Ingeborg-Bachmann-Preis für Tex Rubinowitz
Nach einem spannenden Stechen einigten sich die Jurymitglieder auf Tex Rubinowitz mit seinem Text „Wir waren niemals hier“. Der witzig-lakonische Text, der von Daniela Strigl eingeladen wurde, setzte sich in der dritten Stichwahl gegen Senthuran Varatharajah durch. Daniela Strigl hielt die Laudatio auf ihren Autor: „Das ist eine wilde, schöne und sehr seltene Liebesgeschichte“. Es gehe darin um einen lakonischen Held, der „eine Schneekönigin im tristen Wien der 80er Jahre umkreist“ – und das „eher komisch als tragisch“. Eine Studie über die „Mühen der Verständigung zwischen Mann und Frau“, in der sich die „zeitgenössische Liebe“ sich eben so äußere, dass der Mann seiner Angebeteten ein Brathuhn stiehlt. Eine „zeitgemäße Form des Minnedienstes“, so Strigl.
(v.l. Michael Fehr, Gertraud Klemm, Tex Rubinowitz, Santhuran Varatharajah, Katharina Gericke)
Der mit 25.000 Euro dotierte Ingeborg-Bachmann-Preis, gestiftet von der Stadt Klagenfurt, gilt als eine der bedeutendsten literarischen Auszeichnungen im deutschsprachigen Raum.
(Tex Rubinowitz mit Vize-Bgm Albert Gunzer und Bgm Christian Scheider)
Kelag Preis für Michael Fehr
In einer Stichwahl zwischen Michael Fehr und Senthuran Varatharajah setzte sich Fehr mit seinem Text "Simliberg" durch. Der Preis, gestiftet von der Kärntner-Elektrizitäts-Aktiengesellschaft ist dotiert mit 10.000 Euro. Juri Steiner sagte in der Laudatio, Fehr tauche in die Tiefen einer rätselhaften Befindlichkeit ab. Wüst, trist, grau ist es beim alten schwarzen Loch. Bedrohung und Gewalt, wirken wie beschwörende Zaubersprüche wie bei Gebrüdern Grimm. Simliberg ist einer versrhythmische Welt.
(Michael Fehr mit Kelag-Vorstand Manfred Freitag)
3sat-Preis für Senthuran Varatharajah
Senthuran Varatharajah setzte sich in einer Stichwahl gegen Katharina Gericke durch. Der Preis ist mit 7.500 Euro dotiert und wird gestiftet von ZDF, ORF, SF und ARD. Es kam zu einer Stichwahl zwischen ihm und Katharina Gericke. Meike Feßmann prophezeite in ihrer Laudatio, dass der gerade 30 Jahre alt gewordene Senthuran Varatharajah die deutschsprachige Literatur auf noch nie dagewesene Art und Weise prägen werde. Eine „phantastische“ Geschichte über das Asyl sei sein Beitragstext, in der zwei erwachsene Flüchtlingskinder auf facebook miteinander in Gespräch kommen würden: „Sie reden und fragen, und erzählen Geschichten, die sie für ihr Leben halten“ - eine „Erinnerungswelt“, ein „Fries loser Fäden“, die von den Protagonisten wie „Schleppnetze“ hinter sich hergezogen würden. Den Text zeichne“ intelligente Strenge und poetisches Gespür“ aus. Der Leser könne sein Denken nicht ausschalten, während die Seele berührt werde. Eine große Zartheit zeichne diese Prosa voller literarischer Referenzen in Richtung Foucault, Derrida und Hegel aus. Womöglich werde das heutige Zeitalter irgendwann das Zeitalter des Asyls heißen. Senthuran Varatharajah gebe diesem schon heute eine Stimme: „Möge ihnen der 3sat-Preis eine Geste des Willkommens sein“, so Feßmann.
