Bachmannpreis ORF.at Information
FR | 11.02 | 15:51
Erster
Lesetag
Drei Texte gefielen einhellig
Sieben Autoren haben am ersten Tag des Bachmannpreises ihre Texte vorgetragen. Nikolai Vogel, Julia Schoch und Natalie Balkow begeisterten fast einstimmig, ansonsten lautete die Kritik von "zu flach" bis "Schmarrn".
Autoren des ersten Lesetages
Nikolai Vogel, Julia Schoch, Susanne Heinrich, Sasa Stanisic, Kristof Magnusson, Helmut Kuhn und Natalie Balkow.

Nikolai Vogel
"Stark und gehaltvoll"
"Plug In" lautete der Titel des ersten Lesetextes. Der 34-jährige Münchener Nikolai Vogel erzählte von einem Wasserschaden in der Wohnung über ihm, trifft dort eine alte Frau, die keine Haushaltsversicherung hat, hilflos und unzeitgemäß wirkt.

Der deutsche Autor war der Einladung des Jurymitglieds Norbert Miller nach Klagenfurt gefolgt und begeisterte die Jury großteils. So wertete Juror Martin Ebel den Text als "stark und gehaltvoll".

Julia Schoch
"Ein Bachmann'scher Text"
Die deutsche Autorin Julia Schoch, die auf Vorschlag der Juryvorsitzenden Iris Radisch am Wettlesen teilnahm, entführte mit "Der Ritt durch den Feind" in die südamerikanischen Tropen. Die Haltung der Jury war überwiegend positiv.

So fand März den Text "großartig". Ilma Rakusa meinte gar, es sei im Kern ein "Bachmann'scher Text". Daniela Strigl sah mythische Bilder und Radisch ortete "große Literatur".

Susanne
Heinrich
"Eine junge Liebesgeschichte"
"Die Frage wer anfängt" stellte sich die 20-jährige Leipzigerin Susanne Heinrich. "Geliebt oder begriffen" will die Protagonistin ganz im Sinne Bettina von Arnims sein  - deshalb teilt sie ihr Leben  auch mit zwei Männern.

Der Text wurde als "hochromantische Liebesgeschichte" gewertet. Teils lastete ihm die Jury seine Jugendlichkeit an, während er anderorten "mütterliche Gefühle" weckte. Von Norbert Miller gab es Kritik an der "langweiligen Traurigkeit" des Textes.

Sasa Stanisic
Polarisierende Kriegsgeschichte
Der 27-jährige Sasa Stanisic, eingeladen von Ilma Rakusa, beschreibt in seiner Erzählung die Einnahme seiner Heimatstadt im Bosnien-Krieg aus der Sicht eines Kindes. Für die Kinderperspektive gab es Lob und Kritik.

Ursula März ortet "Pseudokindlichkeit", auch für Klaus Nüchtern ist die Kinderperspektive "fingiert und herbeigeschrieben".

Hier werde der Krieg zur "Normalität" erklärt, gerate zum Spiel. "Das verschlägt einem die Sprache!", lobte hingegen Martin Ebel.

Kristof Magnusson
Unterhaltsam oder zu "flach"?
Der deutsche Autor Kristof Magnusson wurde auf Vorschlag Klaus Nüchterns eingeladen und las aus seinem Island-Roman "Zuhause", der auf humoristische Weise von der Rückkehr in ein heimatliches Island und dem Ende einer schwulen Liebe erzählt.

Während das Publikum begeistert reagierte, schied sich die Jury an dem Humor des Textes. "Das etwas unterhaltsam ist... ist sehr viel", meinte etwa Daniela Strigl. Norbert Miller ortete die Tradition des Schelmenromans: "Die meisten hatten Spaß - Ich auch!"

Für andere Jurymitglieder war der Text zu "flach". "Keine Ahnung wo das hingehen soll", meinte Burkhard Spinnen. Iris Radisch pflichtete bei: "Da muss noch was kommen".

Helmut Kuhn
Einhellige Kritik für "Der Savant"
Helmut Kuhn las auf Vorschlag Norbert Millers aus "Der Savant", der eine Zangengeburt beschreibt. Sein Text stieß - mit Ausnahme Millers - auf ungeteilte Ablehnung bei der Jury.

"Ein absoluter Schmarrn!", urteilte Vorsitzende Iris Radisch, "Das geht so alles nicht", meinte Burkhard Spinnen, und Klaus Nüchtern ortete "onomatopoetisches Wortgeklingel".

Norbert Miller konnte seine Kollegen nicht umstimmen. Das kritisierte bayerische Milieu sei in seiner "artifiziellen Verfremdung" absolut notwendig für die Konstruktion des Textes, dies sei kein "Bauernkitsch!"

Natalie Balkow
Lobeshymnen für Balkow
Die 37-jährige Deutsche Natalie Balkow las auf Vorschlag Nüchterns "Oben, wo nichts mehr ist". Eine junge Frau lebt in einer Mietwohnung. Als die alte Nachbarin stirbt, zieht ein neuer Bewohner ein, zwischen den beiden beginnt eine Affäre.

Balkow erntete uneingeschränktes Lob.  Ilma Rakusa pries die Beobachtungsgabe der Autorin. Für Detering ist der Text "tiefsinnig an der Oberfläche" und zugleich rätselhaft. Sein Resümee: "Wunderschön."

Ursula März' Urteil: Obwohl es ein hoch allegorischer Text sei, sei er "normaler Alltag". Martin Ebel wollte das Allegorische nicht sehen, "ich tröste mich mit der Alltagsebene" dieser sehr zarten Liebesgeschichte.