Eine Veranstaltung der Landeshauptstadt Klagenfurt und des ORF Landesstudios Kärnten in Zusammenarbeit mit 3sat und freundlicher Unterstützung der Telekom Austria.

Allgemeine Informationen zu den 25. Tagen der deutschsprachigen Literatur finden Sie immer in der Linken Spalte unter dem Link TAGE DER DS LIT


Die Preisträger Sverre Dahl und Christa Rothmeier
Sverre Dahl übersetzt seit mehr als drei Jahrzehnten deutschsprachige Literatur ins Norwegische. 80 Bücher hat er übersetzt, die Einblick in die zeitgenössische wie in die klassische deutsche Literatur geben. Die Liste der Autoren reicht von Goethe über Hermann Broch, Robert Schneider bis zu Thomas Bernhard und Ingeborg Bachmann. Insbesondere in den Werken von Thomas Bernhard habe er das Phänomen der österreichischen Seele kennen und verstehen gelernt, meint Dahl. Mit seinen Übersetzungen hofft der Norwegern, seinen Landsleuten nicht nur die deutschsprachige Literatur nahe bringen zu können, sondern ihnen damit auch den Blick für die Kultur Deutschland, Österreich und der Schweiz zu öffnen.

Der Staatspreis wird nicht nur für Übersetzungen aus dem Deutschen vergeben, auch die Übersetzung aus anderen Sprachen wird ausgezeichnet. Hier wurde heuer Christa Rothmeier ausgezeichnet, sie übersetzt aus dem Tschechischen - wie Dahl seit rund 30 Jahren - und auch sie sieht in ihrer Arbeit mehr als das Zugänglichmachen zu Geschichten. Ihre Arbeit sei, so hofft sie, auch ein wichtiges Puzzleteil für die Friedensarbeit, denn wer die Kultur der anderen kenne, der fürchte sich nicht vor dem Fremden.

Der Staatspreis für literarische Übersetzungen wird seit 1985 vergeben. Die Bedeutung von literarischen Übersetzungen im kulturellen Austausch der Nationen habe vor nunmehr 16 Jahren zur Einführung des Staatspreise geführt, so Robert Stocker, Leiter der Literatursektion im Bundeskanzleramtes in seiner Rede. Man könne eine Kultur nur durch den dauernden Austausch erklären und dabei spiele die Literatur eines Landes eine gewichtige Rolle. Damit prägen die Übersetzer in entscheidenden Maße das Bild eines Landes mit, führte er weiter aus.

Klon des Autors - Nachdichter - Wortmechaniker
Was ist nun der Übersetzer wirklich - ein alter Ego des Autors sein Klon, ein schlichter Wortmechaniker oder ein genialer Nachdichter? Der Stellenwert des Übersetzers wird in der Öffentlichkeit zwar nicht in Frage gestellt, doch noch immer nicht in dem ihm zustehenden Ausmaß gewürdigt. Darauf wies auch der Festredner des Abends, Sead Muhamedagic, Übersetzer ins Kroatische, hin. Die Vergabe des Staatspreise sei aber eine wertvolle Aufmunterung für die Übersetzer, die sich mit Hingabe an die Herausforderung des Übersetzens machen.

Übersetzungen geben Einblick in die kulturelle und literarische Eigenart eines Volkes, damit auch in den Alltag und die sozialen und gesellschaftlichen Eigenarten einer Nation, so Muhamedagic weiter. Durch die Lektüre von Schnitzler, Hofmannsthal, Karl Kraus , Musil, Doderer, Jelinek, Bernhard oder Bachmann, Turrini, Franzobel oder Gstättner erschließe sich dem Leser die Österreichische Kultur und vice versa. Durch Übersetzungen aus anderen Sprachen werden dem Österreichern die Gedanken und das Lebensgefühl fremder Nationen und damit auch von denen, die einst in der Donaumonarchie vereint waren, wieder erleb- und nachvollziehbar gemacht.

Im Wortgarten Textinsekten entdecken
Grundlage für die Übersetzung ist die Sprachkunst. Das Anliegen des Übersetzers liege darin, die darüber liegenden linguale Meta-Ebene aufzuspüren, das zwischen den Zeilen liegende verständlich zu machen. Dafür bedürfe es der Liebe zu Dichtung gleichermaßen wie zur Sprache an sich. Es gelte nicht, homöopathisch zu verdünnen, vielmehr "den Garten der Wörter zu bebauen, um die darin vorkommenden Textinsekten - Muhamedagic bezog sich da auf eine Begriff des von ihm übersetzten Gert Jonke - zu entdecken".

Es bedürfe aber einer großen Erfahrung, sich an Texte, etwa von Jonke, zu machen. Die Suche nach dem treffende Wort ist eine stete Herausforderung, so Muhamedagic, gleichzeitig aber auch die spannungsreich Suche nach der Mentalität.

Fährmann zwischen den Sprachen
Noch immer stünden die Übersetzer im Schatten der Autoren, sei ihre Rolle als Fährmann zwischen den Sprachen nicht deutlich genug in der Öffentlichkeit vorhanden. Ganz zu schweigen vom Bewusstsein für die Schwierigkeit des Übersetzens. Denn wie viele Bedeutungen hat ein Wort, wie viel doppelter Boden verbirgt sich in und hinter den Sätzen, fragte dann auch Peter Becker, Vorsitzender des Sudetendeutschen Adalbert-Stifter-Verbandes München. Der Übersetzer ist kein Klon, kein Co- Autor, er ist vielmehr ein Gast mit dem Rucksack einer zweiten Sprache, der ständig zwischen den Sprachhäusern unterwegs ist. Wer immer bemüht ist, nicht nur die Wörter, sondern auch die Stimmungen zu transferieren, der bedürfe nicht nur eines Wörterbuches, der müsse die Menschen kennen, betonte auch Becher die völkerverbindende Arbeit der Übersetzer.

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