Patrick Kokontis
geb. 1964 in Egion/Griechenland
lebt in Seon, CH

Humanistisches Gymnasium Aarau - "eines schönen, befreienden Tages der Rausschmiss", später doch Eidgenössische Maturität und Studien der Informatik, Psychologie, Anglistik und Germanistik. "Übungen in der Kunst des Überlebens, darin hoffnungsloser, ewiger Student".

Veröffentlichungen:

  • Mehrere Artikel für Zeitungen und Zeitschriften, u.a. Weltwoche und WoZ

Foto: Anne Steudler


Als vorletzter las der Schweizer Patrick Kokontis. Sein Text, ein Auszug aus dem Manuskript "Entgleisungen" zeigt einen Helden mit durchaus autobiografischen Bezügen, der sich mit der Diagnose Aids auseinandersetzen muss und während einer Zugsfahrt erkennt, dass das Leben auch weiterhin trivialer Alltag ist.

Oberflächlich
Denis Scheck habe zu Beginn große Hoffnungen gehabt, doch "man kann beim Thema Aids eines Protagonisten nicht immer wieder über Zitate aus dem Film Peters Friends stolpern". Die sprachlichen Ausdrücke ließen die Geschichten der Oberfläche bleiben, meinte Scheck abschließend.

Schweizer Biedermann und Brandstifter
"Wieder jemand der fährt, und währenddessen an vergangene Seelenstürme denkt. Das Ganze kommt mir vor, als ob der Schweizer Biedermann den Brandstifter spielen will, in unglaublich schlichter Prosa ,wirklich laienhaft mit großem sprachlichem Ungenügen geschrieben", urteilte Iris Radisch. Sie fand, der Text sei in einer sehr in der Schweizer Eigenheimwelt wurzelnden Sprache verfasst, die mit Filmzitaten auf die zusammenstürzende Welt reagiere.

Allegorischer Stellenwert
Burkhard Spinnen war auch nicht in der Lage, den Text "uneingeschränkt zu den besseren zu zählen", doch werde da ein ungeheuer zeitgenössisches Thema aufgenommen, wies er die Kritiker hin. "Es ist eine ungeheure Aufgabe der Literatur, zu zeigen, dass Menschen weiterleben. Hier wurde ein großes Unterfangen unternommen, hier wurde versucht Existentielles und Alltägliches zusammenzubringen, dem Schrecken Aids einen allegorischen Stellenwert zu geben", so Spinnen.

Der Leser ist nicht blöd
Robert Schindel gestand zu ,dass dies ein schwieriges Unterfangen sei. Er fand aber eine große Redundanz im Text: Bilder die nicht funktionieren, auch die Sprache sei schief, das "Thema kommt deshalb nicht rüber". Es wäre zu groß gegriffen und nicht gelungen. Er halte es für rohes Sprachmaterial, das zur Verfügung steht um ein großes Thema zu bearbeiten. "Da muss noch genau überlegt werden wie das zu gestalten sei", so Schindel. Er sehe auch mangelndes Vertrauen in den Leser, von dem der Autor glaube, er sei so blöd , dass man ihm alles noch einmal und noch einmal sagen muss. "Damit fällt das Thema zu Boden", schloss Schindel.

Sprachlich misslungen
Elisabeth Bronfen meinte, das Thema, und wie die Erzählung einen Bogen mache, das habe sie interessiert - aber sprachlich sei es nicht gelungen.

Brand ergriff den Biedermann
"Wir können häufig Realität und Fiktion nicht auseinanderhalten", so Hardy Ruoss. "Es geht hier um Literatur, um einen autobiografischen Roman. Es ist ein Stück Eisenbahnfahrt, und das Schöne an so einer Fahrt ist, dass man Muse hat zu schauen und zu denken - das ist hervorragend umgesetzt". Ruoss verstehe den Text als kleinen Ausschnitt einer Figur die sich mit der Katastrophe abgefunden habe. Das sei nicht Biedermann, das ist der Brand der Biedermann ergriffen hat, so Ruoss.

Hilflos
Ulrike Längle fand, dass der Text in der Sprache gescheitert sei. Die Schilderung einer existentiellen Grenzsituation werde in einer Sprache von solcher Hilflosigkeit geschildert, dass diese dem Thema nicht gerecht werde.

Autor Kokontis gab den Juroren in seinem Schlusswort zu bedenken , dass es nichts so Banales wie die Wirklichkeit gäbe.


© 17.11.2009