Viel mehr, als sie erwartet hat
Katja Petrowskaja ist nicht die letzte Bachmann-Preis-Gewinnerin - aber eine derart bescheidene, wie es sie wohl noch nie gegeben hat (und vielleicht auch nicht wieder so schnell geben wird). Wäre sie „Jury gewesen“, so die Autorin nach der Preisverleihung im Interview mit Cecile Schortmann, hätte ein anderer Autor den Bachmannpreis bekommen, und zwar Roman Ehrlich. Denn: „Ich schreibe nicht so wie ich möchte. Meine Sprache ist noch voller Fehler“. So seien ihre Gefühle nun eher „gemischt“ und: auch für den deutschsprachigen Leser müsse das „seltsam sein“. Überraschend sei es gewesen, so gut von der Jury verstanden zu werden, auch wenn sie „viel zu sehr gelobt“ worden sei: „Ich hätte mir mehr Kritik gewünscht“, so die in Kiew geborene Autorin.
Spinnen: Wie ein Fußballspieler in der Ablösekrise
Juryvorsitzender Burkhard Spinnen, der daneben Platz genommen hatte, schien indes ganz zufrieden mit dem Verlauf des heurigen Bewerbes zu sein. Der habe zwar „Nerven gekostet“, nach dem OK für das Weitermachen sei er aber ganz froh, dass es in diesem Jahr eine so „überzeugende Veranstaltung“ gewesen sei. Der Fokus während des Bewerbes sei ganz auf den Texten und nicht auf dem möglichen Ende gelegen, da gehe es der Jury wie dem Fußballspieler in der Ablösekrise, der am Platz auch nicht an die „Millionen“ denke.
Publikum rettete Österreichs Literatur-Ehre
Dem Juryvorsitzenden war die Erleichterung über den Fortbestand des Bewerbes anzusehen. Wobei die gute Laune Spinnens zum Gutteil wohl auch darin begründet lag, dass mit dem Publikumspreis für Nadine Kegele letztendlich auch eine vom Juryvorsitzenden vorgeschlagene Autorin einen Preis eingeheimst hat. Mitfreuen dürfen sich damit auch die Österreicher, die in diesem Jahr nur mit zwei Autoren vertreten waren – auch wenn es die Vorarlbergerin Nadine Kegele ursprünglich nicht auf die Shortlist der Juroren geschafft hatte. Denn "was dem Publikum gefällt hat Zukunft", wie von BKS-Direktor Heimo Penker bei der Überreichung des Preises ganz richtig bemerkt wurde.
Zuwenig Polemik?
Auch etwas mehr Polemik in den Diskussionen schien so manchem in diesem Jahr wünschenswert. Die an den Tag gelegte Milde der Juroren könnte jedoch- neben dem Damoklesschwert Wettbewerbs-Aus - auch mit der kritischen Klagenfurter Rede Michael Köhlmeiers zusammengehangen haben. Er hatte in seiner Jörg Fauser gewidmeten Rede davon gesprochen, dass Fauser vor die Jury, "den Klagenfurter Literaturgerichtshof" getreten und "von den Richtern verissen worden" war wie "kein anderer vor ihm und kein anderer nach ihm". "Denn die Richter hätten ihm nicht verzeihen können wie er war". Fauser sei, so Köhlmeier, mit einer Haltung aufgetreten, die der Jury signalisiert hätte: "Ich brauche euch nicht" - mehr zur Klagenfurter Rede: -Der 37. Ingeborg Bachmann-Preis ist eröffnet.
Mehrere Verrisse
Die Qualität der Texte wurde heuer von vielen Seiten als ungewöhnlich hoch eingeschätzt. Echte Verisse der Jury gab es tatsächlich wenige, der Text Nikola Anne Mehlhorns kam noch am schlechtesten weg. Zweispältig beurteilt wurde aber auch Anousch Mueller, Zé do Rock, Cordula Simon und die vom Publikum schließlich doch mit einem Preis bedachte Nadine Kegele.
Bachmann-Seite wird auf fünf Kontinenten abgerufen
Wie es mit dem Wettbewerb weitergeht, steht nun jedenfalls nicht mehr in den Sternen, sondern auf einem neuem Vertrag, der von ORF und dem Land Kärnten und der Stadt Klagenfurt ausverhandelt wurde. ORF-Generalintendant Alexander Wrabetz hatte den Fortbestand des Wettbewerbes bei der Preisverleihung verkündet und damit für Jubel gesorgt: "Wir sind stolz auf den Preis und haben eine gute Lösung gefunden". Der Bachmann-Preis bleibe in Klagenfurt, im Fernsehen und im Internet bestehen - mehr dazu: Fortbestand gesichert
Apropos Internet: die Seite "bachmannpreis.eu" wurde während der TDDL auf fünf Kontinenten und in über 60 Ländern aufgerufen. Ob auch das den Gefallen der Namensgeberin Ingeborg Bachmann gefunden hätte? Wahrscheinlich schon. Nun sind "die Richtstätten" jedenfalls wieder leer - bleiben tun sie es, glücklicherweise, nicht.