25. Tage der deutschsprachigen Literatur
2001
Eine Veranstaltung der Landeshauptstadt Klagenfurt und des ORF Landesstudios Kärnten in Zusammenarbeit mit 3sat und freundlicher Unterstützung der Telekom Austria.
Allgemeine Informationen zu den 25. Tagen der
deutschsprachigen Literatur finden Sie immer in der Linken Spalte unter
dem Link TAGE DER DS LIT
Schon zum vierten mal wurde
Sonntagabend der österreichische Staatspreis für literarische
Übersetzungen in Klagenfurt vergeben. Es ist der einzige Preis der
Republik, der außerhalb der Bundeshauptstadt vergeben wird. Mit
dem Preis ausgezeichnet wurden in diesem Jahr der Norweger Sverre Dahl
und die Österreicherin Christa Rothmeier.
Die Preisträger Sverre
Dahl und Christa Rothmeier
Sverre Dahl übersetzt
seit mehr als drei Jahrzehnten deutschsprachige Literatur ins Norwegische.
80 Bücher hat er übersetzt, die Einblick in die zeitgenössische
wie in die klassische deutsche Literatur geben. Die Liste der Autoren
reicht von Goethe über Hermann Broch, Robert Schneider bis zu Thomas
Bernhard und Ingeborg Bachmann. Insbesondere in den Werken von Thomas
Bernhard habe er das Phänomen der österreichischen Seele kennen
und verstehen gelernt, meint Dahl. Mit seinen Übersetzungen hofft
der Norwegern, seinen Landsleuten nicht nur die deutschsprachige Literatur
nahe bringen zu können, sondern ihnen damit auch den Blick für
die Kultur Deutschland, Österreich und der Schweiz zu öffnen.
Der Staatspreis wird nicht nur für Übersetzungen
aus dem Deutschen vergeben, auch die Übersetzung aus anderen Sprachen
wird ausgezeichnet. Hier wurde heuer Christa
Rothmeier ausgezeichnet, sie übersetzt aus dem Tschechischen
- wie Dahl seit rund 30 Jahren - und auch sie sieht in ihrer Arbeit mehr
als das Zugänglichmachen zu Geschichten. Ihre Arbeit sei, so hofft
sie, auch ein wichtiges Puzzleteil für die Friedensarbeit, denn wer
die Kultur der anderen kenne, der fürchte sich nicht vor dem Fremden.
Der Staatspreis für literarische Übersetzungen
wird seit 1985 vergeben. Die Bedeutung von literarischen Übersetzungen
im kulturellen Austausch der Nationen habe vor nunmehr 16 Jahren zur Einführung
des Staatspreise geführt, so Robert Stocker, Leiter der Literatursektion
im Bundeskanzleramtes in seiner Rede. Man könne eine Kultur nur durch
den dauernden Austausch erklären und dabei spiele die Literatur eines
Landes eine gewichtige Rolle. Damit prägen die Übersetzer in
entscheidenden Maße das Bild eines Landes mit, führte er weiter
aus.
Klon des Autors - Nachdichter
- Wortmechaniker
Was ist nun der Übersetzer wirklich - ein alter Ego des Autors sein
Klon, ein schlichter Wortmechaniker oder ein genialer Nachdichter? Der
Stellenwert des Übersetzers wird in der Öffentlichkeit zwar
nicht in Frage gestellt, doch noch immer nicht in dem ihm zustehenden
Ausmaß gewürdigt. Darauf wies auch der Festredner des Abends,
Sead Muhamedagic, Übersetzer ins Kroatische, hin. Die Vergabe des
Staatspreise sei aber eine wertvolle Aufmunterung für die Übersetzer,
die sich mit Hingabe an die Herausforderung des Übersetzens machen.
Übersetzungen geben Einblick in die kulturelle
und literarische Eigenart eines Volkes, damit auch in den Alltag und die
sozialen und gesellschaftlichen Eigenarten einer Nation, so Muhamedagic
weiter. Durch die Lektüre von Schnitzler, Hofmannsthal, Karl Kraus
, Musil, Doderer, Jelinek, Bernhard oder Bachmann, Turrini, Franzobel
oder Gstättner erschließe sich dem Leser die Österreichische
Kultur und vice versa. Durch Übersetzungen aus anderen Sprachen werden
dem Österreichern die Gedanken und das Lebensgefühl fremder
Nationen und damit auch von denen, die einst in der Donaumonarchie vereint
waren, wieder erleb- und nachvollziehbar gemacht.
Im Wortgarten Textinsekten entdecken
Grundlage für die Übersetzung ist die Sprachkunst. Das Anliegen
des Übersetzers liege darin, die darüber liegenden linguale
Meta-Ebene aufzuspüren, das zwischen den Zeilen liegende verständlich
zu machen. Dafür bedürfe es der Liebe zu Dichtung gleichermaßen
wie zur Sprache an sich. Es gelte nicht, homöopathisch zu verdünnen,
vielmehr "den Garten der Wörter zu bebauen, um die darin vorkommenden
Textinsekten - Muhamedagic bezog sich da auf eine Begriff des von ihm
übersetzten Gert Jonke - zu entdecken".
Es bedürfe aber einer großen Erfahrung,
sich an Texte, etwa von Jonke, zu machen. Die Suche nach dem treffende
Wort ist eine stete Herausforderung, so Muhamedagic, gleichzeitig aber
auch die spannungsreich Suche nach der Mentalität.
Fährmann zwischen den Sprachen
Noch immer stünden die Übersetzer
im Schatten der Autoren, sei ihre Rolle als Fährmann zwischen den
Sprachen nicht deutlich genug in der Öffentlichkeit vorhanden. Ganz
zu schweigen vom Bewusstsein für die Schwierigkeit des Übersetzens.
Denn wie viele Bedeutungen hat ein Wort, wie viel doppelter Boden verbirgt
sich in und hinter den Sätzen, fragte dann auch Peter Becker, Vorsitzender
des Sudetendeutschen Adalbert-Stifter-Verbandes München. Der Übersetzer
ist kein Klon, kein Co- Autor, er ist vielmehr ein Gast mit dem Rucksack
einer zweiten Sprache, der ständig zwischen den Sprachhäusern
unterwegs ist. Wer immer bemüht ist, nicht nur die Wörter, sondern
auch die Stimmungen zu transferieren, der bedürfe nicht nur eines
Wörterbuches, der müsse die Menschen kennen, betonte auch Becher
die völkerverbindende Arbeit der Übersetzer.
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