Heuer ging er an Uta Szyszkowitz und Ahmet Cemal. Szyszkowitz wurde für ihre Übersetzungen aus dem Englischen und Französischen mit dem ausgezeichnet. Ahmet Cemal gilt als großer Experte und Liebhaber der österreichischen Literatur, die er in das Türkische übersetzt. Beiden gemeinsam ist die Liebe zu ihrem Beruf, zur Literatur und Sprache.

Translatio  Preisverleihung: Foto: Johannes PuchTranslatio Preisverleihung: Foto: Johannes Puch

Ein "armer Mensch" mit einem "reichen Innenleben"

"Wer übersetzt ist zwar ein armer Mensch aber ein Mensch mit einem reichen Innenleben“, brachte Szyszkowitz die Situation ihres Berufsstandes auf den Punkt. "Ich war die Frau mit dem zu kleinen Herzen, im einem Theaterstück mit diesem Titel, ich war die Rachel in dem Roman „Tödlicher Sand“ von Susan Howatch. Ich war Christoph Kolumbus im gleichnamigen Roman von Michel de Ghelderode. Ich war Maria Carasarès, die Hauptdarstellerin von Jean Genets Theaterstück „Die Wende“, die er in seinen Briefen so genau beschreibt, dass man sie vor sich sieht.“

Ahmet Cemal blieb aus gesundheitlichen Gründen fern

Ahmet Cemal konnte aus gesundheitlichen Gründen nicht an der Preisverleihung teilnehmen. Jale Melzer-Tükel führte in ihrer Laudatio ein erfundenes Interview mit dem Abwesenden. Rund 40 Jahre arbeitete Cemal an der Übersetzung eines Romans von Hermann Broch. Neben Broch übersetzte Cemal Robert Musil, Ingeborg Bachmann, Paul Celan und auch Franz Kafka ins Türkische. „Wie Vergil war auch ich nur ein Gast in meinem Leben. Diese Seelenverwandschaft war es, die den Roman und dessen Übersetzung zu meinem Lebensinhalt machte, zu meiner großen Leidenschaft. Diese Übersetzung hat mir ein neues Leben geschenkt.“, zitierte Tükel den Abwesenden.

Ahmet Cemal: Foto: PrivatAhmet Cemal: Foto: Privat

Siegrid Löffler: "Wir übersetzen immer"

Den Festvortrag hielt die Literaturkritikerin Sigrid Löffler. Das 1975 erschienene Werk "Nach Babel. Aspekte der Sprache und des Übersetzens" des Literaturwissenschaftlers Georges Steiner zitierend, sagte Löffler: "Steiners zentrale These lautet: Wir übersetzen immer, alles ist Übersetzung. Für jede sprachliche Verständigung ist Übersetzen unerlässlich, angesichts des Skandalons von Babel – nämlich der Existenz von vielen tausenden, wahrscheinlich mehr als 5.000 gesprochenen und gegenseitig unverständlichen Sprachen auf der Welt. Lauter Sprachen, in denen die Menschen seit Babel aneinander vorbei reden."

Translatio Preisverleihung: Foto Johannes PuchTranslatio Preisverleihung: Foto Johannes Puch

Autorinnen und Autoren mit Migrationshintergrund schreiben, so Löffler, nicht in ihrer Muttersprache, damit geschieht bereits die erste Übersetzung. Die zum Beispiel auf Englisch oder Französisch, also den Sprachen der früheren Kolonien entstandenen Texte, werden kann wieder zum Beispiel ins Deutsche übersetzt und kommen damit endgültig in Europa an. Die Literaturkritikerin hat sich zuletzt in ihrem Buch "Die neue Weltliteratur und ihre großen Erzähler" mit diesem Thema auseinandergesetzt. (Michaela Monschein, Ö1)

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