Susanne Riedel
geb. 1959 in Unna, Westfalen
lebt in Berlin

Volontariat bei der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (Essen), Redakteurin bei der WAZ, danach Wechsel zum Sender Freies Berlin (Redakteurin und Moderatorin).

Auszeichnung:

Künstlerstipendium des Berliner Senats 1999.

Publikationen:

  • Kains Töchter. Roman. Rowohlt Berlin, 2000.

Foto:Gezelt


Der letzte Bewerbstag begann mit der Lesung der Deutschen Susanne Riedel. In ihrem Auszug aus dem Roman "Knoten" ging es um ein Telefonspiel im Fernsehen und die Beziehungen zwischen einer Moderatorin und einem dichtenden, Pilze sammelnden Kandidaten .

Produktiver Wahnsinn des Alltags
Das war ein Moment, wo ich gemerkt habe, warum mir nach 20 Jahren noch immer an Literatur liegt, lobte Hardy Ruoss. "Es war gleichzeitig Bewusstsein, Gefühl und zusätzlich ein Fixstern, der durchleuchtet wird. Das ist Literatur, das ist Lyrik, das ist absolut ein Musterbeispiel, was Literatur können muss und kann - ich bin sehr beeindruckt", meinte er. Es sei auch ein Text über den produktiven Wahnsinn unseres Alltags.

Annäherung auf der Folie der Absurdität einer Fernsehshow
Elisabeth Bronfen hat den Text vorgeschlagen , weil sie vom erstem Moment hingerissen war. Sie entdeckte eine neue Sprache, unglaublich gut gelöst fand sie auch die Verschränkung der beiden Figuren, die Annäherung auf der Folie der Absurdität einer Fernsehshow. "Schön durchgeführt sind einerseits diese skurrilen Figuren, andererseits die tiefe Traurigkeit , die Verletzbarkeit", fand Bronfen, und meinte auch, der Text sei nie selbstgefällig und manieriert.

Der Text schwebt über dem Antlantik
Denis Scheck sagte, er habe den intellektueller Raum, den dieser Text eröffnet hat, sehr gerne betreten. "Beim zweiten und dritten Boden habe ich aber beim Lesen ein etwas seltsames Gefühl - das ist ein Text, der weder deutsch noch englisch ist - er schwebt irgendwo über dem Atlantik". Da wären Kleinigkeiten drin, die das wie eine nicht geglückte Übersetzung wirken lassen, so Scheck. "Der Trommelwirbel von anämischen Frauen liest sich, wie ein in Amerika oder Kanada angesiedelter Text", meinte er abschließend.

Gegen Fragmentierung
Schindel sah das Machwerk als einen "Text über Totalität und Fragmentierung, eine Zukunft, auf die wir hinpaddeln, und der Text schreibt gegen die Fragmentierung an".

Existenz und Schicksal im Zeitalter der Allgemeinverblödung
"Ein sehr beeindruckender Text", urteile Burkhard Spinnen. Er stelle sich ein großes Ziel vor, wie im Zeitalter der Allgemeinverblödung Existenz und Schicksal aussehen würden, schön verbunden, so wie "im banalen Medienalltag zwei Schicksale zusammentreffen". Im Gegensatz zum zeitgenössischen Ambiente handle es sich um sehr konventionelle Figuren. Wenn es Einschränkungen gibt, dann dort, wo den Figuren der Literaturfundus unterlegt ist".

Ein hoch poetischer Text
Iris Radisch fand, der Text sei eine ungeheuer beeindruckende, zehn Minuten dauernde Liebesgeschichte, die wunderbar gebaut sei. "Ich bin allerdings dagegen, in der Manier der alten Herren einzelne Worte heraus zu klauben - das ist ein hoch poetischer Text, der nicht zerpflückt werden muss". Zur Diskussion, ob der Text in Deutschland oder anderswo spiele, meinte sie, "das ist mir Wurst". Den wohl seltsamsten und absurdesten Einwand, den sie hier bisher in Klagenfurt gehört habe, beschied sie Denis Scheck. Denn "wer will, dass alle Bilder die Realität abbilden, der hat nicht begriffen was Poesie ist".

Kein "respektvolles Niederknien"
Ulrike Längle zeigte sich fasziniert, für sie blieben die Figuren aber lange flach. Sie sah in der Verknüpfung der beiden Figuren mit der Unterfütterung durch literarische Quervreweise ein Problem. "Dass Anne Sexten und T. S. Elliot herhalten müssen, um den Figuren einen Wert zu geben, das hat mich mit der Zeit gestört", sagte Längle. Wo sie nicht einsteigen habe können, wäre die "Gefühlswelt, die wie ein dunkler Kitsch wirkt", da wäre vieles auf Plattitüden reduziert, sie könne da nicht respektvoll niederknien.


© 17.11.2009