(Senthuran Varatharajah mit Reinhard Scolik, 3sat)
Mr. Heyns Ernst-Willner-Preis für Katharina Gericke
Der mit 5.000 Euro dotierte Preis wird von der Buchhandlung Heyn gestiftet. Er ging nach drei Stichwahlrunden an Katharina Gericke und ihren Text "Down Down Down" aus dem Berliner Stadtteil Moabit. Sie wurde eingeladen von Burkhard Spinnen. „Ich bin ein Berliner“ bekannte Spinnen in seiner Laudatio. Es sei bereits so viel schönes über den Text gesagt worden, dass er sich dem nur noch anschließen könne. „Ich kann das nicht. Wenn ich weiß, dass es einer meiner Autoren auf die Shortlist geschafft hat, setze ich mich in einen Lehnstuhl und versuche, flach zu atmen, um den Puls niedrig zu halten. Der Text habe beim Lesen sein Herz berührt, er sei froh, dass es anderen auch so ergangen sei, so Spinnen.
(Katharina Gericke mit Helmut Zechner, Buchhandlung Heyn)
BKS-Publikumspreis für Gertraud Klemm
Mit klarem Abstand stimmten die Internetleser für den Text von Gertraud Klemm "Ujjayi", vorgeschlagen von Hubert Winkels. Der Preis ist dotiert mit 7.000 Euro und wird von der BKS-Bank gestiftet .
(Gertraud Klemm mit Herta Stockbauer, BKS)
Aus den Begründungen der Wähler:
„Gertraud Klemm hat einfach einen coolen Stil“
„Lebendiger, origineller, direkter und temperamentvoller, eigenständiger Schreibstil, klar und interessant zu lesen“
„I Love Herbstmilch“
„Weil mich das Lesen ihrer Texte trotz oft ernster Thematik zum Lachen/Schmunzeln bringt“
„Hab mich selbst wiedergefunden“
„Einzigartiger Text, bewegend“
„Erfrischende, direkte, Sprache, aktuelle Themen“
„Gertraut schreibt intelligent, mit Witz und gesellschaftskritisch relevant“
„Sehr berührender Text, Worte ohne Zensur aus dem Leben gegriffen“
„Großartige Schreibweise“
„Auch wenn die männlichen Jurymitglieder es nicht verstehen: Gertraud spricht uns Frauen aus der Seele“
„Eine ehrlichere Beschreibung der Dinge gibt es nicht oft. Hoffentlich wird Gertraud viele Menschen erreichen“
„Frau Klemm hat mir meine Tochter empfohlen“
„Bissig, aus dem Leben“
„Sie kann wunderbar das Bild zum Gedicht verwandeln“
Spinnen legt Juryvorsitz zurück
Burkhard Spinnens Abschlussrede war gleichzeitig eine Abschiedsrede. Nach 14 Jahren beim Bachmannpreis gab er bekannt, sich zurückzuziehen. Als Abschiedsgeschenk von ORF-Landesdirektorin übergab sie ihm die Erstausgabe des ersten Romans von Humbert Fink.
Spinnen: "Ich weiß nicht ob sie es sich vorstellen können, wie das Leben eines Jurors beim Bachmannpreis aussieht – und dieser Wettbewerb das ganze Jahr bestimmt. Es geht im Januar mit dem Lesen der Texte los, dann folgt die Auswahl, man nimmt Kontakt mit den Autoren auf, schließlich folgen die Fahrt und die Tage hier in Klagenfurt. Zwischendurch gibt es die großen Katastrophen. 14 Jahre lang habe ich das gemacht, dieses Jahr war das letzte.“ Er sei aber nicht rausgeschmissen worden, so Spinnen, und auch nicht krank, doch 14 Jahre wären eine lange Zeit und „was wir hier machen, beruht auf Abwechslung, Rotation und Vielfalt. Niemand darf zur Institution werden.“ Er danke allen, die es ihm leicht und allen, die es ihm schwer gemacht haben, für ihre Ermunterung und auch die Kritik. „Vielleicht sehen wir uns irgendwann wieder: Tschüss!“
(Umarmung von ORF-Landesdirektorin Karin Bernhard)