Palzhoff konnte Jury nicht überzeugen

Rumänien, zweieinhalb Monate nach dem Tod Ceausescus: "Livia", Thorsten Palzhoffs Text über ein Fernsehteam auf der Suche nach der Identität eines Landes, konnte die Jury vor allem sprachlich nicht von sich überzeugen.

"Der Erzählstil wirkt stillos"

Zwar wusste die Jury die "hochpolitische Ambition" des Textes zu würdigen, konnte sich jedoch nicht darüber einigen, was von dessen Sprache zu halten sei: Der "anonyme Erzählstil" wirke stillos - "Falsch", behauptete Ijoma Mangold, der den Text nach Klagenfurt geholte hatte: Die Sprache sei nur dem "Reportagestil des Fernsehens" angepasst.

Publikum (Foto ORF/Johannes Puch)

Alain Claude Sulzer, neu in der Jury, sprang als erster ins kalte Wasser. Diese "Auseinandersetzung mit Filmen und Filmstilen" erinnere ihn ein wenig an Filme wie "Blair Witch Project" oder "Dr. Caligari". Die Kamera sei hier die "Hauptfigur" - ihm sei deshalb aber auch die "stillose Art" des Schreibens aufgefallen: "Der Autor hat keine "dezidierte eigene Sprache". Nicht ganz überzeugend, so sein Urteil.

März: "Ich wüsste gern mehr vom Ich"

Ursula März lobte am Text das "politisch hochaufgeladene Szenario", aber sie verstehe nicht, welche "Haltung" der Autor hier einnehme. "Ich wüsste gern mehr vom Ich". Die Ambition des Autors für dieses "tolle Thema" sei zu würdigen, aber schlussendlich sei das die "Ausführung einer Geschichtsstunde" .

Lesung Palzhoff (Foto ORF/Johannes Puch)

"Brisant politsch", lobte Andre Vladimir Heiz, aber: "Der Text hat zu viele Unschärfen". Klaus Nüchtern kritisierte, dass der Text zu viel "Aufwand" betreibe. Die "enervierende Selbstreflexivität" des Textes nerve ihn, es sei "Zuviel des Guten": "Der Text sagt dauernd, was er tut". Insgesamt sei das "literarisch unergiebig".

"Weltgeschichte als Mediengeschichte"

Ijoma Mangold versuchte seine Kollegen zu beschwichtigen: Der Text versuche, eine Idee zu veranschaulichen: Dieser sei wie eine Novelle gebaut und erzähle davon, welche mythenbildende Kraft Medien (im Sinne Friedrich Kittlers) hätten. Hier werde "Weltgeschichte als Mediengeschichte" erzählt. Einwurf Daniela Strigls: Die Novelle lebe von "Verknappung", hier sei "zu viel Überflüssiges". Palzhoffs Sprache hätte, bedingt durch die "mediale Überblendung" im Text, etwas "technokratisches".

Burkhart Spinnen (Foto ORF/Johannes Puch)

"Eine hochintelligente Konstruktion"

Vorsitzender Burkhard Spinnen lobte die "hochintelligente Konstruktion", allerdings werde man durch den pädagogischen Impetus der Geschichte abgeschreckt: "Man merkt die Absicht und ist verstimmt". Die Ausdrucksweise sei "sehr konventionell", die Attribute "betulich". Die "Biederkeit" sei keine Komponente des Textes.

Ijoma Mangold versuchte ein letztes Mal zu verteidigen: Die Sprache des Textes sei Absicht und dem "Reportagetonfall" des Fernsehens angepasst.

Text von Thorsten Palzhoff