Pomona - ein "seltsam gemütlicher" Text

Ulf Erdmann Ziegler las auf Einladung von Alain Claude Sulzer aus dem Text "Pomona" (eine BRD-Siedlung in den 60er-Jahren) vor. Die Jury teilte sich in ihrer Kritik in zwei Lager: "Ein Haus mit zwei Eingängen", konstatierte schließlich die - eher abgeneigte - Ursula März.

"Generation-Pille-Zeit" überanschaulich erzählt

März hatte sich als erste zu Wort gemeldet. Hier werde die Zeit der "Generation Pille", die Zeit nach den 50ern sehr anschaulich erzählt - leider "überanschaulich". Man werde schnell reingezogen in die Geschichte, jeder Benennung eines Dings werde große Bedeutung beigemessen - der Rest leide darunter. "Mich stört das demonstrative, er wendet sein Material so nach außen".

Dieter Moor, Ursula März (Foto ORF/Johannes Puch)

Zu betulich und "seltsam gemütlich"

Auch Ijoma Mangold zeigte sich wenig angetan. Er meinte, "zu viel onkelhafte Witzigkeit am Werk" zu sehen. Diese Geschichte der Bundesrepublik werde als "bewusstes Idyll", als "Rückkehr ins Paradies" erzählt. Der Text beherrsche zwar seine Mittel sehr gut, sei aber "zu betulich" und so "seltsam gemütlich". Das sei das Erzählprinzip der "Generation Golf" in den 60ern", ein Patentrezept, in dem immer gleich das richtige Stichwort" falle.

Ulf Erdmann Ziegler (Foto ORF/Johannes Puch)

Ein Vordringen in die Welt der eigenen Eltern

Spinnen meinte, dieser "heftig plakative" Text übers Bauen und Siedeln sei ein Anfang eines Vordringens in eine nicht so bekannte Welt - nämlich die der eigenen Eltern. Diese wären kulturgeschichtlich noch weit unbekannter und weniger aufgearbeitet als eben die Großelterngeneration. "Der Autor traut aber seiner Nüchternheit und Dingbezogenheit noch selbst nicht so ganz", so Spinnen.

Chefkameramann Anton Wieser (Foto ORF/Johannes Puch)

Strigl war von "flirrender Beiläufigkeit" angetan

Daniela Strigl sagte, das sei die Geschichte von Pionieren", die keinen weiteren Ehrgeiz besitze, als ein Milieu und eine Zeit darzustellen, ihr habe diese "flirrende Beiläufigkeit" sehr gut gefallen.

Auch Nüchtern fand den Text "sympathisch"

Klaus Nüchtern schloss sich dem an: "Ein sehr sympathischer Text", dessen "mimetische" Leistung es sei, sich einer Zeit anzunähern. "Das ist zurückgenommen-cool und angenehm, eine "nicht mit Kommentaren zugekleisterte" Versuchsanordnung.

 Klaus Nüchtern (Foto ORF/Johannes Puch)

"Hohe Eleganz der literarischen Mittel"

Andre Heiz meinte, der Text werde seinem eigenen Anspruch gerecht: Dieser ihm "fremde Mikrokosmos" besitze eine "hohe Eleganz" seiner literarischen Mittel.
Alain Claude Sulzer resummierte, der Text sei unheimlich reich: "Mir wird ganz bunt vor Augen beim Lesen". Er sehe "so viel Potenzial an Realität" in diesem Text, wie in keinem anderen: "Pomona bleibt stehen und wackelt überhaupt nicht".

"Das mag sein, dennoch scheinen ihn nicht alle zu mögen", meinte Moderator Dieter Moor abschließend.

Text von Ulf Erdmann Ziegler