Der erste Lesetag 2011

Der erste Lesetag der Tage der deutschsprachigen Literatur 2011 brachte noch keinen eindeutigen Favoriten. Die Jury zeigte sich in ihren Urteilen durchwegs gespalten.

Gunther Geltinger (Bild: Johannes Puch)Gunther Geltinger (Bild: Johannes Puch)

"Blut und Kotze-Literatur"

Der in Köln wohnhafte Gunther Geltinger wurde auf
Vorschlag von Juror Alain Claude Sulzer eingeladen. Er las als erster Autor der TDDL 2011 einen Auszug aus einem Roman vor.

Er begann seinen Vortrag mit  einer Entschuldigung an Publikum und Jury: Er stottere, wie der Protagonist in seinem Romanauszug auch, der in "lebenslänglicher Kälte" erstarrt den Tod seiner
Mutter heraufbeschwört. Die Jurymeinungen reichten von "Blut-und-Kotze-Literatur" über die Vermutung, es solle sich wohl um die "Karikatur einer Dorfwelt" handeln. Das sei "gut gemacht", hätte aber als "Trashtext" wohl besser funktioniert.

 

Jurydiskussion Gunther Geltinger

Maximilian Steinbeis (Bild: Johannes Puch)Maximilian Steinbeis (Bild: Johannes Puch)

Steinbeis las Text mit Pointe

Nach ihm las der Deutschen Maximilian Steinbeis den Text "Einen Schatz vergraben". Die Jury zeigte sich teilweise angetan, teilweise unbeeindruckt.

Der Text laufe auf eine Pointe hinaus, das sei allerdings nur beim ersten Mal lustig zu Lesen gewesen. Mancher Juror stellte sich auch die Frage, wer hier denn eigentlich den Text erzähle. Etwa Mephistopheles selbst, so Spinnen - oder habe man es doch mit Ratgeberliteratur zu tun?

 

Jurydiskussion Maximilian Steinbeis

Daniel Wisser (A) (Bild: Johannes Puch)Daniel Wisser (A) (Bild: Johannes Puch)<

 

Wisser-Text eine "Geschmacksfrage"?

Der Kärntner Daniel Wisser beschloss als dritter Autor den ersten Lesevormittag. Die Jury war auch hier sehr unterschiedlicher Meinung, kam nach einem Gefecht "Rücken am Rücken" aber schließlich doch zu der Meinung, dass es wohl eine "Geschmacksfrage" sei, ob einem Wissers Text nun gefallen, oder nicht. Das überzeichnete Porträt eines kontrollsüchtigen Kleinbürgers sei "inkonsistent" (Winkels) erzählt, bemängelt wurde auch der aus Sicht manchen Jurors falsch gesetzte Konjunktiv. Lob gab es hingegen für den "unheimlichen" Protagonisten, der mehr von der Wirklichkeit heute zeige, als einem gemeinhin lieb sein könne.

 

Jurydiskussion Daniel Wisser

 

Prassler-Text "vorhersehbar" und "aufdringlich"

Weiter ging es mit der deutschen Autorin Anna Maria Praßler, die auf Einladung von Burkhard Spinnen nach Klagenfurt gekommen war. Sie las den Text "Das Andere" über den Tod eines ehemaligen Geliebten vor.

Anna Maria Praßler (Bild: Johannes Puch)Anna Maria Praßler (Bild: Johannes Puch)

Die Jury anerkannte zwar, dass viele große Themen wie Tod, Liebe, Zwänge und Betrug aufgegriffen wurden, stellte sich aber gleichzeitig die Frage, ob das denn alles auch in den Text "hineinpasse".

Ein etwas "aufdringlicher" Text, dessen Absicht "vorhersehbar" sei hieß es, was so manchen Autor verstimmte. Andere wie Hildegard E. Keller fanden hingen die "glaubwürdige, gepflegte Sprache" an dem Text doch noch lobenswert. Hier werde versucht, Ordnung in ein Leben zu bringen, versuchte Burkhard Spinnen noch zu retten, die Kollegen jedoch befanden: Seine Ausführungen hätten ihnen besser gefallen, als der Text selbst.

 

Jurydiskussion Anna Maria Prassler

Antonia Baum (Bild: Johannes Puch)Antonia Baum (Bild: Johannes Puch)

 

Anklänge an Thomas Bernhard

Die letzte Autorin des ersten Lesetages war die Deutsche Antonia Baum mit ihrem Text "Vollkommen leblos, bestenfalls tot."

Anklänge an Thomas Bernhard wurden bei so manchen Jurymitglied wach, ob das denn nun aber gewollt sei oder eben nicht, blieb vielen unklar. Ein "Bewusstseinsstrom aus Taschentuchhäufchen" sei das, befand Hildegard E. Keller ungnädig. "Das überläuft sich", war auch Burkhard Spinnens Meinung. Für Hubert Winkels, der den Text nach Klagenfurt eingeladen hatte, blieb der Text  trotzdem eine "kompakte ästhetische Einheit".

 

Jurydiskussion Antonia Baum

Publikum (Bild: Johannes Puch)Publikum (Bild: Johannes Puch)

 

Durch den Wettbewerb führt auch heuer wieder
ORF-Kulturmoderatorin Clarissa Stadler. Die Lesungen kann jeder bei freiem
Eintritt im ORF Theater in Klagenfurt mitverfolgen. 3sat überträgt alle  Lesungen und Diskussionen, sowie die Preisverleihung live. Ö1, Radio Kärnten und  "Kärnten heute" informieren täglich.

Die Lesungen werden jeweils ab
10.15 Uhr live im Internet unter bachmannpreis.eu übertragen. Die Videos dazu
sind auch "on demand" abrufbar, ebenso wie der Livestream von 3sat.

 

 

Der zweite Lesetag
Der dritte Lesetag

TDDL 2011TDDL 2011