25. Tage der deutschsprachigen Literatur 2001
Zusammenfassung Der erste Tag brachte ein bunter Themenpotpourri vom e-Mail bis zur Liebesgeschichte, hin bis zum Märchen und der näheren Vergangenheit in West und Ost. Lieber Oberlehrerseminar als Schlachthof, meinten die Juroren und diskutierten ohne böseartiges Gift zu verspritzen. Noch eines war nach dem ersten Tag des 25. Literaturbewerbes klar: man schreibt wieder übers Schreiben und die Literatur ist nicht mehr todernst, es darf wieder gelacht werden.
Am Beginn des Literaturwettbewerbes, der gewissermaßen ein Barometer für die Trends der zeitgenössischen Literatur ist, stand ein Satz aus der klassischen Literatur. Ludwig Laher, der als erster in die Lesearena trat, hat an den Anfang seines Textes ein Hölderlinzitat gestellt. Lahers Text "Fluchtanstalt", in dem er die überschwappenden Informationsflut und globale Vernetzung thematisiert und kritisiert, wurde wohlwollend aufgenommen. Die Jury lobte den Mut, dem Bimbam der Medien das Wort entgegenzuhalten. Sei auch viel Wortsand im Text zu finden, die Zahl der Nuggets sei beachtlich. Ein kluger Text über die Postmoderne, voll Musikalität, aber vielleicht doch ein wenig zu klug, blieb das Jurorenurteil ein wenig in der Schwebe.
Mit einer Geschichte in der das Auto der Mutter bei einem erotischen Abenteuer des Sohnes eine nicht unwesentliche Rolle spielt, trat dann Heiner Link an. Ganz einig waren sich die Juroren nicht, wann die Geschichte denn nun genau spiele. Wurden die einen an Heinz Erhardt und seine Geschichten erinnert, dachten andere an Ingrid Steger und Klimbim. Für Birgit Vanderbeke war es gar nur Erotik der geriatrischen Art.
Die nähere Vergangenheit war auch Thema in Antje Ravic Strubels Geschichte. In ihrem Text über eine Fabrikarbeiterin in der DDR, die hin- und hergerissen ist zwischen zwei Männern, zeichnet die Autorin ein subtiles Bild des Ostens Ende der 70er Jahre. Wunderbar ausbalanciert zwischen grauer Realität und Märchenwelt, detailgetreu, milieusicher und voll schöner Tristesse erzählt, waren sich die Juroren einig.
Norbert Müller erzählte von seinem Helden Lambert , der in die Sicherheit einer reichen Heirat geflüchtet ist, jetzt aber gerade durch diese Sicherheit an einer Schreibblockade leidet. Mit Witz und Ironie zeichnet Müller das Bild eines Autors, erzählt von seine Ängsten, aber auch von den Gefahren die in der Sicherheit eines bürgerlichen Lebens und in den menschlichen Vorbildern für die Geschichten stecken. Nicht jeder will sich als Buchfigur wiederfinden. Gekonnt und gut gemacht, man habe dabei nicht unter Niveau gelacht, so die Jury. Aber uneingeschränkt blieb das Lob nicht, den meisten der Juroren war es dann doch zu holzschnittartig, der Sorgengenerator und der Außenseiter voll Sehnsucht nach dem Misserfolg ohne den erwarteten Drive.
Nach der Mittagspause zeigte Ute Christine Krupp, in "Köln Tokio" eine Gesellschaft in der e-Mails, Postkarten und das Handy den persönlichen Kontakt schon weitgehend ersetzen. Mit klinischer Kälte werde da untersucht, der Mensch sei fast nur mehr ein unbedeutendes Element in einer Versuchsreihe über Kommunikation. Doch je kälter die Welt werde, desto größerer Spielraum eröffne sich der Fantasie - urteilte die Jury. Sie lobte den gekonnten Bau der Geschichte, bemängelte aber das Fehlen von Leidenschaft und Sinnlichkeit. Die Geschichte verrate ihr Thema nicht, schicke den Leser statt dessen zum Ostereiersuchen.
Brigitte Schär las aus einem Text über eine Frau, die durch einen Engel wieder zum Leben erweckt wird, und nun vom Autor in der Geschichte mit einer Vergangenheit ausgestattet werden will, weil ihre eigene mit ihrem Tod ausgelöscht wurde. Die Geschichte fand bei den Juroren fast ungeteiltes Lob. Eine Parabel über das Schreiben, in der Brigitte Schär die Leser in ein Gruselkabinett, und in eine Geisterbahn eines literarischen Vergnügungsparks entführt. Damit werde man zur Literatur verführt, befand die Mehrzahl der Juroren, nur Burkhard Spinnen war gelangweilt und "stieg unterwegs aus der Geisterbahn wieder aus". Zusammenfassung von Dolores Hibler, ORF Kärnten Kontakt: Webmaster:
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