29. Juni 2001

Für gemischte Kost gab es am zweiten Tag des Literaturbewerbes Lob und Verrisse. Auch die ersten Favoriten auf den Ingeborg Bachmann Preis zeigten sich. Obwohl man natürlich weiß - nix ist fix bis Sonntag Mittag.

Lesung und Diskussion Michael Lentz

Der Deutsche Michael Lentz las mit "Muttersterben" einen teilweise autobiographischen Text über das langsame Dahinsiechen und Sterben einer Mutter. Die Jury lobte den Text, er scheint derzeit der Favorit zu sein.

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Für seinen Text "Muttersterben "erhielt Michael Lentz viel Lob. Der Text sei ausgewogen und doch doppelbödig, eine kalte Ouvertüre voller Wut und Schmerz über das Sterben, ein gelungener Versuch, der zeige, wie Sprache das Weinen zu verhindern suche, urteilten die Juroren.


Lesung und Diskussion Annegret Held

Die Deutsche Autorin Annegret Held führte den Zuhörer in eine Wohngemeinschaft, die eine alternative Pension eröffnen möchte. Die Jury fand viele Kritikpunkte.

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Von Hausbesetzern, die aufs Land ziehen und dort die Natur und die Liebe entdecken, erzählte dann Annegret Held. Ein sinnlicher und ironischer Text über das Soziotop der Bundesrepublik, befand ein Teil der Jury. Manche erkannten sich sogar selbst ein bisschen wieder, die andern fanden es doch ein wenig unscharf und zu wenig ironisch.


Lesung und Diskussion Tanja Langer

Tanja Langer aus Deutschland las einen Romanauszug in Ich-Form, eine Geschichte, die sich mit der Nazi-Zeit auseinandersetzt. Die Kritik ließ nicht viel Gutes an ihrem Vortrag.

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Danach fand der Text von Tanja Langer, der über den Aufstieg des Nationalsozialismus bis in die Gegenwart ging, und das Leben einer zweifachen Mutterbeschrieb, kaum Zustimmung. "Breihaft sei die Generationsauseinandersetzung der dritten Reihe", "eine Materialsammlung, aber noch kein Text" und ein "Text voll unerträglicher Sanftmut", hieß es Urteil.


Lesung und Diskussion Robert Fischer

Laut Jury der Versuch, einen pornographischen Text zu verfassen. Fischers Arbeit wurde geradezu verrissen.

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Sex kann auch literarisch tödlich sein, musste danach Robert Fischer erkennen. Durchgefallen, das Klassenziel trotz großer souveräner Prosa nicht erreicht. So lautete der Tenor für Fischers Mischung aus Sexualerfahrungen und -wünschen, aus griechischer Mythologie und Philosophie. Selbst als Seminararbeit wäre die Sprache nicht glaubhaft, hieß es. Als Versuch pornografischen Literatur sei der Text ebenfalls ein Flop - eigentlich wolle man darüber gar nicht urteilen.


Lesung und Diskussion Jenny Erpenbeck

Die Jury lobe den Text über eine Familie in der Nachrkriegszeit einhellig. Konkurrenz für Michael Lentz? Eine Frau kommt nach drei Jahren aus der russischen Gefangenschaft, der Ehemann duldet, dass sie seine Geliebte aus dem Haus wirft, stirbt aber letztendlich aus Kummer.

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Großes Lob dann am Nachmittag für Jenny Erpenbeck, und ihre gekonnt gebaute Familiengeschichte über die Nachkriegszeit. Wunderbar, perfekt erzählt, voll Zuneigung zu den Figuren, ohne diese zu vereinnahmen, so die Juroren. Schwebende Doppelbödigkeit wurde wahrgenommen, es gehe um Wahrheit und um die reflektierende Wahrheit im Zerrspiegel der Nachgeborenen. Da würden dem Leser Räume geöffnet und er könnte die Geschichte in sich fertig schreiben, mehr und besseres könne man von Literatur nicht fordern, lautete das einhellige Urteil.


Lesung und Diskussion Ulrich Schlotmann

Der Deutsche Ulrich Schlotmann beendete den zweiten Lesetag mit einem Text über die Jagd, der Diskussionen in der Jury hervorrief. Es mangelte ihr aber deutlich an Begeisterung.

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