Klare Favoritin am zweiten Tag

Der zweite Lesetag 2013 brachte eine (fast) einhellig glückliche Jury und eine erste Favoritin: Katja Petrowskaja. Auch Heinz Helles Text wurde sehr gelobt. Weniger Glück hatten heuer die beiden Österreicherinnen im Bewerb. Ihre Texte überzeugten großteils nicht.

Kameramänner (Bild: Johannes Puch)Kameramänner (Bild: Johannes Puch)

Der erste Autor des zweiten Lesetages,Zé do Rock wurde von Juryvorsitzendem Burkhard Spinnen zum Bachmann-Bewerb eingeladen. Der gebürtige Brasilianer lebt in München, hat auch eine Ausbildung für Schauspiel und las "Gott is Brasilianer, Jesus anscheinend auch". Die rasante Beschreibung einer Reise durch Brasilien, vermischt mit philosophischer Religionsbetrachtung, in gebrochenem Deutsch geschrieben und mit Temperament vorgetragen, sorgte immer wieder für Lacher aus dem Publikum.

Zé do Rock (Bild: Johannes Puch)Zé do Rock (Bild: Johannes Puch)

Jury zu Zé do Rock

Elisabeth Hildegard Keller gratulierte dem Vorsitzenden, dass er für den "Fetzigkeitsfaktor im ORF" etwas getan habe. "Wir gehen mit Ze do Rock an die Grenzen an die Dialektliteratur. Wir sind die „Juris“ für die „Autis“ hier." Der Text sei eine Sammlung von Schwänken und Kalauern. Winkels meinte, an der Art des Vortragens sehe man, dass der Autor den Text wie eine Partitur behandle. Die Vermischung werde zum Prinzip erhoben. Man schaue die Welt "von unten" an und gebe sich dümmer, als man ist.

Publikum lachend (Bild: Johannes Puch)Publikum lachend (Bild: Johannes Puch)

Daniela Strigl sagte, es sei die Sprache, die das Rätsel des Textes ausmache. Der Eindruck sei, jemand erzählt unter Alkoholeinfluss seine Erlebnisse. Sympathisch, dass man eine Boa „schlangi“ nennen könne, und damit die Angst in Schach halt. Strigls Lieblingssatz: „Eigentlich kein guter Japaner." Paul Jandl entschuldigte sich für seine Humorlosigkeit. Er warnte vor dem Hochinterpretieren des Textes, dieser sei kein Kabinett- sondern ein "Kabarettstück". "Dieses Stück Humor funktioniert wie eine Art Wurst, wo man an verschiedenen Stellen abschneiden kann".

Auch zweite Österreicherin großteils durchgefallen

Die Österreicherin Cordula Simon folgte als nächste Autorin. Die gebürtige Grazerin lebt in Odessa, Ukraine, und wurde von Jurorin Daniela Strigl eingeladen. Sie ist neben Nadine Kegele, die am ersten Tag las, die zweite Teilnehmerin aus Österreich. Auch ihr Text "Ostrov Mogila" fiel bei der Jury größtenteils durch.

Cordula Simon (Bild: Johannes Puch)Cordula Simon (Bild: Johannes Puch)

„Das ist ein gefaktes Märchen“, begann Hildegard Elisabeth Keller, „ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass mir hier jemand einen Bären aufbinden will“. Paul Jandl fiel der performative, recht zügige Vortrag auf, der in „seltsamen Kontrast“ zur Ruhe des Textes gestanden sei. Das Matriarchat in diesem Dorf werde tatsächlich wie in den Matroschka-Figuren gespiegelt. Ein böses Märchen, so Jandl, „alles was stört, wird ausgemerzt“. Hubert Winkels schloss sich der Kritik in großen Teilen an: Wenn man eine magische Welt in so einem engen Setting beschränke, müsse dies auch irgendwo in der Sprache sichtbar werden. Das Eintauchen in die Welt magischen Sprechens fehle hier aber.

Heinz Helle (Bild: Johannes Puch)Heinz Helle (Bild: Johannes Puch)

Positives für Heinz Helle

Der Deutsche Heinz Helle , der ebenfalls von Daniela Strigl nominiert wurde, war der letzte Autor des zweiten Lesevormittags mit seinem Text "Wir sind schön". Der Text des in Biel/Bienne lebende deutschen Autors wurde äußerst positiv von der Jury aufgenommen und besprochen. „Wir sind schön“ erzählt von den Phasen emotionaler Abkühlung zwischen Mann und Frau: vom Einander Lieben bis hin zum Einander Gleichgültig-Sein.

Schönthaler spaltet die Jury

Philipp Schönthaler (Bild: Johannes Puch)Philipp Schönthaler (Bild: Johannes Puch)

Am Nachmittag las der deutsche Autor Philipp Schönthaler , dessen Text nicht ganz den Geschmack der Jury traf. Es gibt Stargeiger, Starpianisten - warum also eigentlich keine Starflötisten? Philipp Schönthaler erfindet ihn in Gestalt des Star-Flötisten Metnev in seiner Geschichte und erzählt von dessen Deutschland-Tour aus der Sicht seines Simultanübersetzers, der ihn auf dieser Reise schattengleich begleitet und nur zwei Mal im Text in Erscheinung tritt.

Erste Favoritin mit Text über Kiew im Krieg

Katja Petrowskaja (Bild: Johannes Puch)Katja Petrowskaja (Bild: Johannes Puch)

Die in Kiew geborene Katja Petrowskaja beschloss den zweiten Lesetag mit ihrem Text "Vielleicht Esther". Sie wurde von Hildegard Elisabeth Keller eingeladen. Ihr Text rückte zum zweiten Mal an diesem Tag eine Urgroßmutter, eine Babuschka, in den Mittelpunkt einer Erzählung. "Ein wunderbarer, starker und kraftvoller Abschluss dieses Tages“ beendete Moderator Christian Ankowitsch die sich weit über die Fernsehübertragung hinaus erstreckende Diskussion der Jury. Katja Petrowskajas Text dürfte als einer der Favoriten in die Preisverleihung gehen. "Wunderbar, kraftvoll, locker und leicht gewebt", so die Juroren - und ein unglücklich in den Text verliebter Paul Jandl, der sich frage, ob man "erschossene jüdische Urgroßmütter" erfinden dürfe. Burkhard Spinnen fühlte sich an die Vorjahressiegerin Martynowa erinnert.

Der erste Lesetag

Am Donnerstag, dem ersten Lesetag, ging es um bayerisch-deftige Erbschleicherei, den Drang, ein Buch zu stehlen und Frauenfreundschaften. Die Jury zeigte sich angetan vom Text des Schauspielers Joachim Meyerhoff, auch Verena Güntner fand viel Zuspruch. Anders erging es der Österreicherin Nadine Kegele, deren Text der Jury viele Rätsel aufgab - mehr dazu in Zwei Favoriten am ersten Tag

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